ANDRITZ peilt neue Bestmarken an
Die Aktie des österreichischen Technologiekonzerns setzte in der vergangenen Woche zunächst ihre Rekordfahrt fort. Angetrieben wurde sie von positiven Geschäftszahlen und -aussichten, was durch die am Freitag der Vorwoche vorgelegten Quartalszahlen unterfüttert wurde. Sowohl fundamental als auch charttechnisch schien das ANDRITZ-Papier damit interessant zu sein.
Die am Freitag der Vorwoche veröffentlichten Zahlen zum Auftaktquartal 2011 konnten sich wahrlich sehen lassen. ANDRITZ verzeichnete eine starke Geschäftsentwicklung und konnte alle relevanten Ergebnisse im Jahresvergleich steigern, teilweise sogar sehr deutlich. Beispielsweise schnellte der Auftragseingang um 83,4% auf 1,67 Mrd. Euro nach oben. Dies führte dazu, dass die Orderbücher Ende März mit 6,39 Mrd. Euro so prall gefüllt waren wie noch nie in der Firmengeschichte. Der Rekordwert von Ende 2010 (5,29 Mrd. Euro) wurde damit um 20,7% übertroffen. Deutlich gewachsen ist auch der Umsatz, der sich im Zeitraum Januar bis März um 26,1% zum Vorjahreszeitraum auf 923,7 Mio. Euro verbesserte. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (EBITA) legte ferner um 28,4% auf 56,1 Mio. Euro zu. Unter dem Strich verdiente ANDRITZ mit 38,8 Mio. Euro 30,2% mehr. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die eigenen Produkte offenbar weiterhin stark gefragt sind.
Fünf Bereiche
Der Technologiekonzern bezeichnet sich selbst als einer der weltweit führenden Lieferanten von maßgeschneiderten Anlagen, Systemen und Dienstleistungen für Wasserkraftwerke, die Zellstoff- und Papierindustrie, die Stahlindustrie sowie andere Spezialindustrien. Unterteilt sind die Aktivitäten in fünf Geschäftsbereiche. Die mit einem Anteil von 44% (2010) nach Umsatz größte Einnahmequelle ist der Bereich HYDRO. Hier bietet ANDRITZ elektromechanische Komplettlösungen sowie Services für Wasserkraftwerke. Zum Sortiment gehören ferner Pumpen für die Zellstoff- und Papierindustrie sowie Komponenten für die Weltraumtechnik, darunter für das europäische ARIANE-Raumfahrtprogramm. In der zweitgrößten Säule PULP & PAPER (31%) entwickelt und produziert das Unternehmen Anlagen und Systeme für die Produktion nahezu aller Arten von Zellstoff, für die Herstellung von Papier, Karton und Faserplatten sowie Spezialmaschinen für die Herstellung von Tissue-Papier. Auf etwa 11% Umsatzanteil kam 2010 der Bereich ENVIRONMENT & PROCESS, der ein umfassendes Spektrum an Technologien, Produkten und Dienstleistungen zur mechanischen und thermischen Fest-/Flüssigtrennung für Kommunen und wichtige Industrien (Bergbau, Stahlindustrie) abdeckt. Gut 10% entfielen auf das Geschäftsfeld METALS, das Anlagen für die Herstellung von Kaltband und Warmband aus Kohlenstoffstahl, Edelstahl und Nichteisenmetallen einschließlich Regenerations- und Oxidanlagen plant, entwickelt und errichtet. Darüber hinaus werden Anlagen für die Stanz- und Umformtechnik erzeugt. Kleinste Säule im Konzern ist die Sparte FEED & BIOFUEL (Umsatzanteil: 4%). Sie liefert Systeme und Maschinen zur industriellen Herstellung von herkömmlichem Tierfutter und hochwertigem Spezialfutter. Zudem hat man hier eine führende Stellung bei Anlagen zur Holzpelletierung.
