Carl Zeiss Meditec: Liebe auf den ersten Blick?
Dem italienischen Filmschauspieler Gino Cervi wird das Zitat „Liebe auf den ersten Blick: die am weitesten verbreitete Augenkrankheit." zugeschrieben. Für dieses „Leiden“ hat auch Carl Zeiss Meditec keine Lösungen parat. Anders sieht es in der klassischen Augenheilkunde aus, für die der Medizintechnikkonzern etliche Gerätschaften zur Diagnose, Behandlung und Nachsorge in petto hat. Angesichts einiger demographischer Trends ist dies ebenso ein Geschäft mit Zukunft wie auch die anderen Bereiche in denen er tätig ist. Davon zeugen auch die jüngst vorgelegten Umsatzzahlen.
Carl Zeiss Meditec hat im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2011/12 (bis Ende September) laut vorläufigen Berechnungen Umsätze von rund 432 Mio. Euro erzielt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht dies einem Zuwachs von rund 15%. Wie das Unternehmen erläuterte, trugen alle Regionen und strategischen Geschäftseinheiten zu der erfreulichen Entwicklung bei. Etwas konkreter verwies der Vorstand auf die Wachstumsdynamik in der Region Asien/Pazifik sowie das besonders gute Abschneiden im Bereich Mikrochirurgie. Genauere Angaben gab es nicht. Eher bedeckt hielt man sich auch in Sachen Ertragslage. Die kompletten Zahlen für das erste Halbjahr will die Gesellschaft planmäßig am 15. Mai vorlegen. Immerhin gab sie aber schon einen kleinen Vorgeschmack auf wohl eine ebenfalls positive Gewinnentwicklung und sprach von einem zum Vergleichszeitraum gestiegenen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT). Im ersten Halbjahr 2010/11 hatte der Konzern ein EBIT von 51,3 Mio. Euro erzielt. Geht man für die ersten sechs Monate 2011/12 von einer EBIT-Marge von rund 13% aus - im Vorjahr waren es 13,6%, im ersten Quartal 2011/12 wurden 13,4% erzielt - ist ein EBIT von rund 56 Mio. Euro denkbar.
Auf gutem Wege
Es sieht somit danach aus, als sei der Konzern auf einem guten Wege, seinen profitablen Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortzusetzen. 2010/11 hatte Carl Zeiss Meditec den Umsatz um 12,1% auf 758,8 Mio. Euro gesteigert. Gleichzeitig kletterte das EBIT um 19,4% auf 103,6 Mio. Euro. Die EBIT-Marge verbesserte sich von 12,8 auf 13,6%. Nach Steuern hatte das Unternehmen mit 72,3 Mio. Euro rund 21% mehr verdient als im Jahr davor. Firmenlenker Dr. Ludwin Monz betonte seinerzeit: „Ungeachtet der sich allgemein erschwerenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konnten wir unseren Wachstumskurs fortsetzen – und sogar unsere Erwartungen übertreffen. Obgleich wir weiterhin in die Entwicklung neuer Produkte und den Auf- und Ausbau der Vertriebs- und Servicestrukturen investiert haben, konnten wir die Profitabilität erhöhen. Nicht zuletzt, weil es uns gelungen ist, die Herstellkostenposition weiter zu verbessern.“ Er hob ferner das Unternehmensprogramm MEGA (Meditec Excellence and Growth Agenda) hervor, das erste Früchte zeige und den eingeschlagenen, auf Wachstum und Profitabilität ausgerichteten Weg bestätige.
