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Dividendenkönig zum Sonderpreis

Trotz solider Geschäftszahlen und außergewöhnlich hohen Dividendenzahlungen entwickelt sich die Münchner Rück nach dem Hoch im April zu einem grauen Mäuschen im Dax-Zirkus. Bis auf US-Starinvestor Buffett traut dem Branchenprimus offenbar kaum einer mehr etwas zu. Zu Unrecht?

BÖRSE am Sonntag

Trotz solider Geschäftszahlen und außergewöhnlich hohen Dividendenzahlungen entwickelt sich die Münchner Rück nach dem Hoch im April zu einem grauen Mäuschen im Dax-Zirkus. Bis auf US-Starinvestor Buffett traut dem Branchenprimus offenbar kaum einer mehr etwas zu. Zu Unrecht?
 
Wer bislang fest daran glaubte, es gäbe tatsächlich Menschen auf diesem Planeten, die zuverlässige und exakte Prognosen für die Entwicklung von Börsenpapieren parat hätten, der dürfte von den Einschätzungen des Baseler Professors für Finanzmarkttheorie, Erwin Heri, bitter enttäuscht werden. Seine schonungslose Erkenntnis lautet: „Während Meteorologen für das Wetter eine Trefferquote von 85 bis 87 Prozent erzielen, könnten Börsengurus genauso gut würfeln.“ Ob der gute Herr Heri zu einer ähnlichen Einschätzung gekommen wäre, würde er regelmäßig die Börse am Sonntag lesen, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Interessanter erscheint ohnehin die Frage, ob Meteorologen die besseren Börsianer sein könnten. Immerhin hängt der Erfolg einer nicht unbeträchtlichen Anzahl an Unternehmen nicht zuletzt vom Wetter ab. Und auf diesem Gebiet haben die Wissenschaftler gegenüber gewöhnlichen Anlegern unweigerlich einen Vorsprung an Informationen.
 
Erst vor wenigen Wochen wütete der verheerende Sturm „Niklas" über Deutschland und hinterließ hierzulande nicht nur eine Spur der Verwüstung im Straßen-und Flugverkehr, sondern eben auch Sorge bei den Aktionären der Münchner Rück um eine Verschlechterung der Geschäftssituation beim Rückversicherungsgiganten. Zwar blieb der große Aktieneinbruch zum damaligen Zeitpunkt überraschenderweise aus. Als das Unternehmen jedoch vor wenigen Tagen seine aktuellen Zahlen präsentierte, musste manch ein Anleger schlucken, als bekannt wurde, dass die Folgen des Sturms satte 57 Millionen Euro kosten sollen. Zudem verschlang der südpazifische Zyklon „Pam“ mit 30 Millionen Euro auch nicht gerade „Peanuts“. In ähnlicher Größenordnung kam noch ein 35 Millionen Euro teurer Brand in einer US-Raffinerie hinzu. Als zusätzliche Belastung für den international tätigen bayerischen Traditionskonzern erwiesen sich insbesondere die Nullzinspolitik der Notenbanken sowie die Weigerung der meisten Versicherer, in Anteilsscheine zu investieren.
 
Infolgedessen schrumpfte der Gewinn im ersten Quartal 2015 um fast 16 Prozent auf 790 Millionen Euro. Da die Mehrzahl der Analysten sogar einen Einbruch um 17 Prozent auf 775 Millionen Euro erwartet hatte, kann man die Zahlen als solide einstufen. Trotz der kostenintensiven Hiobsbotschaften, die den Konzern hart treffen, strebt Munich Re nach 3,2 Milliarden im letzten Jahr für 2015 weiterhin ein Konzernergebnis von 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro an. „Ich glaube, dies ist ein ambitioniertes, aber auch ein realistisches Ziel“, gab sich Vorstandschef Nikolaus von Bomhard bei der Hauptversammlung kämpferisch. Zuversichtlich dürften ihn dabei die Wachstumsmöglichkeiten in noch unterversicherten Märkten stimmen. Gerade in Asien sieht der Münchner Konzern noch viel Potential und rechnet dort laut Bomhard mit rund zehn Prozent jährlichem Prämienwachstum.

Viele Risiken seien in den dortigen Märkten bislang nur zu einem geringen Teil versichert. „So trifft die derzeit stark ausgeweitete Angebotskapazität der Erst- und Rückversicherer in vielen Sparten auf ein noch nicht ausgeschöpftes Geschäftspotential", sagt Finanzvorstand Jörg Schneider. „Gemeinsam mit unseren heutigen und künftigen Kunden und Partnern wollen wir dieses Potential heben, indem wir das umfassende Wissen der gesamten Gruppe noch gezielter für Innovationen einsetzen." Außerdem erhofft sich der Branchenprimus weitere Impulse von seinen Katastrophenanleihen und Geschäften in lukrativen Nischen, zu denen beispielsweise Schäden durch Datenklau und -missbrauch im Web gehören. Auch werden positive Wechselkurseffekte den Münchnern weiter in die Karten spielen.
 
Als großes Plus für die Anleger dürfte sich nicht zuletzt die weiterhin großzügige Dividendenpolitik der Münchner erweisen. Mit einer Dividendenrendite von rund 4,5 Prozent gehört der Traditionskonzern zu den spendabelsten Unternehmen im gesamten Dax. Gerade in Zeiten niedriger Zinsen könnte sich ein Kauf des Papiers daher als besonders  attraktiv gestalten- insbesondere für langfristig orientierte Anleger. Da die Münchner Rück die Dividende seit 1969 nicht mehr gesenkt hat, gilt das Papier als extrem verlässlich, was speziell risikoscheue Anleger anlocken könnte. Zudem sind die Anteilsscheine derzeit bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 10,5 relativ günstig zu erwerben.

Gerade nach den dramatischen Kursverlusten der vergangenen Wochen – die Aktie rutsche von 206 auf derzeit rund 175 Euro ab – könnte der Einstieg zum jetzigen Zeitpunkt gerade recht kommen. Börsenguru und Starinvestor Warren Buffett jedenfalls vertraut weiterhin vollumfänglich auf die Entwicklung des Konzerns und bleibt massiv beteiligt. Ob diese Entscheidung wohl lediglich auf einem Zufall beim Würfelspiel beruht? Herr Heri aus Basel könnte uns das sicher sagen – aber seine diesbezügliche Auskunft ist möglicherweise ein kleines bisschen weniger wichtig als das, was Warren Buffett tut. WIM