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Bayer: Die Kunststoffsparte boomt

Die deutsche Chemieindustrie fährt mit Volldampf aus der Krise und hat ihre Prognosen für das Gesamtjahr deutlich angehoben. "Ein rasantes Comeback", kommentierte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Ulrich Lehner, jüngst die Entwicklung. Im zweiten Quartal setzte sich die Erholung mit einem kräftigen Umsatz- und Produktionsschub fort. Für das zweite Halbjahr seien zwar geringere Wachstumsraten zu erwarten. Wegen der überraschend starken Dynamik im zweiten Quartal rechnet der VCI nun aber für das Gesamtjahr 2010 mit einem Produktionsanstieg um rund 11%. Der allgemein positive Grundtenor spiegelt sich auch beim Chemie- und Pharmakonzern Bayer wider.

BÖRSE am Sonntag

 

Im zweiten Quartal dieses Jahres konnte Bayer den Umsatz und das Ergebnis deutlich steigern. Der Umsatz legte in diesem Zeitraum um knapp 15% auf 9,18 Mrd. Euro zu, das EBITDA vor Sondereinflüssen kletterte um 8,6% und erreichte 1,92 Mrd. Euro. Der Quartalsgewinn sank allerdings von 532 auf 525 Mio. Euro.

„MaterialScience hat die Krise hinter sich gelassen und konnte sein Geschäft stärker ausweiten als erwartet. Die Absatzmengen lagen wieder auf Vorkrisenniveau“, kommentierte der Bayer-Vorstandsvorsitzende, Werner Wenning, unlängst die Zahlen. Der Bereich produziert Kunst- und Werkstoffe, die unter anderem in der Autoindustrie verwendet werden. In der Sparte HealthCare wurde der Umsatz leicht verbessert, das Ergebnis erreichte die Größenordnung des Vorjahres. CropScience, die Sparte für Saatgut und Pflanzenbehandlung, musste in einem wettbewerbs- und witterungsbedingt schwierigen Marktumfeld Mengen- und Preiseinbußen verkraften. Dennoch bestätigten die Leverkusener den im April angehobenen Ausblick für das Gesamtjahr. So soll das EBITDA auf über 7 Mrd. Euro steigern. Beim Umsatz rechnet der Konzern mit einem Wachstum von über 5%, bereinigt um Währungsschwankungen sowie um Zu- und Verkäufe.

Produktpipeline sorgt für Impulse

Kürzlich sorgte Bayer mit guten Nachrichten aus der Medikamenten-Pipeline für Aufsehen. So macht das Unternehmen offenbar Fortschritte bei der Entwicklung seines Gerinnungshemmers Xarelto. Das Mittel wird derzeit zur Behandlung von Venenthrombosen eingesetzt, soll aber künftig auch bei der Therapie von Schlaganfällen verwendet werden. Dieses Einsatzgebiet ist deutlich umfangreicher, weshalb der Markt auf jüngste Studienergebnisse positiv reagierte. So zeigten Studiendaten, dass der Gerinnungshemmer ebenso sicher ist wie eine Standardtherapie. Anzeichen für Leberschäden habe es nicht gegeben, hieß es. Diese werden von Experten bei neuen Gerinnungshemmern befürchtet. Das Unternehmen entwickelt den Wirkstoff Rivaroxaban, der unter dem Handelsnamen Xarelto verkauft wird, gemeinsam mit der amerikanischen Firma Johnson & Johnson und setzt große Hoffnungen auf das Produkt. Umsätze in Höhe von über 2 Mrd. Euro jährlich sollen damit möglich sein, wenn man alle Anwendungsgebiete einbezieht. Im November will Bayer auf einem medizinischen Kongress in den USA Ergebnisse aus dem sogenannten Rocket AF-Test präsentieren, bei dem es um Schlaganfallvorbeugung geht. Allerdings ist Bayer nicht der einzige Pharmakonzern, der sich dem Thema Schlaganfälle widmet, auch die Wettbewerber forschen eifrig und sind teilweise sogar schon weiter fortgeschritten.

Doch das ist nicht die einzige positive Nachricht der Leverkusener. Bayer hat von der Europäischen Kommission die Zulassung für eine neue Variante des Potenzmittels Levitra erhalten. Ab November 2010 soll das Mittel in Europa auch als Schmelztablette mit Minzgeschmack erhältlich sein, für mehr Diskretion und angenehme Einnahme. Weltweit hat Bayer mit Levitra im Jahr 2009 360 Mio. Euro umgesetzt.

