K+S: Zwischen Kassel und Kanada
Sensation an der Börse: Der kanadische Konkurrent Potash will den DAX-Konzern K+S übernehmen. Der der deutsche Salz- und Kalihersteller will das Angebot prüfen. Wie der Übernahmepoker ausgehen wird, ist völlig offen.
Sensation an der Börse: Der kanadische Konkurrent Potash will den DAX-Konzern K+S übernehmen. Der der deutsche Salz- und Kalihersteller will das Angebot prüfen. Wie der Übernahmepoker ausgehen wird, ist völlig offen.
Wie hoch wird hier gereizt? Da bietet der kanadische Konkurrent Potash dem DAX-Unternehmen K+S einen Kaufpreis von 40 Euro pro Aktie, der deutsche Salz- und Kalihersteller lehnt aber dankend ab. Begründung: Angesichts der eigenen Wachstumsperspektiven und der möglichen Synergieeffekte halte man das Angebot für zu niedrig. Bis Donnerstagabend hatte der K+S-Titel noch bei 29 Euro notiert. Nach Bekanntwerden des Übernahmeangebots schoss der Kurs auf 39 Euro – ein exorbitanter Sprung von plus 35 Prozent.
Die Details der Offerte – ja, auch diese selbst! – sind noch nicht amtlich. Medien zitierten die berühmten, aber eben unbekannten „gut informierten Kreise“ als Quelle. Aber aus Erfahrung weiß man: Wo es qualmt, da brennt es. In der offiziellen Ad-hoc-Meldung von K+S heißt es dazu: „Die Potash Corporation of Saskatchewan Inc. hat Vorstand und Aufsichtsrat der K+S Aktiengesellschaft darüber informiert, den Aktionären der Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen, einschließlich einer Due Diligence-Prüfung, die Übernahme aller Aktien im Wege eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots anbieten zu wollen.“ K+S prüfe zurzeit die zur Verfügung stehenden Optionen, der Ausgang der Prüfung sei offen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass K+S derzeit in Kanada investiert; für nächstes Jahr ist die Inbetriebnahme einer großen Kaligrube geplant. Von einem Kaufpreis ist offiziell nicht die Rede, die Offerte liegt rechnerisch aber bei rund sieben Milliarden Euro.
Unabhängig davon, ob der Deal stattfindet oder nicht: Die Geschichte bleibt spannend. Wer einem anderen Unternehmen einen Preis bietet, der ein Drittel über dem des aktuellen Marktwerts liegt, dürfte konkrete Kaufabsichten haben. Schluckt Potash tatsächlich K+S mit seinen 14.000 Mitarbeitern, würden die Kanadier weltweit zur Nummer eins der Branche aufsteigen. Dem Vernehmen nach hat Potash in Kassel zu erkennen gegeben, dass das Kaufangebot „freundlich“ gemeint ist. Im Zweifelsfall werde man jedoch nicht vor „aggressiven Methoden“ zurückschrecken. Freundschaft und Feindschaft liegen manchmal nur einen Schuß Pulver voneinander entfernt.
Aktien halten
Wenn K+S tatsächlich pokern sollte und bei dem möglichen Deal noch mehr herausschlagen will, könnte die Botschaft an die Aktienanleger sein: Auf keinen Fall K+S-Papiere verkaufen. Womöglich liegt der Preis bald über 40 Euro. Experten meinen, dass ein Zusammenschluss der beiden Düngemittelhersteller durchaus zweckmäßig sein könnte. So gebe es strategische und wirtschaftliche Gründe für die Übernahme, sagen etwa die Analysten von Bernstein. Auch sei das Salzgeschäft von K+S relativ stabil, aber wahrscheinlich für die Kanadier eher uninteressant. Potash aber könne vor allem sein Kaligeschäft breiter aufstellen. Und: Wahrscheinlich seien die K+S-Anteile mehr wert, wenn der Kasseler Konzern bald zum neuen Weltmarktführer gehören sollte.
Derzeit steht die Aktie bei rund 38 Euro. Die Schweizer Bank Credit Suisse hat K+S zuletzt angesichts der Übernahmepläne der Potash Corp von „Verkaufen" auf „Halten" hochgestuft und das Kursziel von 29 auf 38 Euro angehoben. Das neue Ziel liege unter dem in den Medien genannten Preis von mehr als 40 Euro je Papier, schrieb Analyst Chris Counihan. Es reflektiere eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Offerte zu 42 Euro je Papier.
Die Investmentbank Equinet ist im Hinblick auf das Aufwärtspotenzial der Aktie äußerst optimistisch geht um einiges weiter. Deren Analysten haben das Kursziel von 42 auf 55 Euro angehoben und die Einstufung auf „Kaufen“ belassen. Der in den Medien spekulierte Preis von mehr als 40 Euro je K+S-Aktie sei zu niedrig. Ein Gebot in dieser Höhe spiegele den Wandel des Geschäftsbereichs Kali- und Magnesiumprodukte von K+S hin zu Wachstum bei niedrigen Kosten nicht ausreichend wider. Hinzu komme eine breite geografische Ausrichtung. Abgerundet werde das Profil durch die global starke Stellung des Salzgeschäfts.
