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Chemie-Aktien als Top-Picks: neue Rallye?

Lange wollte die Chemie-Industrie nicht richtig in Schwung kommen. Zumindest nicht in einem solchen Maße, dass an den Börsen eine explosiv-positive und länger andauernde Reaktion möglich gewesen wäre. Nun aber haben Europas Chemie-Aktien heimlich, still und leise mit einem gemeinsamen Plus von 30 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten den Euro Stoxx 600 geschlagen. Deutsche Konzerne hatten daran maßgeblichen Anteil. Welche waren das?

BÖRSE am Sonntag

Lange wollte die Chemie-Industrie nicht richtig in Schwung kommen. Zumindest nicht in einem solchen Maße, dass an den Börsen eine explosiv-positive und länger andauernde Reaktion möglich gewesen wäre. Nun aber haben Europas Chemie-Aktien heimlich, still und leise mit einem gemeinsamen Plus von 30 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten den Euro Stoxx 600 geschlagen. Deutsche Konzerne hatten daran maßgeblichen Anteil.

Im ersten Quartal 2017 stiegen zudem Umsätze und Gewinne der börsennotierten Konzerne deutlich an. Die Deutsche Bank empfiehlt konkret BASF, Lanxess, Covestro und Symrise. Und ist damit nicht allein.Einer Mitteilung des Verbands chemischer Industrie zufolge sollte sich die Chemieproduktion für das laufende Jahr um ein Prozent erhöhen. Der Umsatz dürfte um gute drei Prozent auf über 190 Milliarden Euro anwachsen. Hinzu käme eine wahrscheinliche Chemikalien-Verteuerung in Höhe von 2,5 Prozent. Ende März waren die Prognosen des Verbandes noch pessimistischer gewesen. Nach den zum Teil sehr guten Quartalzahlen einiger Schwergewichte aus der Branche, die hier und da auch die Erwartungen der Analysten übertroffen hatten, scheint eine Korrektur nach oben inzwischen aber auch angemessen.

Die Deutsche Bank sieht den Industriezweig ebenfalls auf einem guten Weg und rechnet mit weiteren Wachstumssprüngen. Das dürfte sich nun kurzfristig wie langfristig an den Börsen auszahlen. Die Bank schätzt viele Analysten-Prognosen als zu konservativ ein. Es könnte gerade nicht der schlechteste Zeitpunkt dafür sein, sich Papiere von BASF und Co. ins Depot zu legen.

Die zyklische Branche profitiere von der globalen Konjunkturerholung und dem in den letzten Jahren im Vergleich zum US-Dollar schwachen Euro, schreibt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank in seinem Marktkommentar. Hinzu kämen geringere Erweiterungsinvestitionen, wodurch die vorhandenen Kapazitäten einer höheren Auslastung unterliegen würden. Und eine „eiserne Kostendisziplin“, die sich die Konzerne selbst auferlegt haben. Und weil die Unternehmen ihre Bilanzen auch für Fusionen und Übernahmen herausgeputzt hätten, könnten ihre Aktien eine interessante Anlage bleiben, beurteilt Stephan die Lage. Schon seit 2016 konnten sich deutsche Chemie-Aktien stark verbessern. Konkret lohnt der Blick vor allem auf den Anteilsschein von BASF. Und auch Lanxess, Covestro und Symrise bieten Potential.

Ist BASF noch unterbewertet?

Für die BASF gibt die Deutsche Bank ein Kursziel in Höhe von 101 Euro an, und Analyst Tim Jones stuft den Titel gar als Top-Pick ein. Auch die UBS und die französische Societe Generale empfehlen das Papier mit Kurszielen von knapp unter und knapp über 100 Euro. Derzeit steht der Kurs der Aktie bei etwa 87,70 Euro. Zum Wochenstart zählte die Aktie des Chemie-Riesen mit einem Plus von knapp 2,5 Prozent zu den DAX-Gewinnern. Und auch am heutigen Morgen liegt das Papier mit 0,7 Prozent bereits wieder im Plus. Der Weltkonzern mit Sitz in Ludwigshafen legte ein sehr gutes erstes Quartal 2017 hin. Beim Absatz ging es um acht Prozent nach oben, der Nettogewinn stieg um 23 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro und der Umsatz legte um 19 Prozent auf beinahe 17 Milliarden Euro zu. Und auch für das zweite Quartal erwarten Branchenkenner, Analysten und auch das BASF-Management selbst, gute Zahlen und weiteres Wachstum. Der nach Umsatz und Marktkapitalisierung größte Chemiekonzern der Welt profitiert unter anderem von der wieder anziehenden Nachfrage auf den asiatischen Märkten.

