BMW muss einen Gang zurückschalten
Die Aktie von BMW wirkt derzeit schwächer als das Daimler-Papier. Das Europageschäft schwächelt, aber in Übersee läuft es gut. Analysten raten dennoch zum Kauf. Neue Kursfantasie durch Elektrostrategie?
Rabattschlacht drückt die Kurse
Angesichts der Flaute versucht auch BMW, Käufer mit Preisnachlässen zu locken. Zu Premiumfahrzeugen passten zwar keine hohen Nachlässe, "der Wettbewerb ist jedoch sehr intensiv, weshalb auch wir uns von der Marktentwicklung nicht ganz abkoppeln können", gab Reithofer zu. Absatzschwäche im Heimatmarkt und Preisdruck sind jedenfalls keine guten Nachrichten für die Aktie – es klingt alles nach Gewinnrückgang. Die Aktie dümpelt daher seit Jahresbeginn zwischen 65 und 75 Euro. “Nach der Weihnachtsralley steht die BMW-Aktie im Stau”, erklärte ein Händler an der Frankfurter Börse. Tatsächlich waren Aktionäre mit der Daimler-Aktie im Jahr 2013 viel besser dran.Dennoch ist das Papier in den vergangenen Tagen wieder etwas in Fahrt gekommen. Das hat vier Gründe: Zum einen sind deutsche Autowerte bei internationalen Anlegern wieder in Mode gekommen. Große Fonds sind wieder auf der Käuferseite aktiv.
Zum zweiten wird BMW weiterhin von Analysten gelobt. Erst vor kurzem hat die DZ Bank ihre Anlageempfehlung von "Sell" auf "Buy" genommen und das Kursziel von 66 auf 75 Euro erhöht. Das Bankhaus Metzler rät ebenfalls zum Einstieg und sieht die Aktie erst mit 73 Euro fair bewertet. Die Analysten der Commerzbank stufen die Aktie mit "Add" ein, der Zielkurs liegt bei 87 Euro. Unterdessen hat JP Morgan das Rating von "Overweight" auf "Neutral" und das Kursziel von 90 auf 78 Euro gesenkt.
Drittens laufen die Geschäfte außerhalb Europas weiterhin gut. In China wurden in den ersten sechs Monaten bereits 182.800 Autos der Marken BMW und Mini verkauft – ein Plus von 15 Prozent." Die Entwicklung ist sehr ermutigend", sagte BMW-China-Chef Karsten Engel. Nicht nur der Absatz, sondern auch die Marke, Kundenzufriedenheit und Qualität hätten sich gut entwickelt. Besondes gefragt war die 5er-Reihe. Auch der 3er BMW und das in China gebaute X1-Modell legten stark zu. Wegen des guten Überseegeschäfts stieg der weltweite Absatz von BMW im ersten Halbjahr weltweit um 6,0 Prozent auf 954.521 Autos und erreichte damit einen neuen Höchstwert. Auch der Juni-Absatz erreichte mit 184.489 abgesetzten Fahrzeugen und einem Plus von 6,9 Prozent ein Allzeit-Hoch. BMW will künftig den Europa-Anteil am Gesamtumsatz von derzeit 46 Prozent auf 40 Prozent reduzieren. China, Nordamerika und der Rest der Welt sollen künftig jeweils 20 Prozent zu den Verkäufen beisteuern.
Der vierte Grund für spekulative Käufe bei BMW liegt in der Elektroauto-Strategie. Kein anderer Autobauer wettet so hoch auf das Elektroauto BMW. Die Münchener glauben fest an den kurz vor dem Marktstart stehenden Kompaktstromer i3.
Elektromobilität als Motor für die Zukunft
BMW will mit dem i3 und dem im kommenden Jahr erscheinenden Elektrosportler i8 einen signifikanten Anteil am Markt für E-Autos erbeuten. Vertriebschef Ian Robertson zeigte sich zuversichtlich, dass der strombetriebene Stadtflitzer ein Erfolg werden wird. Die Elektromobilität stehe vor einem weiteren Sprung, nachdem 2012 bereits ein gutes Jahr gewesen sei.
Hinter der simplen Bezeichnung „Projekt i“ verbirgt sich einer der mutigsten industriellen Kraftakte der letzten Jahrzehnte. BMW, Markenbotschaft “Freude am Fahren” macht sich nun auch zum Anwalt des Mottos “Freude am Sparen”.
Der i3 wird gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen. Der Wagen wird eines der meist beachteten Projekte im Automobiljahr 2013. Der Stromer soll etwa so viel kosten wie ein herkömmlicher 3er BMW – als unter 40.000 Euro. Seine Weltpremiere feiert der i3, der eine Karosserie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff hat, am 29. Juli mit Events in London, New York und Peking. Europa, die USA und China sollen die wichtigsten Märkte für den Wagen sein. Mit einer Reichweite von 130 bis 160 Kilometern ist der i3 vor allem für urbane Ballungsräume konzipiert. Wer Angst hat, möglicherweise liegen zu bleiben, kann den Wagen auch mit einem Reichweitenverlängerer (Range Extender) bestellen. Das schraubt die Gesamtreichweite des i3 dann auf rund 300 Kilometer nach oben.
Der groß angelegte Einstieg in Elektrogeschäft löst bei manchen Anlegern positive Fantasien aus und läßt die Aktie attraktiv erscheinen, zumal sich die BMW-Kombination von Elektroantrieb und dem Hightech-Material Karbon als ein strategischer Technologievorteil erweisen könnte. Andere Anleger sehen freilich genau darin ein unnötiges Risiko. BMW begebe sich auf einen unsicheren Weg, da Elektrofahrzeuge sich am Markt bislang kaum behaupten und auch das “i3”-Investment verloren sein könnte.
“Am Anfang werden die i-Modelle keine Gewinne abwerfen, sondern die Bilanz belasten”, ist Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen überzeugt. Trotzdem hält er den Weg, den BMW eingeschlagen hat, für richtig. “So sehr wir heute noch an der Elektromobilität zweifeln, werden wir auf lange Sicht, etwa in den chinesischen Millionenstädten, nicht um diese Technologie herumkommen.”