Continental rollt auf die Datenautobahn
Der deutsche Reifenhersteller und Autozulieferer Continental steht vor einem Umbruch. Während man einerseits Produktionsstätten nach China verlagert, will man andererseits sich ein zweites großes Standbein neben der Reifenproduktion aufbauen: Das Auto im Internet. Die Reaktion der Analysten ist allerdings gespalten.
Der deutsche Reifenhersteller und Autozulieferer Continental steht vor einem Umbruch. Während man einerseits Produktionsstätten nach China verlagert, will man andererseits sich ein zweites großes Standbein neben der Reifenproduktion aufbauen: Das Auto im Internet. Die Reaktion der Analysten ist allerdings gespalten.
Die Reifenproduktion ist bei Continental derzeit immer noch das wichtigste Standbein des Konzerns. Die Sparte warf im Jahr 2014 knapp 48 Prozent des Betriebsergebnisses ab. Doch Continental will sich nicht länger nur noch auf sein einstiges Kernprodukt verlassen. Zukünftig will der Konzern auch vermehrt als Autozulieferer punkten.
Doch zunächst einmal schraubt man an der internen Struktur des Konzerns. So gab das Unternehmen diese Woche bekannt, dass hunderte Stellen in der Fabrik im niedersächsischen Giffhorn abgebaut werden sollen. Die Fabrik stellt Elektromotoren, Bremsen- und Hydraulikbauteiler her. Derzeit bietet die Fabrik in der Region rund 1600 Arbeitnehmern einen Arbeitsplatz. Mittelfristig sollen laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur aber wohl über 500 Stellen abgebaut werden. Betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen laut eigenen Angaben jedoch vermeiden. Zudem will man, zumindest offiziell, grundsätzlich an der Fabrik festhalten. Selbst, wenn man den Standort wohl nicht mehr als international wettbewerbs- und zukunftsfähig einstuft. Zuletzt hatte die Fabrik einen großen Kunden verloren. Continental selbst spricht für das Werk von einer kritischen Auftragslage.
Investieren möchte Continental dagegen in seinen bisherigen Standort in Hefei, China. Hier sieht man, anders als in der deutschen Heimat, die Strukturen für eine langfristige Zusammenarbeit gegeben. Der Hannoveraner DAX-Konzern hat bisher rund 250 Millionen Euro in den Standort investiert. Bis 2019 sollen es über 500 Millionen sein. So soll beispielsweise die Produktionskapazität für PKW-Reifen von derzeit fünf Millionen auf etwa 14 Millionen gesteigert werden. Gleichzeitig wird die Produktion von Fahrradreifen angekurbelt. Aktuell produziert das Werk in China etwa zwei Millionen Stück pro Jahr. Im Jahr 2025 will man etwa 13 Millionen Stück produzieren können.
Investition in den Markt von morgen
Doch abgesehen von den strukturellen Änderungen im Unternehmen setzt Continental auch immer mehr auf eine inhaltliche Wende. So möchte der einstige Reifenspezialist auf bevorstehende Trends aufspringen und von den Entwicklungen am Automobilmarkt profitieren. Insbesondere bei der Vernetzung von Automobil und Internet sieht die Zulieferer seine Chance. Um diesen neuen Kurs zu forcieren kündigte Continental vor wenigen Wochen an die Experten von Elektrobit Automotive aus dem fränkischen Erlangen zu übernehmen. Die Investition in das Wachstumsfeld beziffert Continental mit rund 600 Millionen Euro. Die Software-Spezialisten haben sich vor allem auf die Entwicklung von Systemen spezialisiert, die das Auto in einer vernetzen Verkehrswelt ermöglichen sollen. Dazu gehören auch Funktionen wie der Autopilot. Mit dem Zukauf von EB holt sich Continental ein großes Maß an Know-How in das Unternehmen. Waren von den weltweit knapp 200.000 Mitarbeitern von Continental bisher nur rund 11.000 Software-Entwickler, kommen mit EB noch einmal etwa 1.900 neue Kräfte hinzu.
Die Anleger reagierten erfreut über die Ankündigung. Der Kurs erhielt durch den Ankauf einen deutlichen Auftrieb. Ebenso positiv wirkten sich die jüngsten Quartalszahlen von Continental auf den Kurs aus. So konnte das Unternehmen den positiven Trend aus den vergangenen Quartalen bestätigen. Der Umsatz wurde um knapp 14 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro gesteigert und das operative Ergebnis (EBIT) kletterte um acht Prozent auf 978 Millionen Euro. Bei der Vorstellung der Zahlen gaben sich die Verantwortlichen auch zuversichtlich was die zukünftige Entwicklung angeht. Ausgehend von den positiven Zahlen aus den ersten drei Monaten hob das Unternehmen seine Umsatzprognose für das laufende Jahr um rund eine halbe Milliarde Euro auf insgesamt 39 Milliarden an. Continental spekuliert hier auch auf positive Währungseffekte sowie steigende Bauzahlen bei PKW. Zupasse kommt dem Reifenhersteller dabei ebenfalls die wieder steigenden Absatzzahlen in Europa. Ein Umstand, der gerade für Continental wichtig erscheint, da das Unternehmen im Vorjahr knapp 53 Prozent seiner Umsatzerlöse auf dem europäischen Kontinent erwirtschaftet hat.
Dennoch versetzte Stuart Pearson, Analyst von Exane BNP Paribas, Anfang der Woche dem Unternehmen einen analysetechnischen Tiefschlag. Er stufte in seiner Studie die Markterwartungen an das Ergebnispotential als zu hoch ein. Zudem erwarten Pearson einen Rückgang des Gewinns bei den Autobauern im chinesischen Markt. Er bestätigte daher das „underperform"-Votum für die Continental-Aktie und riet zum Verkauf. Das Kursziel setzte die französische Investmentbank bei 206 Euro an. Nicht so pessimistisch zeigt sich hingegen die Schweizer Großbank UBS. Analyst Gareth Jenkins stufte das Papier als „neutral“ ein und setzte das Kursziel bei 215 Euro fest. Jenkins zeigt sich in seiner Studie von dem neuen Kurs des Autozulieferers überzeugt und sieht im Markt für Fahrerassistenzsysteme das Potential für ein zweistelliges Wachstum.
RS