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EON-Aktie: Ohnmacht und Niedergang

Dunkelschwarz. So sieht momentan die Situation für den einst so stolzen Energieriesen EON aus. Der Atomausstieg hat den Düsseldorfern offenbar endgültig den Stecker gezogen. Die Wandlung zum umweltfreundlichen Energiekonzern stockt gewaltig. Immer neue Hiobsbotschaften sorgen für Hoffnungslosigkeit. Bezeichnend, dass der Aktienkurs historische Tiefstände ansteuert.

BÖRSE am Sonntag

Dunkelschwarz. So sieht momentan die Situation für den einst so stolzen Energieriesen EON aus. Der Atomausstieg hat den Düsseldorfern offenbar endgültig den Stecker gezogen. Die Wandlung zum umweltfreundlichen Energiekonzern stockt gewaltig. Immer neue Hiobsbotschaften sorgen für Hoffnungslosigkeit. Bezeichnend, dass der Aktienkurs historische Tiefstände ansteuert.

Schlimmer kann es nun wirklich nicht mehr kommen. Das dürften sich die Verantwortlichen von EON schon seit einigen Monaten denken. Brutalerweise aber werden sie ständig eines Besseren belehrt. Am Mittwoch beispielsweise löste ein Bericht des „Spiegel", wonach den deutschen Energiekonzernen für den Atomausstieg möglicherweise Rückstellungen von bis zu 30 Milliarden Euro für Abriss und Entsorgung ihrer Atomkraftwerke fehlen, Panikverkäufe bei den Aktionären aus.

Zwar dementierte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel diese Zahlen und nannte sie „unverantwortlichen Spekulationen", die keine Grundlage für politisches Handeln seien. Doch die unmittelbare, massenhafte Flucht der Anleger aus den EON-Papieren zeigt abermals, wie wenig Vertrauen auf bessere Zeiten in den einstigen Leuchtturm der deutschen Verlässlichkeit noch verbleibt.


Aktie verliert 50 Prozent an Wert
 

Angesichts der zurückliegenden Zeit verwundert es kaum, dass die Hoffnung auf einen Aufwärtstrend bei EON kontinuierlich schwindet. Alleine seit dem Jahreshoch im April von 14,85 Euro hat das Papier rund 50 Prozent verloren. Nimmt man die langfristige Entwicklung, sieht die Situation noch prekärer aus. Vom Allzeithoch ist man mittlerweile soweit entfernt wie ein Atomkraftwerk von Zuwendungsbekundungen aus dem Kreise der Greenpeace-Aktivisten. Die Nennung des damaligen Werts von 51,32 Euro wirkt aus heutiger Sicht wie eine Erzählung aus Großvaters Zeiten.

Dabei wurde diese Bestmarke gerade einmal vor sieben Jahren aufgestellt. Seitdem hat sich aber nicht nur der Aktienkurs in geradezu beängstigender Manier mit einer selten gesehenen Dynamik nach unten bewegt, sondern Hand in Hand mit ihm ist auch der Preis für Grundlaststrom gesunken. Dieser hat sich seit 2008 halbiert. Grund dafür ist, dass die Versorger wie EON oder RWE auf ihrem fossil und atomar erzeugten Strom hängen bleiben, da erneuerbare Energien als erstes verkauft werden.

Da die Kraftwerke allerdings nicht einfach so abgeschaltet werden können, produzieren sie immer weiter und das Stromangebot wächst rasant. Somit sinken die Preise. Da die Nachfrage – also der Verbrauch – seit 2007 abnimmt, dürfte sich diese Negativspirale auch künftig verstärkt nach unten drehen.

Kernkraft, Kohle: Alles andere als grün

Auf Hilfe aus der Politik kann EON, das im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von 3,16 Milliarden Euro verkraften musste, auch nicht bauen. Zwar sollte man meinen, der jahrelang als massenhafter Jobgarant in Erscheinung getretene Energieriese würde als früherer Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft besondere Unterstützung erwarten können. Das Gegenteil ist allerdings der Fall. Durch das von Vizekanzler Gabiel veranlasste Nachhaftungsgesetz werden EON auf der Suche nach neuen Tätigkeitsfeldern Steine in den Weg gelegt.

Somit werden die Rheinländer daran gehindert, sich zum grüneren Energieversorger zu wandeln, indem die Politik sie an die alten Kernkraftwerke kettet. Kritiker des Bundesministers sprechen von eine Spielart der Planwirtschaft, mit der hier wichtige Wirtschaftsstrukturen ideologischen Interessen und einseitigen Interessen geopfert würden.

Dabei wäre, ganz anders als von der Poltik verordnet, die von EON ja eigentlich angestrebte Trendwende dringend nötig. In den ersten sechs Monaten des aktuellen Jahres lag der Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromproduktion von EON bei 56 Prozent, während 35 Prozent des Stroms auf das Konto der Kohle gingen. Lediglich magere neun Prozent des Stroms wurden durch erneuerbare Energien erzeugt. Unterm Strich ist EON also trotz intensiven Marketingkampagnen alles andere als ein grünes, umweltfreundliches Unternehmen.

EON behält Dividende bei

Noch immer ist es den Düsseldorfer nicht gelungen, sich von der Vergangenheit zu lösen und entschlossen in eine neue Zukunft aufzubrechen. Die Altlasten drücken gewaltig und EON bleibt auf horrenden Kosten sitzen, da Gesetze aus dem Bundeswirtschaftministerium es verbieten, die finanziellen Risiken der Atomkraftwerke in ein neues Unternehmen auszulagern. Mit einer Abspaltung der Bereiche für fossile Brennstoffe und Kernenergie zu dem als „Bad Bank“ angedachten  neuen Unternehmen Uniper hätte EON eine große Sorge weniger gehabt – der um die Altlasten erleichterte Konzern hätte kräftig wachsen können. 

Trotz all dieser schweren, ja, existenzbedrohenden Probleme will EON seine Dividende für 2015 bei 50 Cent belassen. Da diese aber aus der schwindenden Substanz bezahlt wird, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es auch von dieser Seite schlechte Nachrichten zu berichten gibt. So unglaublich es klingt: bei EON könnte es also tatsächlich noch schlimmer kommen. WIM