Sorgen bereitet dagegen der Patentstreit zwischen Watson Pharmaceuticals und Bayer in den USA um das Verhütungsmittel Yasmin, wobei hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein dürfte. „Wir prüfen derzeit unsere rechtlichen Möglichkeiten und werden unser geistiges Eigentum verteidigen“, sagte jüngst eine Sprecherin von Bayer Schering Pharma. Bayer möchte dem US-Konzern Watson verbieten, eine Nachahmer-Version von Yasmin auf den Markt zu bringen, weil man den Patentschutz des Originals verletzt sieht. Weltweit brachte Yasmin den Leverkusenern Erlöse in Höhe von 1,28 Mrd. Euro. Ein Antrag Bayers, der verhindern sollte, dass Watson die Zulassung für sein Generika-Produkt beantragt, wurde von einem amerikanischen Gericht abgewiesen. Aus Sicht von Analysten trübt sich dadurch zwar die Marktstimmung, doch größere Schäden werden nicht befürchtet. So sei der Generika-Wettbewerb in den Gewinnschätzungen zumindest teilweise eingepreist, hieß es.

Mehrheit der Analysten ist positiv gestimmt

Die positive Grundstimmung zur Bayer-Aktie schlägt sich in einigen Analystenkommentaren nieder. M.M.Warburg hat die Einstufung für die Aktie von Bayer auf „Buy“ mit einem Kursziel von 56,00 Euro belassen. Die detaillierten Daten der Phase-III-Studie des Mittels Xarelto mit dem Wirkstoff Rivaroxaban reflektierten das zukünftige Potenzial des Gerinnungshemmers, schrieb Analyst Ulrich Huwald Anfang dieser Woche. Die derzeitige Bewertung der Aktie spiegele hingegen nicht den möglichen Erfolg von Xarelto wider, hieß es in der Studie. Für 2010 liegt das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis indes bei rund 12.

Ähnlich argumentiert Florent Cespedes, Analyst von Exane BNP Paribas, der den Titel weiterhin mit „outperform“ einstuft. Bei der Therapie von Venenthrombosen würden die Vorteile von Xarelto im Vergleich zum Konkurrenzmittel Pradaxa weit über die reine Wirksamkeit hinausgehen. Angesichts der erwarteten positiven Nachrichten erachte man den Titel für unterbewertet. Am Kursziel von 57,00 Euro werde festgehalten.

Diese Ansicht teilen die Analysten von Goldman Sachs und sprachen eine Kaufempfehlung für die Aktie aus (Kursziel 60 Euro). Nachdem die Bayer-Aktie in den vergangenen 18 Monaten deutlich hinter dem Chemiesektor hinterhergelaufen sei, spiegele die aktuelle Bewertung das Aufwärtspotenzial nicht wider, so die Begründung. Potenzial ergebe sich ihrer Meinung nach aus der Pipeline des Unternehmens und längerfristig betrachtet aus der starken Marktstellung, aus der heraus Bayer besonders von übergeordneten Trends profitieren werde.

Aus charttechnischer Sicht konnte sich die Bayer-Aktie in den zurückliegenden sechs Wochen von ihrem Tief bei 44,12 Euro erholen und notiert aktuell um die 49-Euro-Marke. Die 200-Tage-Durchschnittslinie verläuft bei 49,47 Euro. Es bestehen gute Chancen, dass der Titel vor dem Hintergrund der positiven Analystenkommentare seinen Aufwärtstrend fortsetzt und sich langsam dem 1-Jahres-Hoch bei 56,63 Euro vom Ende letzten Jahres annähert.

Fazit

Bayers Zahlen zum zweiten Quartal fielen überzeugend aus, was vor allem der Kunststoffsparte des Konzerns geschuldet ist. Im Pharmabereich zeigen sich exemplarisch die Herausforderungen, mit denen auch andere Branchengrößen kämpfen: Generika-Konkurrenz und auslaufende Patente. Dennoch gilt der Pharmasektor als relativ krisensicher. Für Anleger mit langfristigem Zeithorizont dürfte Bayer ein interessanter Wert sein.