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Netflix-Aktie mit Befreiungsschlag

Mit milliardenschweren Investitionen hat der amerikanische Streamingdienst im vergangenen Quartal mehr Kunden angelockt als von Experten erwartet. Und das Wachstum sei noch lange nicht vorbei. Was Anleger über Netflix wissen sollten und wie rosig die Zukunft des Unternehmens wirklich ist.

BÖRSE am Sonntag

Mit milliardenschweren Investitionen hat der amerikanische Streamingdienst im vergangenen Quartal mehr Kunden angelockt als von Experten erwartet. Und das Wachstum sei noch lange nicht vorbei. Was Anleger über Netflix wissen sollten und wie rosig die Zukunft des Unternehmens wirklich ist.

Netflix and Chill. Das, was bei Jugendlichen längst als geflügelter Ausdruck für einen entspannten Fernsehabend steht, könnte in diesen Tagen Motto der Anteilseigner werden, die mit Blick auf die Kursentwicklung der Aktie genug Grund zum – wie es die U30-Generation so gerne sagt – chillen haben, also: zur Entspannung. Denn nach Bekanntgabe der dritten Quartalszahlen am vergangen Dienstag ist die Aktie im nachbörslichen Handel um saftige 14 Prozent auf rund 370 Dollar gestiegen. Damit nähern sich die Papiere dem Septemberhoch von 387,53 Dollar. Viele Investmentbanken korrigieren das Kursziel deshalb kurzum nach oben. So auch Morgan Stanley, die 475 Dollar je Anteilsschein als Ziel ausgibt. Der Grund: In den Monaten Juli bis September gewann Netflix sieben Millionen neue Kunden.

Mit diesem Ergebnis übertrifft das Unternehmen die Analystenerwartungen um mehr als 1,8 Millionen. Auch der Nettogewinn überrascht. Dieser ist im abgelaufenen Quartal auf 402,8 nach 129,6 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum gestiegen, während der Umsatz im Jahresvergleich um 34 Prozent auf knapp vier Milliarden Dollar sprang. Woher kommen die steigenden Nutzerzahlen? 2018 investiert Netflix mehr als acht Milliarden Dollar in eigens produzierte Serien und Filme. Dazu zählen beispielsweise die beim Publikum beliebten Serien „Orange is the New Black“ und „Bojack Horseman“. Insgesamt 676 Stunden mehr Eigenproduktionen habe die Onlineplattform im Vergleich zum Vorjahr angeboten, verkündete der US-Konzern am vergangenen Dienstag. Das entspricht einem Anstieg von 135 Prozent – Wachstum, wie es Börsianer lieben.

Für das laufende Quartal rechnet CEO Reed Hastings mit insgesamt 9,4 Millionen neuen Zuschauern. Davon würden 1,8 Millionen aus dem Heimatmarkt und 7,6 Millionen aus anderen Ländern kommen. Der Streamingdienst würde bei der Zahl der Nettoneukunden in diesem Jahr damit einen Rekordwert erreichen, prognostiziert der Benjamin Swinbume von Morgan Stanley. Netflix sei erfolgreich in neue Genres expandiert und gleichzeitig in Regionen wie Indien gewachsen, so der Analyst weiter. Das freut die Anleger, die sich im zweiten Quartal noch enttäuscht gezeigt hatten, worauf die Aktie einbrach. Verfehlte Prognosen weckten die Sorge, Netflix könnte Wachstumsprobleme haben. Sind diese Befürchtungen mit Bekanntgabe der neuen Quartalszahlen nun komplett vom Winde verweht? Wohl kaum.

Die exklusiven Inhalte, mit denen das Unternehmen Nutzer anlockt, haben ihren Preis. Und dieser ist nicht günstig. In weniger als drei Jahren hat Netflix Anleihen im Nettoumfang von 7,5 Milliarden Dollar ausgegeben. Laut Tuna Amobi von CFRA dürfte dies irgendwann zum Problem werden: „Steigende Zinsen könnten Netflix zunehmend anfällig für höhere Kapitalkosten machen“. Hinzu kommt, dass die Plattform der Konkurrenz finanzstarker Unternehmen wie Amazon und Apple ausgesetzt ist. Und der Markt dürfte noch umkämpfter werden, wenn Walt Disney und AT&T 2019 – so wie geplant – eigene Streamingdienste anbieten.

Weniger Angst sollte Netflix vor klassischen Fernsehanbietern haben. Diese schauen nach wie vor in die Röhre, weil Streamingdienste einfach billiger sind. Dazu kommt, dass Internetplattformen sehr erfolgreich Nutzerdaten sammeln, mithilfe derer Empfehlungssysteme arbeiten. Praktisch sieht das so aus: Eine Software speichert und analysiert Daten, dadurch entstehen Sehprofile der Kunden. Diese helfen Netflix einerseits, Abruf-Anstürme vorherzusehen und andererseits – was noch viel wichtiger ist - zugkräftige Inhalte für die Eigenproduktionen zu generieren. Kurzum: Nutzer zahlen mit ihren Daten, Netflix serviert maßgeschneiderte Inhalte.

Ein Aufwärtstrend der Netflix-Aktie zeichnet sich ab. Darüber sollten sich Anleger und jene, die es noch werden wollen, freuen. Mittel- und langfristige Kurse um 470 Dollar dürften mit Blick auf die steigenden Nutzerzahlen realistisch sein. Das Haar in der Suppe: Hohe Anleihen, die mit steigenden Zinsen zum Problem werden könnten. Derzeit ist sind die Anteilsscheine des Streamingdienstes aus Amerika aber ein gutes Investment. Also, Netflix and Chill. Florian Spichalsky