Mit MEGA zum Erfolg
Mit diesem Programm fokussiert sich der Konzern eigenen Angaben zufolge auf die Erfolgsfaktoren: Innovation, Kundenorientierung, neue Märkte, starkes Team und erstklassige Prozesse. Diese Strategie soll außerdem helfen, die aktuellen Unwägbarkeiten bezüglich der Weltwirtschaft gut zu meistern. Zudem sieht sich Carl Zeiss Meditec angesichts der breiten Geschäftsaufstellung sowie der globalen Präsenz gegenüber eventuellen wirtschaftlichen Verwerfungen vergleichsweise robust aufgestellt. Das Unternehmen kann sich somit zwar nicht gänzlich der weltweiten konjunkturellen Entwicklung entziehen, scheint aber für kurzfristig denkbare, schwierigere Zeiten gut gerüstet. Darüber hinaus sind die mittel- bis langfristigen Aussichten nach wie vor vielversprechend. Dafür sprechen demographische Trends, wie das weitere Wachstum der Weltbevölkerung mit der zunehmenden Alterung sowie auch der wachsende Wohlstand in den aufstrebenden Schwellenländern. Außerdem dürfte der zunehmende Kostendruck im Gesundheitswesen den Bedarf an effizienten und kostengünstigen Behandlungen ankurbeln. Von all diesen sich dadurch bietenden Chancen könnte der Konzern mit seinem Geschäftsmodell profitieren.
Augenheilkunde und Mikrochirurgie
Traditionelles Arbeitsgebiet ist die Augenheilkunde mit den beiden strategischen Geschäftsfeldern Ophthalmologische Systeme (Laser- und Diagnosesysteme) sowie Chirurgische Ophthalmologie (Implantate und Verbrauchsmaterialien). Hier bietet Carl Zeiss Meditec Komplettlösungen für Diagnose, Behandlung und Nachsorge der vier Hauptkrankheitsbilder am Auge: Fehlsichtigkeit, Grauer Star, Grüner Star und Netzhauterkrankungen. Zum Portfolio gehören Laser, Mikroskope, Spaltlampen, Funduskameras, Kohärenztomographen und so genannte Humphrey Field Analyzer, die weltweit Standard für die Glaukomerkennung und -behandlung sind. Neben der Augenheilkunde ist die Gesellschaft im wachstumsstarken Bereich Mikrochirurgie (Gefäße, Hals, Nasen, Ohren) tätig. Sie bietet hier Operationsmikroskope und mikrochirurgische Visualisierungslösungen, die hauptsächlich zur Unterstützung bei der Entfernung von Tumoren, der Behandlung von Gefäßerkrankungen sowie der Therapie funktioneller Krankheiten eingesetzt werden. Weitere Einsatzgebiete sind die klinische Unfallbehandlung, die Nervenrekonstruktion und die Kinderneurochirurgie. Abgerundet wird das Portfolio durch Zukunftstechnologien wie der intraoperative Strahlentherapie, mit der beispielsweise Brust- und Hirnkrebserkrankungen bereits während der Operation gezielt behandelt werden können. Carl Zeiss Meditec erzielt in seinen Tätigkeitsfeldern dabei nicht nur Umsätze mit neuen Gerätschaften und Apparaten, sondern zunehmend auch mit Verbrauchsmaterialien sowie durch Wartung und Service, was entsprechend für immer wiederkehrende und somit vergleichsweise stabilere Einnahmen sorgt.
Fazit
Liebe auf den ersten Blick ist zwar übertrieben, wenn man sich etwas genauer mit Carl Zeiss Meditec beschäftigt, gibt es für Investoren jedoch einige gute Gründe, mit der Aktie zu liebäugeln. Der Medizintechnikkonzern ist mit seinen Tätigkeitsfeldern gut gerüstet, um von den sich bietenden Chancen im Gesundheitssektor zu profitieren. Mit seinen effizienten Produkten setzt das Unternehmen auf Bereiche, die angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung sowie des steigenden Kostendrucks im Gesundheitswesen zunehmend gefragt sein dürften. Angesichts einer ausgewogenen regionalen Aufstellung, mit einer starken Präsenz in Wachstumsmärkten sowie dem breiten Portfolio scheint der Konzern zudem gut für eventuelle, weltweit konjunkturell schwierige Zeiten gerüstet zu sein. Eine kerngesunde Bilanz mit sehr geringer Verschuldung rundet das positive Gesamtbild ab. Spekulative Käufe scheinen somit insgesamt erwägenswert.