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BMWs Brexit Alptraum

Mit PR gegen die drohende Krise: Positive Absatzzahlen aus dem Juni lassen Anleger und Funktionäre bei BMW jubeln. Und auch die Ankündigung, bis 2021 ein autonom fahrendes Fahrzeug auf den Markt zu bringen, sorgen beim bayerischen Autobauer für ein vermeintliches Wohlfühlklima. Langfristige Prognosen offenbaren jedoch ein anderes Bild. Denn BMW hat am stärksten unter dem kommenden Brexit zu leiden.

BÖRSE am Sonntag

Mit PR gegen die drohende Krise: Positive Absatzzahlen aus dem Juni lassen Anleger und Funktionäre bei BMW jubeln. Und auch die Ankündigung, bis 2021 ein autonom fahrendes Fahrzeug auf den Markt zu bringen, sorgen beim bayerischen Autobauer für ein vermeintliches Wohlfühlklima. Langfristige Prognosen offenbaren jedoch ein anderes Bild. Denn BMW hat am stärksten unter dem kommenden Brexit zu leiden.

Aktuell hat man bei der Premiummarke BMW gut lachen. Denn die Zahlen sind vielversprechend. Der Bayerische Autobauer hat im Juni insgesamt 227.849 Fahrzeuge der drei Konzernmarken BMW, Mini und Rolls-Royce verkauft. Dies entspricht im Jahresvergleich einem Plus von 9,1 Prozent und ist zudem das beste Juni-Ergebnis, dass BMW jemals einfahren konnte. Den prozentualen größten Zuwachs konnte dabei die Premiumtochter Rolls-Royce vermelden. Ihr Absatzplus betrug 33,9 Prozent. Besonders bezeichnend sind allerdings die Absatzmärkte, die für den neuerlichen Schub sorgen. Laut Konzernangaben war es nämlich vor allem die gestiegene Nachfrage in Europa und Asien, die zu der erfreulichen Entwicklung geführt haben. "Mit unseren drei Premium-Marken haben wir ein gutes Halbjahreswachstum erreicht und vor allem in Europa und Asien starke Ergebnisse erzielt", wird Vertriebsvorstand Ian Robertson in einer Mitteilung zitiert. Während der Absatz in China mit 12,8 Prozent anwuchs, waren es in Europa sogar stolze 15 Prozent.

Ohnehin geht es bei BMW derzeit wieder beständig bergauf. In den ersten sechs Monaten des Jahres lag das Wachstum bei durchschnittlich 5,8 Prozent. Das bedeutet in Zahlen einen Absatz von 1,163 Millionen Fahrzeugen. Ein deutliches Plus ist jedoch in den vergangenen Monaten zu erkennen. Im Mai hatte betrug das Absatzplus 5,3 Prozent, nachdem es im April lediglich 1,9 Prozent betrug. Hinzu kommt, dass BMW mit den neuen Absatzzahlen wieder an Daimler vorbeigezogen ist. Der Konkurrent aus Stuttgart hatte in den vergangenen Monaten im Vergleich beständig die Nase vorn gehabt, insbesondere was den langsam wieder steigenden Absatz in China anbelangt. Nun konnten die Bayern in diesem Zweikampf aber wieder einen Teilerfolg erzielen und setzen sich damit an die Spitze im Luxussegment.

BMW rüstet auf

Auch deuten die wieder steigenden Absatzahlen von Volkswagen, Daimler und BMW darauf hin, dass die Folgen des Dieselgate-Skandals überwunden sind. Rückblickend waren die Folgen für die Gesamtheit der deutschen Autobauer vergleichsweise gering, insbesondere die Münchner konnten sich jedoch gut aus der Affäre ziehen. Dazu spricht für BMW, dass sie über eine breit aufgestellte Produktpalette verfügen. Neben der Motorradsparte und den Autos der Stammmarke sind es vor allem die beiden britischen Töchter die BMW hier einen Vorsprung verleihen. Während Rolls-Royce den High-End-Markt bedienen kann, ist MINI der Dominator im Premiumsektor für Kleinwagen.

Dazu ist BMW auch vergleichsweise gut für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet. Mit dem I3 und I8 sind die Bayern der deutschen Konkurrenz in Sachen Elektromobilität schon voraus. Für Aufsehen sorgte jedoch das kürzlich bekanntgegebene Ziel, bis 2021 ein vollständig selbstfahrendes Auto auf den Markt zu bringen. In Kooperation mit dem Halbleiterriesen Intel und begleitete durch milliardenschwere Investitionen in die Produktionsstandorte sollen auf diese Weise vor allem die Konkurrenten Google, Tesla oder auch Apple auf Abstand gehalten werden.

BMW braucht Großbrittanien

Nichtsdestotrotz können diese guten Nachrichten zweifellos nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Münchner trotz aller Vorbereitungen Zukunftssorgen plagen. Hauptgrund dafür ist das Brexit-Votum aus Großbrittanien. Denn BMW ist wie kein anderer Autohersteller auf der Insel engagiert. Aktuell beschäftigen die Münchner rund 24.000 Menschen in Großbritannien. Zudem haben sie in den vergangenen Jahren etwa 2,2 Milliarden Euro in ihre dortigen Produktionsstandorte investiert. Das Vereinigte Königreich stellt mit etwa 10 Prozent des gesamten Absatzes für die Bayern nach China und den USA außerdem den drittgrößten Auslandsmarkt dar. Insbesondere die MINI-Flotte ist bei den Briten beliebt. Die infolge des Brexits nachlassende Kaufkraft auf der Insel würde die Münchner also hart treffen.

Doch schon jetzt sind die ersten Auswirkungen zu spüren. Besonders der Austausch von Einzelteilen ist für BMW aufgrund der Währungsschwankungen spürbar teurer geworden. Wirklich teuer würde es für BMW jedoch werden, sollte sich die Politik im Zuge des EU-Austritts Großbrittaniens nicht auf einen einheitlichen Binnenmarkt einigen können. Allein von den im Königreich produzierten Minis wurden im Jahr 2015 die Hälfte in die EU exportiert. Erste Analysten gehen deshalb davon aus, dass der Autobauer abwandern wird. Noch ist man im BMW-Management jedoch um demonstrative Gelassenheit bemüht. Offiziell geht man davon aus, dass man die veränderten Marktbedingungen in den Begriff bekommen wird. Es ist lediglich von einer beginnenden „Phase der Unsicherheit“ die Rede. Pessimistische Stimmen im Umfeld des Autobauers warnen allerdings vor den unabsehbaren Folgen eines Brexits. Da nach Meinung der Analysten die Erlöse bei BMW in den kommenden zwei Jahren ohnehin nur um etwa vier Milliarden steigen sollen, könnte die Entscheidung der Briten die Münchner durchaus in ein Minus stürzen lassen. Mehr als alle anderen hat BMW daher ein Interesse daran, dass sich an den bestehenden Handelsbeziehungen zwischen der EU und Großbrittanien so wenig wie möglich ändert.

Robin Schenkewitz