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DAX-Anlegern drohen Dividendenverluste in Milliardenhöhe

Die Lufthansa will für das laufende Jahr keine Dividende zahlen. Auch der Triebwerke-Hersteller MTU denkt über einen solchen Schritt nach. Folgt eine Kettenreaktion? Wo die Ausschüttungen jetzt in Gefahr sind. Und wo nicht.

Die Angst vor Dividendenkürzungen bereitet Anlegern zunehmend Kopfschmerzen. (Foto: pathdoc / Shutterstock.com)

Die Lufthansa will für das laufende Jahr keine Dividende zahlen. Auch der Triebwerke-Hersteller MTU denkt über einen solchen Schritt nach. Folgt eine Kettenreaktion? Wo die Ausschüttungen jetzt in Gefahr sind. Und wo nicht.

Im vergangenen Jahr haben die 30 im DAX gelisteten Konzerne insgesamt 38,2 Milliarden Euro an Dividenden gezahlt. In diesem Jahr hätten es Prognosen zufolge rund 45 Milliarden werden sollen. Es wäre die Fortsetzung eines beeindruckenden Anstiegs geworden. Im Jahr 2000 lagen die Ausschüttungen noch bei 15,8 Milliarden Euro.

Allein, daraus wird nichts werden. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass im Zuge der Coronakrise einige Konzerne nicht umhin kommen werden, Dividendenkürzungen vorzunehmen, oder ihre Ausschüttungen ganz zu streichen. Das war auch schon in Folge der Finanzkrise 2008 und 2009 der Fall. Lag die Summe der Ausschüttungen 2007 noch bei 28,1 Milliarden Euro, sank sie in den darauffolgenden Jahren zunächst auf 23, dann auf 20 Milliarden Euro.  

Da wegen der Ausgangsbeschränkungen nun viele DAX-Konzerne ihre Hauptversammlungen verschieben – allein im April waren zehn geplant, im Mai weitere 15 – gibt es zunächst wenig Konkretes. Damit steigt die Unsicherheit der Investoren. Bei vielen Aktien sind es nach dem Coronacrash ja gerade die außergewöhnlich hohen Dividendenrenditen, die zum Einstieg locken. Nur wird deren Berechnung quasi zu Makulatur, wenn die zugrundeliegende Dividendenhöhe so sicher ist, wie der Verlauf der Corona-Pandemie.

Der Dax ist abhängig von attraktiven Dividendenzahlern

Überhaupt profitiert Deutschlands Leitindex von seinen bei Anlegern beliebten Dividendenkönigen. Die großen Wachstumsstars fehlen dem Index, nicht zuletzt da es Deutschland an großen Tech-Konzernen mangelt. Wenn die Ausschüttungen nun teilweise ausbleiben oder gekürzt werden, könnte dies das taumelnde Börsenbarometer weiter unter Druck setzen. Schließlich stellt sich schnell die Frage nach der Attraktivität von Aktien wie jenen von Siemens, BASF, Daimler oder den Versicherern Allianz und Münchner Rück, sollten auf einmal die Dividenden fehlen.

Und die Gefahr, dass es diesbezüglich bald bei einer ganzen Reihe von Dax-Konzernen zu Einschnitten kommen könnte, wird immer realer. Entscheidungen, wie die der Lufthansa, bei der anstehenden Hauptversammlung ein Aussetzen der Dividende vorzuschlagen, könnte eine Kettenreaktion auslösen. So hat nun auch der Triebwerkehersteller MTU Aero Engines angekündigt, möglicherweise zunächst keine Ausschüttung mehr vorzunehmen. Statt 3,40 bekämen Aktionäre für ihre Papiere also plötzlich null Euro. Lufthansa-Aktionäre, die bislang mit einer Dividendenrendite von 8,3 Prozent rechnen konnten, müssen sich nun wohl mit eine Rendite von null Prozent abfinden.

Folgen Dividendenkürzungen bei Autobauern und Chemiekonzernen?

Solche harten Einschnitte sind bei den wenigsten Dax-Werten zu erwarten. Schließlich trifft die gegenwärtige Krise die Luftfahrtindustrie besonders hart. Von jetzt auf gleich hat das Coronavirus der Branche jegliche Geschäftsgrundlage bis auf Weiteres entzogen. Doch Andreas Hürkamp, Aktienexperte der Commerzbank, warnt: „Unsere Unternehmensanalysten halten auch für Continental, Covestro und HeidelbergCement eine Reduzierung der bereits angekündigten Dividende für möglich.“ Dass bei der BASF-Aktie die für 2020 erwartete Dividendenrendite gerade bei 8,09 Prozent liegt (2019 waren es 4,89 Prozent), könnte darauf hindeuten, dass viele Anleger bereits mit einer Kürzung der Ausschüttungen rechnen. Andernfalls ließe sich der niedrige Kurs kaum rechtfertigen. Auch bei den Autobauern – BMW, Daimler und Volkswagen – ist Vorsicht angebracht. Kann die Produktion nicht wie geplant im zweiten Quartal spürbar hochgefahren werden, drohen ebenfalls Dividendenkürzungen. Je länger die Unsicherheiten rundum das Coronavirus und der weitgehende Stillstand der Wirtschaft anhielten, desto wahrscheinlicher würden auch hier „verspätete Abschläge auf die Dividendenankündigungen“, stellt die Commerzbank in einer Studie fest.

Versicherer und Versorger könnten davon kommen

Weniger gefährdet dürften hingegen Unternehmen aus der Pharmabranche, Versorger und Telekommunikationsanbieter sein. Im Dax beträfe das entsprechend die Aktien von Fresenius, Bayer, Eon, RWE und der Deutschen Telekom. Bayer beispielsweise hat schon angekündigt eine unveränderte Dividende in Höhe von 2,80 Euro auszubezahlen. Der deutsche Pharmariese hält seine Hauptversammlung am 28. April online ab.

Ebenso dürften die beiden großen Versicherer im Dax, die Allianz und die Münchner Rück, ihre Dividenden unangetastet lassen. Zwar drücken die Verluste am Kapitalmarkt auf die Bilanz, besonders bei der Allianz. Jedoch verfügen die Münchner über eine Solvabilitätsquote von 212 Prozent. Das stand 2019 über die gesamte Branche hinweg für einen der besten Werte. Entsprechend belastbar scheint der Konzern. Dass die Aktie bei einer Dividendenkürzung unter die Räder gerät, wird Vorstandschef Oliver Bäte kaum riskieren wollen.

Eines steht fest: Eine hohe Dividendenrendite heißt in diesen Zeiten zunächst einmal nicht viel. Und solange die Mehrheit der Hauptversammlungen erst einmal nach hinten verschoben wird, wird sich daran so schnell auch nichts ändern.

OG

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