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Deutsche Börse: Großaktionäre sorgen erneut für Wirbel!

Der kräftige Kursrückgang seit Dezember 2007 von in der Spitze fast 57% passt den Investoren gar nicht. Vor allem die Großaktionäre Atticus und TCI sind unzufrieden und meldeten sich jüngst erneut. Nachdem die beiden mächtigen Hedgefonds bereits Anfang September ankündigten, ihre Stimmrechte zu bündeln, regten sie nun offenbar den Verkauf des traditionsreichen Aktienhandels an!

BÖRSE am Sonntag

ERKLÄRTES ZIEL der Hedgefonds, die zusammen etwa 19,3% der Anteile an dem deutschen Börsenbetreiber besitzen, ist es, den Unternehmenswert zu steigern. Sie verweisen darauf, dass die Deutsche Börse nach dem heftigen Kurssturz seit dem Allzeithoch im Dezember deutlich unterbewertet ist. Entsprechend brodelte zuletzt die Gerüchteküche kräftig und erneut kochten Spekulationen über eine Zerschlagung der Gruppe hoch. Diesmal geht es aber nicht um den Verkauf der Abwicklungstochter Clearstream, sondern um das Aktienmarktgeschäft (Kassamarkt). Dieses bekommt immer mehr Konkurrenz durch außerbörsliche Handelsplattformen, wie Turquoise und Chi-X, was die Deutsche Börse zu Gebührensenkungen zwingt, die sich schließlich in geringeren Margen widerspiegeln dürften. Das Unternehmen hatte beispielsweise im August die Gebühren für den Xetra-Handel gesenkt und gewährte höhere Rabatte. Die dadurch geringeren Margen will man durch höheres Handelsvolumen ausgleichen.

Integriertes Geschäftsmodell

Das Geschäft der Deutschen Börse umfasst im Wesentlichen drei Bereiche. Mit der vollelektronischen Handelsplattform Xetra und der Börse Frankfurt betreibt sie einerseits einen der umsatzstärksten Kassamärkte weltweit. Daneben gibt es die Wertpapierabwicklung (Clearstream) sowie das Derivategeschäft Eurex, wobei Letzteres gemeinsam mit der Schweizer Börse betrieben wird. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Forderungen seitens der Aktionäre, eine dieser Säulen ganz oder teilweise zu verkaufen oder sie in Partnerschaften mit Wettbewerbern einzubringen. Das klassische Argument ist dabei, dass die Summe der Einzelteile mehr wert ist als der Gesamtkonzern. Die Deutsche Börse selbst sieht dies jedoch anders und betonte jüngst erneut, an ihrem gegenwärtigen integrierten Geschäftsmodell festhalten zu wollen. Sie äußerte sich zudem zu den jüngsten Gerüchten und betonte, dass man keine Verkaufsabsicht für den Kassamarkt hegt. Ferner teilte der Vorstand mit, dem Aufsichtsrat in der nächsten Sitzung vorzuschlagen, die Beibehaltung des integrierten Geschäftsmodells mit den Bereichen Handel, Abwicklung, Verwahrung und Wertpapierverwaltung zu beschließen. Das Management sieht demnach signifikante Vorteile und Synergien in der engen Verzahnung der Geschäftsbereiche und rechnet mit weiterem Wachstumspotenzial. Ein Herauslösen einzelner Teile würde dagegen nicht wertsteigernd sein. Entsprechend will man vom Aufsichtsrat auch beschließen lassen, grundsätzlich strukturellen Änderungen nur dann zuzustimmen, wenn diese die strategische Position des Unternehmens stärken und für alle Aktionäre Wert schaffen.

Aggressive Hedgefonds

Den beiden Hedgefonds dürfte dies gar nicht gefallen. Sie sind für die aggressive Vertretung ihrer Interessen bekannt. Sie waren 2005 bei der Deutschen Börse eingestiegen und gerieten seither mehrmals mit dem Management der Deutschen Börse aneinander. Beispielweise war es ihnen gelungen, die Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) zu verhindern und sie sorgten seinerzeit außerdem für den Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden Werner Seifert und dem Wechsel der Führungsspitze zu Reto Francioni. Nun sind die Hedgefonds bemüht, sich Plätze im Aufsichtsrat zu sichern, um ihren Einfluss besser geltend zu machen. Ob ihnen dies gelingt, bleibt jedoch abzuwarten.

Akt der Verzweiflung

Einige Analysten sind skeptisch und sie bewerteten auch das jüngste Vorpreschen der Großaktionäre zum Teil als weiteren Akt der Verzweiflung. Sie verweisen darauf, dass die Rechnung der Hedgefonds in den vergangenen Jahren zwar aufging und ihre großen Aktienpakete dank einer positiven Kursentwicklung deutlich zulegten. Die Talfahrt der vergangenen Monate ließ die bis dato angehäuften Buchgewinne jedoch deutlich zusammenschmelzen. Gerade vor dem Hintergrund der zuletzt deutlich gestiegenen Unsicherheit an den internationalen Aktienmärkten, versucht man nun aber offenbar erneut, den Kurs durch neue Zerschlagungsfantasie anzutreiben. Diese Rechnung scheint jedoch nicht aufzugehen und die verhaltene Kursreaktion zeigt, dass auch der Gesamtmarkt vorerst nicht darauf setzt.

Günstig bewertet

Allerdings könnte der jüngste Wirbel dafür sorgen, dass die Deutsche Börse verstärkt in den Blickpunkt der Investoren kommt und ihnen dabei die derzeit äußerst günstige Bewertung auffällt. Das KGV (2008e) liegt bei etwa elf. Zwar gibt es durchaus auch Risikofaktoren, wie die zunehmende Konkurrenz. Allerdings dürfte dieser Fakt bereits in den vergangenen Monaten mit zu der kräftigen Kurskorrektur beigetragen haben und somit größtenteils eingepreist sein. Außerdem sehen die Ergebnisse nach wie vor gut aus, und die Deutsche Börse wächst profitabel. Dies zeigte auch die Halbjahresbilanz 2008. Zwar waren die Ergebnisse im zweiten Quartal im Vergleich zu den Rekordwerten des ersten Jahresviertels rückläufig, in den ersten sechs Monaten insgesamt stiegen sie jedoch im Jahresvergleich. Der Umsatz kletterte im Zeitraum Januar bis Juni um 13,4% auf 1,23 Mrd. Euro. Zuwächse gab es auch bei den Gewinnen und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (EBITA) verbesserte sich von 622,1 auf 800,9 Mio. Euro. Unter dem Strich verdiente der Konzern 553,6 Mio. Euro und damit 37,4% mehr als im Vorjahreszeitraum. Zwar könnte es im laufenden dritten Quartal, angesichts der anhaltenden Unsicherheit an den internationalen Finanzmärkten, zu weiteren Rückgängen beim Handelsvolumen kommen, die langfristigen Aussichten sind jedoch nach wie vor gut. Aus charttechnischer Sicht scheint zudem der Bereich um 60,00 Euro eine gute Unterstützung darzustellen. Entsprechend könnte das aktuelle Kursniveau für erste spekulative Käufe infrage kommen.