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Chipwinzling ganz groß: So düpiert Wolfspeed die Konkurrenz

Der kleine US-Halbleiterhersteller Wolfspeed sticht an der Börse Branchengrößen wie Nvidia oder AMD aus. Außerhalb von Expertenkreisen bislang eher unbekannt, setzt das Unternehmen aus North Carolina auf eine bestimmte Technologie, die den Chip-Sektor revolutionieren könnte.

Mit seinen speziellen Chips könnte Wolfspeed eine Führungsrolle in der E-Auto-Produktion einnehmen. (Foto: asharkyu / Shutterstock)

Der kleine US-Halbleiterhersteller Wolfspeed sticht an der Börse Branchengrößen wie Nvidia oder AMD aus. Außerhalb von Expertenkreisen bislang eher unbekannt, setzt das Unternehmen aus North Carolina auf eine bestimmte Technologie, die den Chip-Sektor revolutionieren könnte.

Nach den Traum-Rallys der letzten Jahre, erlebt der Chip-Sektor gerade maximal schwere Zeiten an der Börse. Ob nun die Branchengiganten aus den USA um Intel, Nvidia, AMD, Qualcomm und Broadcom, der deutsche Marktführer Infineon, oder der niederländische Anlagenbauer ASML, sektorübergreifend purzeln seit Monaten die Kurse. Nvidia, an der Börse lange Zeit gefeiert und von einigen bereits auf eine Stufe mit den großen Tech-Multis Amazon, Apple oder Microsoft gehoben, hat seit Jahresbeginn 60 Prozent seines Börsenwertes verloren. Die Infineon-Aktie notiert in etwa auf dem Niveau von vor Beginn der Corona-Krise, hat also alle ihre zwischenzeitlichen Kursgewinne wieder abgegeben. Die steigenden Zinsen und die erwarteten Rezessionen für Europa und die USA lasten schwer auf den konjunktursensiblen Börsenstars. Trotz nach wie vor exzellenter Geschäfte hat sich unter Investoren der Glaube an ein Ende des Booms festgesetzt. Hinzu kommen die massiven Investitionen in neue Produktionsstätten, womit ein Ende der Angebotsknappheit zumindest in Sicht ist, auf lange Frist scheinen sogar Überkapazitäten denkbar. Da helfen selbst Prognoseerhöhungen, wie die von Infineon nicht. An der Börse siegt die Zukunft schließlich meistens über die Gegenwart.

Wolfspeed stellt die Branchengrößen an der Börse in den Schatten

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass es eine Chip-Aktie gibt, die aktuell mit kräftigen Zügen gegen den Strom schwimmt. Die Papiere des US-Halbleiter-Spezialisten Wolfspeed stehen im laufenden Jahr hauchdünn im Plus. Wie viel das Wert ist, beweist der Kurssturz von Nvidia und überhaupt das schwierige Marktumfeld, besonders im Technologie-Bereich. Wolfspeed, über die Branchengrenzen hinaus nur wenigen bekannt, ist mitten in der Kurs-Krise der restlichen Vertreter zum Investorenliebling innerhalb der Halbleiterbranche avanciert. Der Kurs steht mit 113 US-Dollar nahe seines Rekordhochs (138 US-Dollar). Innerhalb von fünf Jahren hat er sich fast vervierfacht. Dabei hat Wolfspeed im vergangenen Jahr Verluste in Höhe von 200 Millionen US-Dollar angehäuft. Nvidia hat im selben Zeitraum ein Ergebnis von 4,3 Milliarden Dollar erzielt. Auch beim Umsatz ist die Kluft hin zu den Branchenführern riesig. Nvidia erwirtschaftete 2021 16,7 Milliarden US-Dollar, AMD 16,4 Milliarden, Intel 79 Milliarden. Selbst das im Vergleich kleine Infineon kam auf Umsätze in Höhe von 11,1 Milliarden Euro. Wolfspeed dagegen nahm 2021 gerade einmal 746 Millionen Dollar ein.

Zukunftsweisende, hochspezialisierte Technologie

Die finanzwirtschaftliche Gegenwart kann es also nicht sein, die Investoren an dem kleinen US-Chipfertiger so fasziniert. Vielmehr ist es die Technologie hinter den Wolfspeed-Chips, die unter Experten für Aufsehen sorgt. Die US-Amerikaner nämlich setzen auf Siliziumkarbid als Ausgangsmaterial und sind in diesem Bereich führender Anbieter. Siliziumkarbid-Chips könnten in Zukunft vor allem in der E-Mobilität zum Einsatz kommen und dort die Reichweite erhöhen sowie gleichzeitig die Akkuladezeiten verkürzen. Wolfspeed bietet überdies nicht nur die Chips an, sondern auch Siliziumkarbid als Rohstoff. Mit Milliardeninvestitionen baut Wolfspeed gerade die Produktion in beiden Bereichen aus. Zu den Abnehmern von Siliziumkarbid gehören schon jetzt große Halbleiter-Hersteller wie ST Microelectronics oder Infineon. Die Chips liefert Wolfspeed unter anderem an General Motors und das E-Auto-Start-Up Lucid.

Neben der bereits speziellen und wohl zukunftsweisenden Technologie hat Wolfspeed in diesem Jahr auch mit der Massenproduktion von 200-Millimeter-Wafern begonnen, sprich größeren Halbleitern als die bislang als Standard geltenden 150-Millimeter-Varianten. Technologisch ist das eine Herausforderung, dafür im Produktionsprozess aber wirtschaftlicher. Wolfspeed hat damit  in zwei bedeutenden Bereichen die Nase vorn. In der sehr schnelllebigen Halbleiter-Branche ist das ein gewaltiger Trumpf. Und die Geschäfte laufen immer besser. Im abgelaufenen vierten Geschäftsquartal steigerte Wolfspeed den Umsatz um 56,7 Prozent auf 228,6 Millionen Dollar. Für das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres, das im September endet, erwarten die US-Amerikaner einen Umsatz von bis zu 247,5 Millionen Dollar. Die Gewinnzone wird aber wohl nicht erreicht. Das Unternehmen rechnet mit einem Verlust von drei bis zehn Millionen Dollar.

Wächst Wolfspeed allerdings in dem Tempo weiter, wie bisher, dürften Gewinne nur noch eine Frage der Zeit sein. Aktuell scheinen Anleger ohnehin lieber Investitionen sehen zu wollen. Die liefert das Unternehmen, unter anderem gibt man fünf Milliarden Dollar für eine neue Siliziumkarbid-Fabrik in North Carolina aus. Die Mehrheit der Analysten rät trotz des stark gestiegenen Kurses aktuell zum Kauf der Aktie.

Apropos Kauf: Vor ein paar Jahren lag ein Angebot von Infineon für die Übernahme von Wolfspeed auf dem Tisch. Möglicherweise hat die US-Regierung schon damals geahnt, welches Potenzial in dem kleinen Unternehmen steckt und den Deal deshalb untersagt.

OG

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