Deutsche Bank: Posthorn tutet nicht mehr
Die Deutsche Bank trennt sich von ihrer Mehrheit an der Postbank. Das hat das Institut nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrats am Freitagabend bekanntgegeben. Der Umbau des im Dax gelisteten Konzerns nimmt Form an.
Die Deutsche Bank trennt sich von ihrer Mehrheit an der Postbank. Das hat das Institut nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrats am Freitagabend bekanntgegeben. Der Umbau des im Dax gelisteten Konzerns nimmt Form an.
Die Deutsche Bank trennt sich sieben Jahre nach ihrem Einstieg bei der Postbank von der Mehrheit des Bonner Instituts. Der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns beschloss den Kurswechsel am Freitag in einer mehrstündigen Sondersitzung, wie das Geldhaus am Abend in Frankfurt mitteilte. Die Postbank werde „entkonsolidiert“, hieß es in der Mitteilung der Bank. Damit hält sich das Institut die Art der Trennung offen. Möglich ist ein Komplettverkauf oder auch die Platzierung größere Aktienpakete an der Börse. Die Bank wolle ihren Anteil an dem Bonner Institut „mindestens unter 50 Prozent verringern“, erklärte ein Sprecher. Auch das schwankungsanfällige Investmentbanking muss Federn lassen und seine Geschäfte reduzieren. Der Konzern kündigte zudem an, seine Auslandsaktivitäten stärker zu konzentrieren. Als Käufer für die Postbank ist das spanische Bankhaus Santander im Gespräch.
Die Deutsche Bank reagiert mit ihrer neuen Strategie auf die immer strengeren Anforderungen der Aufseher zum Beispiel in Sachen Kapitalausstattung. Zudem hofft das Management, das eine geschrumpfte Universalbank wieder dauerhaft profitabler sein kann. Über Wochen und Monate hatten Aufsichtsrat und Vorstand um den künftigen Kurs gerungen. Auf dem Tisch lag auch eine noch radikalere Variante: Eine Abtrennung des kompletten Privatkundengeschäfts inklusive der Filialen unter der Kernmarke Deutsche Bank. Der Konzern hätte sich in diesem Modell wie erfolgreiche US-Konkurrenten auf Kapitalmarktgeschäft, Zahlungsverkehr und Vermögensverwaltung für Reiche konzentriert. Vor diesem Schritt scheute das Institut aber doch zurück. Stattdessen kündigte das Institut nun an, in das Privatkundengeschäft unter der Marke Deutsche Bank zu investieren. Weiter ausgebaut werden soll das erfolgreiche Transaktionsgeschäft für große Kunden.
Bei der Postbank war die Deutsche Bank mitten in der Finanzkrise im September 2008 mit knapp 30 Prozent als größter Einzelaktionär eingestiegen. Gut zwei Jahre später sicherte sich Deutschlands größtes Geldhaus die Mehrheit an dem Bonner Institut. Zuletzt kontrollierte die Deutsche Bank 94,1 Prozent der Postbank-Anteile. Mit der Übernahme der auf Privatkunden spezialisierten einstigen Post-Tochter wollte der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann den Deutsche-Bank-Konzern unabhängiger vom schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft machen. Gut sechs Milliarden Euro kostete der Deal, die hohen Erwartungen erfüllten sich jedoch nie. Angestrebt war, den Vorsteuergewinn der um 14 Millionen Kunden erweiterten Privatkundensparte mittelfristig auf drei Milliarden Euro zu steigern. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 1,3 Milliarden.
Auch die Ziele der seit Juni 2012 amtierenden Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen wurden nicht erreicht: Der Konzern wirtschaftet bei weitem nicht so profitabel wie erhofft. Ursprünglich wollte die Bank mit eingesetztem Kapital zwölf Prozent nach Steuern verdienen, im vergangenen Jahr lag die Rendite bei 2,7 Prozent. Die Kosten für Rechtsstreitigkeiten sind größer als angenommen und zwingen die Deutsche Bank zu immer neuen Milliardenrückstellungen. Erst am Donnerstag hatten britische und amerikanische Behörden die Bank wegen ihrer Verwicklung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze zu einer Strafe von 2,5 Milliarden Dollar verdonnert.
Die Belastungen für die Deutsche Bank haben am Aktienkurs des größten Bankhauses hierzulande deutlich Spuren hinterlassen. Während sich der DAX im letzten Vierteljahr deutlich – um rund ein Fünftel – erhöhte, blieben die Anteile der Frankfurter Bank quasi unverändert – sie wurden schlichtweg abgehängt. Auch die extrem niedrigen Zinsen und der harte Wettbewerb im Privatkundengeschäft in Deutschland gehen am heimischen Branchenprimus nicht spurlos vorüber.
Doch damit nicht genug. Ins Visier der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind auch Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause geraten, weil sie die auf dem CO2-Betrug basierende Steuererklärung für das Jahr 2009 unterzeichnet hatten. Die Bank erklärt, sie habe die Erklärung rechtzeitig und freiwillig korrigiert. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt bereits gegen 26 Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter der Bank im Zusammenhang mit einem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell mit CO2-Emissionsrechten. Die Bank war demnach Teil eines internationalen Systems, mit dem Händler im Jahr 2009 zu Unrecht mindestens 800 Millionen Euro Umsatzsteuer kassiert hatten.
Die illegalen Geschäfte fanden im Investmentbanking statt, das damals vom heutigen Co-Chef Jain geleitet wurde. Bei 17 der 26 Beschuldigten gehe es um den Verdacht der Steuerhinterziehung, bei fünf um Geldwäsche. Gegen vier Beschuldigte wird wegen des Verdachts der Strafvereitelung ermittelt. Bislang sind am Frankfurter Landgericht im CO2-Verfahren acht Männer jeweils zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
Zu guter Letzt wird sich, um eine weitere Belastung für die Bank zu nennen, Co-Vorstand Fitschen ab Dienstag nächster Woche wegen der Entschädigungssumme für die Kirch-Erben in München vor Gericht stehen. Die Aktie der Deutschen Bank kam derweil in den letzten Wochen, in den die übrigen Werte im DAX fast alle haussierten, überhaupt nicht vorwärts. Das könnte ein Menetekel für die nächsten Monate sein: die Aktie der Deutschen Bank ist derzeit günstig bewertet – aber sie dennoch kein Kauf.
Handelsblatt / Michael Maisch / sig