Und auch wenn das BASF-Papier von einem Tief bei 57,85 Euro aus dem Februar 2016 inzwischen um gut 50 Prozent auf 87,08 Euro geklettert ist, ist das Allzeithoch in Höhe von 96,72 Euro vom April 2015 noch ein Stück entfernt. Die Chancen aber dürften gut stehen, dass dieses bald erreicht und auch nach oben hin durchbrochen wird. Und auch die Dividendenrendite wird wohl weiter steigen. 2016 lag sie bei 3,39 Prozent. Ein respektabler Wert. Man stelle sich vor die BASF würde einmal aus ihrem Schattendasein ausbrechen. Andererseits könnte ihr auch genau diese Zurückhaltung langfristig zum Erfolg verhelfen. Denn ganz zum Schluss zählen ja doch nur die nackten Zahlen.

Drei heiße Tipps – hier stimmt die Chemie

Ein weiterer Chemiekonzern mit Potential nach oben ist Lanxess. Das Kursziel der Deutschen Bank: 79 Euro. Der derzeitige Kurs: 68,60 Euro. Der Kölner Spezialchemiekonzern konnte im ersten Quartal mit Absatzsteigerungen in allen Bereichen überzeugen. Für das erste Quartal 2017 konnte der Chemie-Spezialist vom Rhein zudem einen Gewinnzuwachs von 25 Prozent vermelden. Der bereinigte Betriebsgewinn steigerte sich auf 328 Millionen Euro. Der Umsatz stieg ebenfalls um ein Viertel auf 2,4 Milliarden Euro. Zusätzlich hob CEO Zachert die Prognose für das laufende Jahr an. 2017 erwartet er ein bereinigtes Betriebsergebnis in Höhe von zirka 1,3 Milliarden Euro. Das wäre gleichbedeutend mit dem erfolgreichsten Geschäftsjahr aller Zeiten. Das Potenzial für langfristige Kursgewinne scheint gegeben. Derzeit zahlen die Kölner mit 0,70 Euro noch dazu eine ordentliche Dividende, womit die Dividendenrendite bei 1,12 Prozent liegt.

Die Chance auf eine saftige Rendite sieht Deutschlands größtes Geldhaus auch bei dem Aroma- und Duftstoffhersteller Symrise. Das Kursziel hier: 75 Euro. Derzeit ist das Chemie-Papier 65,70 Euro wert. Symrise konnte im ersten Quartal des laufenden Jahres in allen Bereichen Umsatz und Gewinn steigern. Alles in allem stieg der Umsatz um 4,6 Prozent auf gut 765 Millionen Euro. Das Ebit kletterte um 4,4 Prozent auf 165,5 Millionen Euro. Bis 2020 strebt das Unternehmen weiterhin ein Umsatzwachstum von jährlich fünf bis sieben Prozent an. Tim Jones sieht auch Symrise als Top-Pick. Das überlegene Wachstum des Unternehmens verdiene einen Bewertungsaufschlag zur Branche, so der Analyst.

Zu guter Letzt dürfte auch Covestro mittelfristig ein Kandidat für Kursgewinne sein. Das Deutsche Bank-Kursziel liegt bei 83 Euro. Derzeit ist die Aktie 67,23 Euro wert. Auch die Schweizer Bank UBS empfiehlt mit einem Kursziel von 85 Euro den Kauf des Covestro-Papiers. Zuletzt war die Aktie der Leverkusener unter Druck geraten, da Konzernmutter Bayer ihre Anteile an dem Kunststoffunternehmen reduziert hatte. Damit ist man nun wieder ein ganzes Stück entfernt von seinem Rekordkurs in Höhe von 76,22 Euro Anfang April. Die Zahlen von Covestro aber sind glänzend. Im ersten Quartal 2017 steigerte die Bayer-Tochter ihren Umsatz um fast 25 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis legte gar um über 150 Prozent zu und lag bei 468 Millionen Euro. Mit ihren Kaufempfehlungen dürften die Großbanken aus Deutschland und der Schweiz nicht ganz so falsch liegen.

Wer sich fragt, welche Aktien er nach der Rallye in den letzten Wochen und Monaten noch kaufen soll, der könnte in der Chemiebranche fündig werden. Denn dort trifft er mehrheitlich auf ein stabiles Zahlenfundament, zufriedenstellende Dividenden, ansehnliche KGVs und teils rosige Zukunftsaussichten. Und vor einer Blase, wie jüngst nicht nur von Goldman Sachs bei den US Tech-Aktien befürchtet, ist man hier ganz weit weg. Eine deutlich abflauende Konjunktur könnte die Kurse auf dem Chart-Bild dagegen zwar in Richtung Süden schicken – die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falls dürfte aber zunächst gering sein. OG