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Aktien > Ergebnisse deutlich besser als erwartet

Alphabet-Zahlen: Auftakt des Big Tech-Comebacks?

(Foto: picture alliance / dpa / Matthias Balk)

Der Google-Mutterkonzern überrascht mit einem bärenstarken Quartal. Die Zahlen könnten am Markt zum Dosenöffner werden.

Im Chart der Alphabet-Aktie zeigt sich die jüngste Flucht der Anleger aus Big Tech besonders deutlich. Binnen zwei Monaten, von Anfang Februar bis Anfang April, war der Kurs um 33 Prozent abgestürzt. Erst hatte der DeepSeek-Schock die KI-Rally unsanft ausgebremst, dann kamen Trumps Zollankündigungen in Verbindung mit neu aufkeimenden Sorgen um eine US-Rezession und das Risiko einer wieder anziehenden Inflation hinzu. Möglicherweise zu hohe Erwartungen im KI-Bereich, die Aussicht auf wieder steigende oder zumindest weniger stark fallende Zinsen und geringeres Wirtschaftswachstum vermengten sich zu einem giftigen Cocktail. Investoren brachten ihre Gewinne in Sicherheit. In kürzester Zeit gingen Big Tech so mehrere Billionen US-Dollar Börsenwert flöten.

Trotzdem, dass Trump seine Zollpolitik wenige Tag nach ihrer Ankündigung wieder aussetzte, wollte eine spürbare Erholung in den Aktienkursen der Magnificent Seven, darunter Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet, Meta, Tesla und Nvidia, daraufhin nicht gelingen. Anleger blieben vorsichtig. Zu unsicher erschien die wirtschaftspolitische Weltlage, insbesondere mit Blick auf China. Gegenüber der Volksrepublik zeigte sich Trump beim Thema Zölle hart, womit sich beide Länder in kürzester Zeit mit immer neuen und höheren Einfuhr-Aufschlägen gängelten.

Diese abwartende Haltung unter Anlegern, hat dazu geführt, dass die Aktien von Big Tech inzwischen wieder deutlich moderater bewertet sind. Insbesondere die Alphabet-Aktie wirkt mit einem für 2025 erwarteten KGV von 17,6 fast schon günstig. Haben sich hier also Einstiegschancen aufgetan, die noch vor wenigen Monaten kaum jemand mehr für möglich gehalten hat?

Die frischen Alphabet-Quartalszahlen legen zumindest nahe, dass es in der Branche 2025 realwirtschaftlich besser laufen könnte, als dies die abgestraften Aktienkurse vermuten lassen. Der Mutterkonzern von Google erzielte in den ersten drei Monaten des Jahres ein Umsatzplus von zwölf Prozent auf 90,23 Milliarden Dollar, der Gewinn klettere um 46 Prozent auf 34,54 Milliarden Dollar. CEO Sunder Pichai kündigte einen 70 Milliarden Dollar schweren Aktienrückkauf und eine Erhöhung der Quartalsdividende um fünf Prozent an.

Der deutlich Ergebnisanstieg ging in nicht unerheblichen Teilen allerdings auf eine Aufwertung von Anteilen an einem nicht börsennotierten Unternehmen zurück. Dabei dürfte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Elon Musks SpaceX handeln. An der Weltraumfirma des Tesla-Gründers hatte sich Alphabet vor vielen Jahren via Finanzierungsrunde beteiligt.

Für Anleger von entscheidenderer Bedeutung: Alphabets Kerngeschäft läuft weiter mehr als rund. Die Anzeigen-Einnahmen stiegen im ersten Quartal um 8,5 Prozent auf 66,89 Milliarden Dollar. Das war deutlich mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Trotz der Konkurrenz um Large-Language-Models (LLM) wie ChatGPT, bleibt die Suchmaschinensuche via Google also eine Cash-Cow. Google ist neben dem Videoportal Youtube für weite Teile der Anzeigenerlöse von Alphabet verantwortlich.

