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Gerresheimer: gegen den Trend!

Der Spezialglas- und Kunststoffhersteller Gerresheimer wird offenbar nicht so stark von der Wirtschaftsflaute getroffen, wie andere Unternehmen. Nachdem der Konzern die selbst gesteckten Ziele im Geschäftsjahr 2007/08 (bis Ende November) erreichte und davon sprach, ein weiteres Rekordjahr mit wichtigen Meilensteinen abgeschlossen zu haben, will er 2009 trotz Finanz- und Wirtschaftskrise weiter wachsen.

BÖRSE am Sonntag

Der Spezialglas- und Kunststoffhersteller Gerresheimer wird offenbar nicht so stark von der Wirtschaftsflaute getroffen, wie andere Unternehmen. Nachdem der Konzern die selbst gesteckten Ziele im Geschäftsjahr 2007/08 (bis Ende November) erreichte und davon sprach, ein weiteres Rekordjahr mit wichtigen Meilensteinen abgeschlossen zu haben, will er 2009 trotz Finanz- und Wirtschaftskrise weiter wachsen.

Die Investoren nahmen die Nachrichten gut auf. Die Aktie stemmte sich in der vergangenen Woche gegen den negativen Trend am Gesamtmarkt und gehörte zu den wenigen Gewinnern in MDAX. „Nach dem Rekordjahr 2008 sieht sich Gerresheimer auch 2009 für die globalen Herausforderungen gut gerüstet“, erläuterte Firmenlenker Dr. Axel Herberg. Er verwies auf die eigene Strategie der Internationalisierung und Fokussierung, die nun Früchte trägt. Demnach hat der Konzern seinen Angaben zufolge mit dem breiten Technologieangebot und der weltweiten Präsenz eine starke Position inne.

Fokus Pharmaindustrie

Die Gesellschaft fokussiert sich vorwiegend auf die Pharma- & Life-Science-Industrie und hat sich dabei in den vergangenen Jahren durch organisches Wachstum, aber auch durch Zukäufe verstärkt. Sie entwickelt und produziert Spezialprodukte aus Glas und Kunststoff, angefangen bei Arzneimittelfläschchen bis hin zu komplexen sogenannten Drug-Delivery-Systemen. Dazu zählen Sterilspritzen, Inhalatoren und andere Systeme für eine sicherere Dosierung und Applikation von Medikamenten. Außerdem zählen zahlreiche Produkte für die Diagnostik sowie die Medizintechnik, wie Stechhilfen und Lanzetten für das Diabetes- Monitoring und Komponenten für verschiedene Analysesysteme zum Sortiment. Es wird abgerundet durch ein breites Spektrum von Spezialprodukten für den Einsatz in wissenschaftlichen und analytischen Laboren. Die Abnehmer kommen aber nicht nur aus der Pharmaindustrie, sondern auch aus den Segmenten Kosmetik-, Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, für die der Konzern Behälter und Verpackungen aus Glas und Kunststoff anbietet.

Wachstumsmärkte

Wie der Vorstand jüngst betonte, dürften auch in einer Phase des weltweiten Abschwungs die Bereiche Pharma & Life Science Wachstumsmärkte bleiben. Das Geschäft in diesen Märkten zeigte sich den Angaben zufolge auch im vergangenen Geschäftsjahr als besonders stabil und wachstumsstark, hier werden mittlerweile 75% der Umsätze generiert. Vor allem die anhaltend hohe Nachfrage nach RTF-Spritzensystemen (füllfertige Sterilspritzen) aber auch die anhaltend guten Geschäfte mit Kunststoffsystemen (Inhalatoren für die Asthmabehandlung sowie Produkte für die Diabetesdiagnose und -behandlung) waren dabei die treibenden Kräfte.

Erneutes Rekordjahr

Der Vorstand freute sich daher jüngst über ein weiteres Rekordjahr, in dem, wie er betonte, sämtliche der eigenen Ziele erreicht wurden. Der Umsatz verbesserte sich um 10,7% auf 1,06 Mrd. Euro, womit erstmals die Schwelle von einer Mrd. Euro überschritten wurde. Währungsbereinigt lag das Plus bei 12,8%. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg um 13,7% auf 206,4 Mio. Euro. Die auf dieser Basis ermittelte EBITDA-Marge verbesserte sich von 19% auf 19,5%. Zulegen konnte auch das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), das um 14,4% auf 61 Mio. Euro zunahm. Unter dem Strich verdiente Gerresheimer einen Konzerngewinn von 4,5 Mio. Euro, nach 0,8 Mio. Euro im Vorjahr. Bereinigt um Sondereffekte (zahlungsunwirksame Abschreibungen, Restrukturierungskosten usw.) kletterte der Nachsteuergewinn von 44,3 auf 61,4 Mio. Euro und das entsprechende Ergebnis je Aktie (EPS) verbesserte sich von 1,34 auf 1,83 Euro. Die Aktionäre soll nun, wie schon im vergangenen Jahr, eine Dividende von 0,40 Euro je Aktie erhalten.