Potenziale und Chancen
Eigenen Angaben zufolge zählt ANDRITZ in allen fünf Geschäftsbereichen zu den Weltmarktführern. Diese Positionen will der Konzern festigen und ausbauen. Er setzt dabei auf Märkte, die über ein langfristiges und nachhaltiges Wachstumspotenzial verfügen. Der Fokus liegt insbesondere auf schnell wachsenden Segmenten wie beispielsweise den erneuerbaren Energien und hier insbesondere auf den Bereichen Wasserkraft und Biomasse. Vor allem die Wasserkraft, die zwar bereits den Löwenanteil an den erneuerbaren Energiequellen (etwa 85%) ausmacht, hat weiterhin große Reserven. Zum einen weil weltweit erst rund ein Drittel des hier vorhanden Potenzials genutzt wird. Eine Reihe von kleinen und großen Kraftwerken befindet sich derzeit in Planung und Bau. Zum anderen beflügelt der Ausbau anderer witterungsabhängiger und damit schwankender „grüner“ Energiequellen wie Wind und Sonne den Bedarf an Speichermöglichkeiten wie Pumpspeicherkraftwerken. Abgesehen von neuen Anlagen im Bereich Wasserkraft besteht zudem ein hoher Bedarf an Modernisierungen und Kapazitätsausweitungen bei den teilweise recht alten bestehenden Kraftwerken. Erklärtes Ziel von ANDRITZ ist es, langfristig mehr als 50% des Umsatzes im Bereich erneuerbare Energien zu generieren. Chancen bieten aber auch die Märkte für Edelstahl oder spezielle Papiersorten angesichts globaler Trends wie wachsender Weltbevölkerung, Urbanisierung und dem rasanten Wirtschaftswachstum sowie zunehmendem Wohlstand in Schwellenländern.
Profitables Wachstum
Bei seinem Wachstumsvorhaben setzt der Konzern auch weiterhin auf ergänzende Zukäufe, die das bestehende Portfolio an Produkten, Verfahrenstechniken und Service-Leistungen ergänzen. Ziel ist es, in allen Geschäftsbereichen Komplettanbieter mit Gesamtprozess-Kompetenz zu sein. ANDRITZ setzt damit die seit 1990 verfolgte Akquisitionsstrategie fort. Dabei im Blick bleibt das übergeordnete Ziel eines fortgesetzten langfristigen profitablen Wachstums. Der Umsatz soll um durchschnittlich 10% pro Jahr wachsen, basierend auf organischer Expansion sowie Akquisitionen. Im Zeitraum 2001 bis 2010 kletterten die Erlöse um durchschnittlich 12% jährlich. Rund die Hälfte davon fußte auf organischem Wachstum. Daneben will ANDRITZ eine EBITA-Marge von durchschnittlich 7% über den Zyklus hinweg erzielen. 2010 waren es 8,6%.
Neue Spitzenwerte erwartet
Angesichts der Ergebniszuwächse im ersten Quartal sollten im Gesamtjahr 2011 die genannten Ziele mindestens erreicht werden. Zuversichtlich zur erwarteten weiteren Geschäftsentwicklung zeigte sich auch Firmenlenker Wolfgang Leitner. Er rechnet mit Ausnahme des Bereichs METALS, in dem zumindest bis zum Jahresende eine Fortsetzung der verhaltenen Projekt- und Investitionstätigkeit erwartet wird, in allen anderen Geschäftsbereichen unverändert mit einem guten Marktumfeld und solider Projektaktivität. Hinzu kommen die prall gefüllten Orderbücher, sodass der Vorstand aus heutiger Sicht mit einem deutlichen Umsatzanstieg gegenüber 2010 rechnet und auch beim Profit von einer Steigerung ausgeht. Es dürfen somit wohl neue Spitzenwerte erwartet werden. Der bisherige Rekordumsatz stammte von 2008 und lag bei 3,61 Mrd. Euro. 2010 hatte ANDRITZ 3,55 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die bisherigen Bestmarken bei EBITA (307,3 Mio. Euro) und Überschuss (177 Mio. Euro) wurden 2010 erzielt.
Fazit
Die am Freitag der Vorwoche vorgelegten Quartalszahlen zeugen von derzeit glänzenden Geschäften. Zudem scheinen die Aussichten bestens. Es verwundert daher nicht, dass es jüngst etliche positive Analysteneinschätzungen gab und die Aktie hoch in der Gunst der Investoren stand, sie gar auf neue Allzeithochs kletterte. Nachdem sie in der Vorwoche bereits kurz und knapp über das im Januar dieses Jahres markierte bisherige Allzeithoch von 71,40 Euro lugte, wurde diese Hürde zunächst dynamisch überwunden. Der Kurs kam dann aber wieder zurück. Gelänge ein nachhaltiger Ausbruch, wäre der Weg für weiter steigende Notierungen wohl frei. Die glänzende Ergebnisentwicklung und das aussichtsreiche Geschäftsmodell könnten dann trotz der erreichten Höhen und damit nicht mehr ganz so günstigen Bewertung Argumente für spekulative Käufe liefern, die im Bereich von 64,50 Euro abgesichert werden.