Auf Einkaufstour
Übernahmepläne liegen im Trend. Hohe Cashreserven und billiges Geld laden dazu ein. Bei K+S ist die Frage, ob die Kaufofferte von Potash für die Aktionäre fair ist oder nicht. „Es ist ein niedriges Angebot“, ziert das Handelsblatt einen Analysten von Kepler Cheuvreux. „Das Management sollte es sich zweimal überlegen, ob es die Offerte den Aktionären empfiehlt.“ Laut der Zeitung ist der Anlauf des Konkurrenten aus Kanada von langer Hand vorbereitet. Potash hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach versucht, Kali-Konkurrenten zu übernehmen, etwa die israelische ICL. K+S ist unter den großen Unternehmen der Branche der einzige unabhängige Konzern, den Potash noch nicht ins Visier genommen habe.
Das Übernahmeangebot verleiht der Aktie Aufwind und steigert den Wert des Unternehmens. Der Börsenwert liegt jetzt zwischen sechs und sieben Milliarden Euro. Das hatte in den vergangenen Jahren noch ganz anders ausgesehen. Besonders 2012 und 2013 litten die Kasseler unter den fallenden Kalipreisen. Als Reaktion auf den Negativtrend hatte K+S Ende 2013 das Programm „Fit für die Zukunft“ ins Leben gerufen, das dem angeschlagenen Konzern durch drastische Einsparungen zu neuem Schwung verhelfen soll. Die Sparmaßnahmen beziehen sich in erster Linie auf Sachaufwendungen, beinhalten aber auch Überlegungen, die zu einem Abbau von Personal führen könnten. Das Einsparungsprogramm trägt nun Früchte. „Der gelungene Start in das laufende Jahr unterstreicht, dass wir mit Zuversicht auf die weitere Geschäftsentwicklung der K+S Gruppe in diesem Jahr schauen können“, sagte der K+S-Chef Norbert Steiner bei der Vorstellung der Quartalszahlen im vergangenen Mai.
Im Aufwärtstrend
Seit 2014 zeigt der Trend wieder klar nach oben. Dazu hat auch die Erholung des Kalipreises beigetragen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres stieg der Umsatz der K+S Gruppe gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 16 Prozent auf 1,38 Milliarden Euro. Vor allem die höheren Durchschnittspreise in beiden Geschäftsbereichen, die zudem von einem starken US-Dollar profitierten, wirkten sich positiv aus. Im ersten Quartal entfielen rund 53 Prozent des Umsatzes auf den Geschäftsbereich Salz, gefolgt von Kali- und Magnesiumprodukten mit gut 44 Prozent sowie den Ergänzenden Aktivitäten mit drei Prozent. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) lag im ersten Quartal bei 317 Millionen Euro – und damit 97 Millionen Euro (+44 Prozent) über dem des Vorjahresquartals.
Das Unternehmen geht davon aus, dass der Umsatz im Geschäftsjahr 2015 deutlich über dem Wert des Vorjahres (3,82 Milliarden Euro) liegen wird. Beide Geschäftsbereiche sollten von einem im Jahresvergleich höheren Durchschnittspreisniveau profitieren, welches insbesondere im Geschäftsbereich Kali- und Magnesiumprodukte auch durch die Wechselkurse positiv beeinflusst sein dürfte. Der Geschäftsbereich Salz sollte laut K+S vor allem von höheren Preisen für Auftausalz und einem guten Voreinlagerungsgeschäft profitieren.
Anlagetipp
Für risikobereite Anleger, die davon ausgehen, dass der Kurs der K+S-Aktie im Zuge der Übernahmedebatte in den kommenden Tagen weiter nach oben ausschlägt, können Knock-out-Produkte interessant sein. Mit ihnen nehmen sie gehebelt an Kurssteigerung der Aktie teil. Der Hebel wirkt allerdings in beide Richtungen. Erfüllt sich die Markterwartung nicht, kommt es zu überproportionalen Verlusten. Im schlechtesten Fall erleiden Anleger einen Totalverlust. Ein Beispiel ist das ein Papier auf K+S mit der WKN UT02AA, das auf steigende Kurse setzt (Call). Die Knock-out-Schwelle (Strike) liegt bei 28,75 Euro. Sollte der Kurs der K+S-Aktie diese Kursmarke berühren, verfällt der Schein wertlos. Anleger sollte also während des Investments stets die K.O.-Schwelle im Blick haben.
Je näher der Aktienkurs sich dieser Marke nähert, desto weniger ist der Schein wert. Steigt die Aktie, locken hohe Gewinne. Der Preis des Scheins errechnet sich folgendermaßen: (Aktienkurs – Strike ) x 0,10 (Bezugsverhältnis). Mögliches Szenario: Die Aktie notiert bei 38 Euro und der K.O.-Schein kostet 0,94 Euro. Steigt der Titel auf 40 Euro, so kommt es zu folgendem Kurs: (40 Euro – 28,75 Euro) x 0,10 = 1,125 Euro. Zieht man davon den Kaufpreis ab, bleiben 0,185 Euro übrig. Prozentual ist das eine Rendite von rund 20 Prozent – obwohl der Aktienkurs nur um rund fünf Prozent gestiegen ist. Das ist ein vierfacher Hebel.