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Airbus: Wieder mehr Aufträge als Boeing?

Anleger blicken mit Spannung auf die Jahrespressekonferenz der Airbus Group am 13. Januar. Der europäische Großkonzern (ehemals EADS) wird dort offenbar Zahlen im Flugzeuggeschäft vorstellen, welche die Rekorde des Konkurrenten Boeing für 2014 sogar noch in den Schatten stellen sollen. An der Börse wurden diese Aussagen eines Insiders prompt mit deutlichen Kursgewinnen quittiert. Auch der schwache Euro beflügelt derzeit den "Luftbus".

BÖRSE am Sonntag

Anleger blicken mit Spannung auf die Jahrespressekonferenz der Airbus Group am 13. Januar. Der europäische Großkonzern (ehemals EADS) wird dort offenbar Zahlen im Flugzeuggeschäft vorstellen, welche die Rekorde des Konkurrenten Boeing für 2014 sogar noch in den Schatten stellen sollen. An der Börse wurden diese Aussagen eines Insiders prompt mit deutlichen Kursgewinnen quittiert. Auch der schwache Euro beflügelt derzeit den Luftbus.

Der Kampf der Giganten, den Airbus und Boeing schon seit einigen Jahren unter sich ausfechten, war 2014 besonders abwechslungsreich. Die beiden Großkonzerne versuchten wieder, sich gegenseitig zu übertrumpfen: Wer liefert mehr Flugzeuge aus, wer kann mehr Aufträge abheften? Dabei stehen sie in direkter Konkurrenz um die Gunst der Fluggesellschaften, das Potenzial des Markts ist riesig. Laut den Vorhersagen von Boeing soll sich der globale Passagierverkehr in den Lüften binnen 20 Jahren verdoppeln.

Für den Großteil des abgelaufenen Kalenderjahres sah es nach einer deutlichen Führung für die Amerikaner aus, die am Dienstag auch stolz ihre Rekordzahlen veröffentlichten (1432 Nettoaufträge). Doch den Angaben eines Insiders zufolge hat Airbus es auf den letzten Metern doch noch geschafft, seine Führungsposition bei den weltweiten Aufträgen zu verteidigen. Ein Deal mit der indischen Fluggesellschaft IndiGo im Oktober über 250 Flugzeuge sowie ein erfolgreicher Endspurt im Dezember sollen für die rasante Aufholjagd verantwortlich sein.

Diese ist umso bemerkenswerter, wenn man das gesamte Jahr 2014 für Airbus betrachtet. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern vollzog zum ersten Januar die Metamorphose von EADS zu Airbus Group und stellte damit klar, welcher Geschäftsbereich zukünftig besonders akzentuiert werden soll. Außerdem wurden mehrere Umstrukturierungen realisiert, etwa im neuen Geschäftsbereich „Airbus Defence and Space“, der sich aus den Vorläufern Airbus Military, Astrium und Cassidian zusammensetzt. Die Airbus Group ist nicht nur ein Gigant im globalen Wettbewerb der Flugzeugproduktion, sondern auch Europas zweitgrößter Rüstungskonzern. Gespräche über eine mögliche Fusion mit der europäischen Nummer eins BAE Systems aus Großbritannien waren 2012 gescheitert.

Umsatz und Investitionen steigen an

Der Bereich der zivilen Flugzeugproduktion ist jedoch für den Großteil des Umsatzes verantwortlich. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres belief sich dieser auf rund 40,5 Milliarden Euro, davon stammten allein 28,2 Milliarden (knapp 70%) von Airbus mit Sitz in Toulouse. Im gleichen Zeitraum konnte das europäische Konglomerat einen Gewinn von mehr als 1,4 Milliarden Euro erwirtschaften. Im Vergleich zum Vorjahr waren besonders die Bereiche Airbus sowie Airbus Helicopters (früher Eurocopter) stark gewachsen. Obwohl die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in allen Bereichen anstiegen, war die Bilanz der ersten drei Monate für die Airbus Group erfreulich. Doch der Erfolg des Konzerns, bei den Kunden wie an der Börse, hängt stark von zwei Faktoren ab. Dies betrifft insbesondere das Geschäft mit den Passagierflugzeugen.

Erstens muss die Entwicklung neuer Modelle stets vorangetrieben werden, um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Auch wenn der Konzern generell stark subventioniert ist und im Wettstreit mit Boeing nicht vor juristischen Auseinandersetzungen über ebenjene staatlichen Mittel zurückschreckt - 2012 etwa errangen die Europäer einen Etappensieg bei der Welthandelsorganisation (WTO), als mehrere Milliarden Dollar Beihilfe an Boeing für illegal erklärt wurden - erstes Mittel bleibt die Entwicklung rentablerer und auch immer effizienterer Flugzeuge.

Im September 2014 absolvierte der Mittelstreckenflieger A320Neo seinen ersten Testflug. Neue Triebwerke und eine verbesserte Aerodynamik sorgen dort für einen um 15% niedrigeren Spritverbrauch. Das führte bis zu diesem Zeitpunkt bereits zu mehr als 3200 Bestellungen. Nur kurze Zeit später unterzeichnete Airbus mit der indischen Fluggesellschaft IndiGo eine Absichtserklärung über den Erwerb von 250 Exemplaren dieses Typs, ein historischer Deal und gemessen an der Zahl der Flugzeuge sogar der größte.