Dabei kommen dem Internetgiganten aus dem Silicon Valley nicht zuletzt die eigenen Fortschritte in Sachen KI zugute. Das Geschäft wachse dank der mit Hilfe von KI erstellten Suchergebniszusammenfassungen stark, wies CEO Pichai am Rande der Zahlenvorlage auf die Bedeutung der revolutionären Technologie hin. Schafft es Alphabet sein eigenes LLM Gemini so mit Google zu verschmelzen, dass Nutzer Internetsuche und KI-Chatbot perfekt vereinen können, ist das Wachstumspotenzial auf Dauer groß.

Neben der Implementierung von KI auf Nutzerseite, setzt Alphabet die Technologie auch hinter der Oberfläche ein. Pichai erklärte, dass mittlerweile mehr als 30 Prozent des Software-Codes hinter Google von KI geschrieben werde. Im Anschluss würde dieser nur noch von Menschenhand überarbeitet. Das spart unzählige Arbeitsstunden von Programmierern ein, die viel Geld kosten.

Mit Blick auf die starken Quartalszahlen hält RBC-Analyst Brad Erickson die „Angst vor dem Tod“ des Tech-Riesen für völlig überzogen. Er lobt die besser als erwartetet ausgefallenen Ergebnisse, die voranschreitenden KI-Entwicklungen und beließ sein Kursziel bei 200 US-Dollar. Damit hätte die Alphabet-Aktie nach einem Anstieg von rund drei Prozent infolge der Zahlenvorlage noch ein Kurspotenzial von 20 Prozent. Setzte Alphabet den Trend fort, halte er die Bewertung definitiv für zu niedrig, schrieb Erickson. Auch JPMorgan-Experte Douglas Anmuth lobte das zurückliegende Quartal und dabei vor allem die KI-Innovationen des Konzerns. Er hob sein Kursziel von 180 auf 195 Dollar an.

Auch wenn die Einnahmen in der Cloud-Sparte von Januar bis März mit einem Plus von 28 Prozent nicht ganz so stark wuchsen wie vom Analystenkonsens erwartet, scheint Alphabet doch weit besser in der Spur, als es der Aktienkurs im Vorfeld erwarten ließ. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es auch kommende Woche positive Überraschungen gibt, wenn Microsoft, Apple, Amazon und Meta ihre Zahlen für das erste Quartal vorlegen.

Die Alphabet-Zahlen könnten also ein erster Dosenöffner in Richtung Big Tech-Erholung an der Wall Street sein. Durch die erheblichen Verluste in den vergangenen zwei Monaten dürfte viel Schlechtes in den Kursen eingepreist sein und eine sich fortsetzende, starke Ergebnissaison könnte auch viele größere Investoren wieder vermehrt bei den Tech-Konzernen zugreifen lassen. Schließlich handelt es sich bei Alphabet & Co. immer noch um einige der umsatz- und gewinnstärksten Unternehmen der Welt. Es gibt im Normalfall immer Kursniveaus, zu denen solche Aktien wieder eingekauft werden.

Zwar lasten auf Big Tech aktuell auch die intensivierten Ermittlungen rundum mögliche Monopolstellungen. Alphabet wurde von einem Gericht jüngst wegen des vorsätzlichen Anstrebens der Erlangung und des Aufrechterhaltens von Monopolmacht schuldig gesprochen. Es geht dabei um den Markt für Online-Werbung. Doch Kartellklagen gegen die großen Tech-Multis gab es in den USA in der Vergangenheit immer wieder. Bis zu endgültigen Schuldsprüchen können Jahrzehnte vergehen, da sich im Zweifel durch alle Instanzen geklagt werden wird. Zudem haben die USA auch ein Interesse daran ihre führenden Tech-Unternehmen nicht im Konkurrenzkampf mit Chinas ähnlich marktmächtigen Konzernen zu schwächen. Inwieweit die Monopol-Streitigkeiten also kurz- bis mittelfristig tatsächlich die Aktienkurse drücken können, darf in Frage gestellt werden.

 

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