Weichen gestellt

Bei Vorlage der Bilanz sprach der Vorstand zudem davon, dass Gerresheimer im vergangenen Geschäftsjahr weitere wichtige Weichen für die Unternehmensentwicklung stellte. So hat sich der Konzern im Juni 2008 vom Geschäftsfeld Consumer Healthcare getrennt. Zur Sicherung des künftigen Wachstums in ihren pharmazeutischen Kernmärkten investierte die Gesellschaft ferner in Kapazitätserweiterungen und neue Projekte, wie beispielsweise mit dem Bau einer dritten Anlage für die RTF-Spritzenproduktion oder den Aufbau der Produktion von Insulin-Pen-Systemen. Außerdem setzte Gerresheimer konsequent seine Strategie der Internationalisierung und Fokussierung fort. Der Konzern konnte sich dabei sowohl global als auch beim Sortiment verstärken. Gekauft wurden der brasilianische Hersteller für pharmazeutische Kunststoffverpackungen Allplas sowie die spanische EDP, die den Angaben zufolge im Laufe des Jahres erfolgreich integriert wurden.

Weiteres Wachstum angestrebt

Auch im Geschäftsjahr 2009 will Gerresheimer seinen erfolgreichen internationalen Kurs fortsetzen und ist trotz der allgemein herausfordernden Wirtschaftssituation zuversichtlich, die Wachstumsziele zu erreichen. Der Vorstand strebt dabei im Kerngeschäft ein weiteres deutliches Umsatzwachstum von 6% bis 7% sowie eine bereinigte EBITDA-Marge von 19% bis 19,2% an. Damit dürfte die Gewinnspanne im Vergleich zum Vorjahr leicht sinken, was der Konzern vor allem mit Einmaleffekten, wie vielen Produktanläufen sowie Generalüberholungen von Schmelzöfen begründete. Nicht zum Kerngeschäft gehört der zum Verkauf stehende Bereich Technische Kunststoffe, für den 2009 ein Umsatz von 35 bis 45 Mio. Euro erwartet wird. Laut Unternehmen läuft der Verkaufsprozess und es gibt Interessenten. Gerresheimer hatte das vergleichsweise konjunkturanfällige Geschäft, das nicht die Renditeanforderungen des Konzerns erfüllt, bereits im dritten Quartal vollständig abgeschrieben und zur Disposition gestellt. In dem Bereich bedient Gerresheimer vorwiegend Zulieferer der Automobilindustrie mit Systemkomponenten. Der Verkaufsprozess sollte früheren Angaben zufolge im ersten Quartal 2009 abgeschlossen werden. Ob dieser Zeithorizont eingehalten werden kann, konnte der Vorstand jüngst aber nicht sagen und verwies auf die derzeit schwierigen Bedingungen.

Spekulativer Kauf

Gute Ergebnisse im vergangenen Geschäftsjahr und ein recht vielversprechender Ausblick auf das laufende Jahr deuten auf ein vergleichsweise konjunkturresistentes Geschäftsmodell hin. Trotz der allgemein schwierigen Wirtschaftssituation scheint der Konzern somit gut gerüstet, sodass er womöglich nicht so stark von der Krise getroffen wird. Das Unternehmen will zudem weiter in attraktive Wachstumsmöglichkeiten investieren, die Produktionsprozesse verbessern und die Kapazitäten in den Kerngeschäften ausbauen. Mit den jüngsten Nachrichten könnte der Konzern die Ende 2008 aufgekommenen Sorgen etwas entkräften, dass das Geschäft von Gerresheimer womöglich zyklischer ist als gedacht. Vielleicht kann sich daher nun die seit Ende Januar auszumachende Aufwärtstendenz fortsetzen, sodass eventuell spekulative Long-Positionen infrage kommen könnten. Das erste Kursziel würde dabei der Widerstand bei 20,54 Euro darstellen. Ein Sprung darüber könnte die nächste Hürde bei 22,15 Euro in den Fokus rücken lassen.