A380-Schock: Aktienkurs erholt sich

Doch Mitte Dezember setzte es für die Airbus Group einen herben Rückschlag an der Börse. Bei einem Treffen mit Investoren in London schockierte Airbus Kunden wie Anleger mit der Aussage, ein langjähriges Prestigeprojekt könnte bald eingestellt werden. Das größte serienmäßige Passagierflugzeug der Welt, der A380, müsse rentabel bleiben, damit eine Fortführung des Modells realistisch sei. Seit Jahren wirbt der Konzern um neue Aufträge, konnte zuletzt jedoch nicht so viele Bestellungen vorweisen wie erhofft – 2014 überhaupt keine. Insgesamt 318 Exemplare sind es bis heute, 152 davon wurden bereits ausgeliefert. In 2015 soll die Reihe erstmals die Gewinnschwelle erreichen, betonte Airbus-Chef Fabrice Brégier. Eine Einstellung komme allein schon aufgrund der vergangenen Anstrengungen rund um das Prestigeprojekt nicht in Frage.

Zweitens: Ebenjener Brégier meldete sich Mitte 2014 wegen einer anderen Angelegenheit zu Wort. Neben der Entwicklung neuer Modelle und dem Ausbau der Kundenbeziehungen ist bei Airbus nämlich auch die Stärke des Euro ausschlaggebend fürs Geschäft. Dementsprechend sprach sich der Nachfolger von Thomas Enders an der Spitze von Airbus für eine gezielte Abwertung der europäischen Währung gegenüber dem US-Dollar aus. Denn die Geschäfte von Airbus werden, wie in der Branche üblich, in US-Dollar abgewickelt. Ein schwächerer Euro bedeutet daher eine bessere Ausgangslage für Airbus, besonders im direkten Vergleich mit Boeing. In einem Interview mit dem Handelsblatt gab der Franzose im Juli 2014 zu Protokoll, dass ein Kurs zwischen 1,20 und 1,25 US-Dollar je Euro angemessen wäre. „Steigt der Euro um einen Cent gegenüber dem Dollar, fehlen uns 100 Millionen Euro im Ergebnis“, sagte er. Fabrice Brégier müsste heute ein glücklicher Mann sein, wenn es um Währungseffekte geht: Am Donnerstagmorgen lag der Wechselkurs bei etwas mehr als 1,18 US-Dollar je Euro. Er war seit dem vergangenen Sommer fast stetig gefallen.

Exportunternehmen profitieren vom schwachen Euro

Die Airbus-Group, die übrigens nicht in Deutschland oder Frankreich, sondern in Leiden in den Niederlanden ihren offiziellen Sitz hat, profitiert wie andere exportorientierte Unternehmen von dieser Abwertung. Die Leitzinspolitik der Notenbanken Fed und EZB hat hier merkliche Auswirkungen. Die Aktie des Konzerns erholt sich indes noch immer vom brutalen Kurssturz im Dezember auf 40,60 Euro. Die Nachricht, dass die Gewinne in den kommenden Jahren wohl nicht gerade explodieren werden, ernüchterte viele Anleger zusätzlich zum zwischenzeitlichen A380-Schock. Im neuen Jahr konnte sie allerdings wieder zulegen. Das Papier schloss den Mittwoch mit 43,64 Euro ab und war so der Hit am deutschen Index MDAX. Sollten sich die Informationen des Airbus-Insiders nächste Woche bewahrheiten und Airbus hat Boeing bei den Aufträgen tatsächlich wieder überholt, dürfte es in Kombination mit dem schwachen Euro weiterhin aufwärts gehen.

Festlich wurde es kurz vor Weihnachten dann auch für einen wichtigen Kunden: Qatar Airways durfte sich mit leichter Verspätung über seinen ersten A350 freuen, mit dem Airbus direkt Boeing angreifen will. Das Einhalten von Zeitplänen trainiert der Konzern also weiterhin, diesmal hat er es zumindest pünktlich zur weihnachtlichen Bescherung geschafft. Die Auslieferung des ersten A350-Exemplars ist auch ein persönlicher Erfolg für Fabrice Brégier, der vor seiner Beförderung zum Airbus-Chef sechs Jahre lang direkt für das Projekt verantwortlich war. Die schwache Auftragslage beim A380 könnte paradoxerweise zu neuen Kundeninvestitionen führen: Die arabische Fluggesellschaft Emirates zeigte sich nach dem Schock vom Dezember bereit, viel Geld für eine Modernisierung des Modells beizusteuern. Allzu viele Turbulenzen mit den Kunden sollte sich der Konzern aber nicht erlauben. Denn diesen Aussagen von Seiten Emirates’ war die Annullierung einer Bestellung von 70 Exemplaren des A350 im Juni vorangegangen. Der Chef der Fluggesellschaft, Tim Clark, galt schon vorher als Skeptiker des Modells. Doch 2015 wird für die Airbus Group und ihre Flugzeugtochter auf jeden Fall anders als 2014: Sie behalten vorerst ihre Namen.