Adidas bangt ums gute Image
Nach einem durchwachsenen Jahr 2014 sollte für den Herzogenauracher Sportartikelhersteller eigentlich vieles besser werden – vor allem an der Börse. Doch der FIFA-Skandal könnte das Traditionsunternehmen meilenweit zurückwerfen.
Nach einem durchwachsenen Jahr 2014 sollte für den Herzogenauracher Sportartikelhersteller eigentlich vieles besser werden – vor allem an der Börse. Tatsächlich startete Adidas hervorragend ins neue Jahr und der Aktienverlauf glich einem eindrucksvollen Sprint an die Spitze.
Doch der FIFA-Skandal könnte das Traditionsunternehmen meilenweit zurückwerfen. Als einer der wichtigsten Werbepartner des Weltverbands rückt Adidas ins Kreuzfeuer der Kritik. Die Wiederwahl von FIFA-Chef Sepp Blatter mag das Scheinwerferlicht etwas ablenken – das Problem für Adidas bleibt. Noch bis vor wenigen Tagen war die dreigestreifte Welt des fränkischen Traditionsunternehmens mehr als in Ordnung. Stolz blickte man auf einen furiosen Start ins neue Jahr zurück und sah sich für die Zukunft bestens aufgestellt. Adidas-Chef Herbert Hainer sprach von einem „hervorragenden“ Jahresauftakt. Den Umsatz konnte der weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller um nennenswerte 17,3 Prozent auf 4,08 Milliarden Euro steigern, währungsbereinigt betrug das Plus satte neun Prozent. Auch das Betriebsergebnis kletterte um 12,3 Prozent auf 345 Millionen Euro.
Angesichts dieser beeindruckenden Zahlen schätzten viele Experten das Jahresziel, das eine Steigerung beim Erlös im mittleren einstelligen Bereich sowie einen Gewinnsprung von sieben bis zehn Prozent vorsah, als zurückhaltend bis kleinlaut ein. Nach einem für die Herzogenauracher trotz Fußball-WM und Olympischer Winterspiele wenig weltmeisterlichen Jahr 2014 – ursächlich hierfür waren neben ungünstigen Währungsbewegungen insbesondere das schwache Geschäft in Russland und Nordamerika sowie Probleme in der Golfsparte – gehörte Adidas also wieder zu den beliebtesten Titel im Dax. Doch dann schlug die Nachricht vom Fifa-Skandal ein wie eine Bombe. Zwar ist keineswegs bewiesen, dass Adidas direkt in die Korruptionsaffäre verwickelt ist. Trotzdem muss sich der Sportartikelhersteller vorwerfen lassen, den Weltfußballverband und dessen höchstumstrittenen Präsidenten Sepp Blatter jahrelang durch die intensive Zusammenarbeit gestützt zu haben. Gerade in einer Zeit, in der Anleger zunehmend in Unternehmen investieren wollen, die ökologisch und sozial verantwortlich handeln, könnte sich dieser Imageschaden für Adidas deutlich und nachhaltig spürbar auswirken.
Das fränkische Unternehmen, das als einer von fünf Hauptsponsoren die Fifa finanziert, ließ verlauten, man wolle „höchste Standards, was ethisches Verhalten und Compliance angeht" setzen, und verlange selbiges auch von den Partnern. Dass der Weltfußballverband diesen nicht nachkommt, sondern im Gegenteil durch krumme Machenschaften, Korruption sowie die Förderung von menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen im WM-Land Katar in weiten Teilen der Bevölkerung ein katastrophales Image bekommen hat, bringt Adidas in eine Zwickmühle.
Einerseits ist ein anhaltendes Engagement vor Presse und Öffentlichkeit kaum noch vertretbar, zudem auch nicht mit den eigenen Werten zu vereinbaren. Andererseits kontrolliert die Fifa mit der Fußball-WM das eindeutig wichtigste kommerzielle Sportereignis weltweit, bei dem Adidas als führender Fußballausrüster eigentlich nicht fehlen darf. Gerade um die Position als Branchenprimus gegen Wettbewerber wie Nike zu verteidigen, brauchen die Herzogenauracher die große WM-Bühne als Umsatztreiber und Top-Werbemöglichkeit. Insofern gilt es trotz aller Skandale als unwahrscheinlich, dass sich Adidas aus der Zusammenarbeit verabschiedet. „Denn nicht die Fifa ist für Sponsoren attraktiv, sondern die beliebteste Sportart der Welt“, erklärt Hans-Willy Brockes, Geschäftsführer der Europäischen Sponsoring-Börse. „Und wenn der Fußball rollt, spielen politische und Verbandsprobleme nur noch eine sehr untergeordnete Rolle.“
Dennoch bleibt trotz aller qualitativen Vorteile der Adidas-Bekleidung zu befürchten, dass nicht nur Aktionäre, sondern auch Kunden aufgrund der angeschlagenen Reputation des deutschen Sportartikelriesens seltener zu dessen Produkten greifen könnten. Wie sich das Geschäft in den Problemfeldern Russland, Nordamerika und der kriselnden Golfsparte angesichts eines kaum noch aufzuhaltenden Imageverlusts entwickelt, bleibt abzuwarten. Zuletzt hatte der spätestens 2017 scheidende Hainer Russland trotz aller Probleme als langfristig „sehr guten Markt“ eingestuft. In Nordamerika, wo Adidas nach Nike und dem aufstrebenden Sportartikelhersteller Under Armour nur noch die Nummer drei am Markt ist, gab es zuletzt ein Umsatzwachstum von sieben Prozent.
„Das ist nur der Anfang", so Hainer. „Amerika ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon." Im Hinblick auf die Golfsparte hieß es, das Geschäft mit der Ausrüstung solle nach einem Umsatzrückgang im Startquartal in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen. Das Ziel sei dabei eine zweistellige Wachstumsrate im Gesamtjahr. Weltweit gesehen verdiente Adidas mit Ausnahme von Russland und dessen Nachbarstaaten in den ersten Monaten dieses Jahres wieder mehr Geld. Zumindest bis zum Platzen der Fifa-Bombe vergangene Woche wähnte man sich in Herzogenaurach auf einem guten Weg auch die langfristigen Ziele zu erreichen. So soll ab kommendem Jahr der Umsatz jährlich im Schnitt im hohen einstelligen Bereich wachsen, der Gewinn um 15 Prozent. Die operative Marge soll zweistellig werden. Man darf also gespannt sein, ob diese Ziele nun tatsächlich erreicht werden können. WIM