Cisco Systems: schnell, schneller, am schnellsten!
Die Aktie des Netzwerkausrüsters gehörte in den vergangenen zwei Wochen zu den stärksten innerhalb des Dow Jones. Sie erreichte jüngst zwischenzeitlich ein Niveau wie seit Juni 2008 nicht mehr. Im Vorfeld der Präsentation eines neuen Produktes griffen die Investoren offenbar erwartungsfroh zu. Kein Wunder, rührte Cisco Systems doch kräftig die Werbetrommel. Demnach soll die neue Technologie das Internet für immer verwandeln. Die Erwartungen sind entsprechend hochgesteckt. Aber reicht allein die Vorstellung eines neuen Produktes für weiteren Kurszuwachs aus?
Cisco Systems ist einer der Pioniere bei der Vernetzung von Computern untereinander und mit dem Internet. Er bietet Lösungen für fast alle Bereiche des Netzwerkbetriebs. Mit seinen Netzwerkkomponenten aus Hard- und Software (z.B. Router, Switches, Server, Speicherlösungen) sowie Dienstleistungen ist der Konzern weltweit führend. Grundlage für die starke Marktposition war seit Firmengründung 1984 die ständige Entwicklung immer ausgereifterer Technologien, um die Vernetzung von Computern zu vereinfachen und den Datenverkehr schneller, effektiver und sicherer zu machen. An der steten Suche nach Innovationen hat sich bis heute nichts geändert, und eigentlich ist es keine Überraschung, wenn der Konzern mit neuen Produkten aufwartet, die eine noch schnellere Verbindung erlauben. Allerdings hat das Marketing im jüngsten Beispiel ganze Arbeit geleistet, und die Versprechungen waren offenbar so überzeugend, dass sich die Investoren davon im Vorfeld ködern ließen.
Schnelle Verbindung
Am vergangenen Dienstag war es schließlich soweit. Cisco stellte den neuen Router für Hochgeschwindigkeits-Internet, mit dem Namen CRS-3 vor. Die Bezeichnung klingt zwar wenig spektakulär, die Eigenschaften haben es aber offenbar in sich. Laut Firmenangaben ermöglicht der CRS-3 eine deutlich schnellere Datenübertragung. Er wird das Internet für immer verwandeln, so der Konzern. Der neue Router kann demnach dreimal mehr Daten verarbeiten wie das Vorgängermodell, der CRS-1. Konkret sind bis zu 322 Terabyte pro Sekunde möglich, wenn mehrere der neuen Geräte kombiniert werden. Nach Angaben von Firmenlenker John Chambers ist damit eine zwölfmal höhere Kapazität möglich als das aktuell schnellste Produkt vom Hauptwettbewerber Juniper Networks. Dies reicht beispielsweise aus, um sämtliche in der US-Kongressbibliothek archivierten Werke innerhalb von etwas mehr als einer Sekunde herunterzuladen, erläuterte der Vorstand. Cisco trägt mit dem neuen Produkt dem weiter wachsenden Datenverkehr im Internet Rechnung, angetrieben durch mobiles Internet, der steigenden Nutzung von Videoübertragungen und TV sowie neuen, große Datenmengen schluckende Anwendungen. Chambers erläuterte dazu: „Einige werden sagen, dass Cisco mit dem CRS-3 einen zu großen Schritt macht. Ich sage, dass heute genau dieser große Schritt nötig ist. Das Internet wird schneller wachsen, als jeder von uns ahnt.”
Für Backbone
Der Konzern zielt mit seinem neuen Produkt, das ab etwa 90.000 US-Dollar zu haben sein wird, aber nicht auf den Endnutzer, sondern auf Internetanbieter, die damit ihr Basisnetz (Backbone) bestücken können, an das schließlich die Kunden angeschlossen werden. Mit den Routern im Hintergrund ließe sich das Internet schnell zum Fernsehen von Morgen ummodeln, heißt es. Neben der Backbone-Funktionalität kann der Router zudem für anspruchsvolle Virtualisierungsaufgaben oder den Datenaustausch zum Beispiel im Gesundheitssektor verwendet werden. Der US-Telekomriese AT&T hat das neue Produkt bereits erfolgreich getestet und will damit ein 100-Gigabit-Internetnetz aufbauen, um der wachsenden Datenmenge im Internet Herr zu werden. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom bietet bei ihrem Hochgeschwindigkeits-Internet VDSL Übertragungsraten von bis zu 50 Megabit je Sekunde an. Die Konkurrenz schläft aber nicht, und Juniper Networks, die weltweite Nummer zwei hinter Cisco im Netzwerkbereich dürfte noch im laufenden Jahr Systeme mit ähnlich hohen Übertragungsraten je Router anbieten.
Ausgefeilte Technologie
Ungeachtet dessen könnte Cisco mit seinem Marktanteil von etwa 70% sowie seiner Marketing- und Vertriebsmacht die Nase vorn haben. Einige Branchenexperten hoben zudem nicht nur die hohe Bandbreite hervor, sondern verwiesen auch auf das integrierte sogenannte Network Positioning System (NPS). Es wertet Anwendungsinformationen aus und sucht dann den kürzesten Weg zu den gewünschten Inhalten. In weltweit großen verstreuten Netzwerken lassen sich so die Ressourcen effizienter verwalten. Nutzer des Vorgängermodells CRS-1 können laut Konzern ferner relativ einfach auf den neuen Router wechseln.
Solide Zahlen
Alles zusammengenommen scheinen die Aussichten für das neue Modell somit sehr vielversprechend. Dies sollte sich auch in den Zahlen widerspiegeln. Diese konnten sich im Übrigen auch während der Finanz-und Wirtschaftskrise sehen lassen, selbst wenn die Investitionszurückhaltung der Kunden deutlich zu spüren war. Im Geschäftsjahr 2008/09 (bis Ende Juli) verringerte sich der Umsatz im Vergleich zum Rekordwert aus dem Vorjahr von 39,54 auf 36,12 Mrd. US-Dollar. Und auch der Profit schrumpfte von 8,05 auf 6,13 Mrd. US-Dollar. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres fallen die Rückgänge aber bereits deutlich geringer aus, nicht zuletzt wegen der wieder auszumachenden Geschäftsbelebung. Der Umsatz lag im Zeitraum August bis Januar mit 15,18 Mrd. US-Dollar nur noch 5% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Beim Nachsteuergewinn waren es mit 3,64 Mrd. US-Dollar etwa 1,8% weniger. Bereinigt um Sondereffekte konnte der Überschuss sogar von 4,36 auf 4,45 Mrd. US-Dollar gesteigert werden.
Fazit
Der jüngste Anstieg der Aktie im Zusammenhang mit der Vorstellung des neuen Routers mag zwar nicht gerechtfertigt erscheinen, hat der Konzern doch „nur“ ein neues Produkt vorgestellt, wie es bei Unternehmen halt üblich ist. Das neue Gerät macht jedoch einen sehr vielversprechenden Eindruck. Und selbst wenn dieses Argument nicht zieht, könnte die Aufmerksamkeit, die Cisco mit dem jüngsten Hype um den CSR-3 auf sich gezogen hat, dafür sorgen, dass sich die Investoren stärker mit dem Konzern beschäftigen. Sie könnten dabei auf einige Punkte treffen, die aus fundamentaler Sicht für die Aktie sprechen. Dazu gehört die starke Marktstellung. Außerdem ist der Konzern hoch profitabel und sehr finanzkräftig. Cisco hat damit die Basis, um künftig durch Forschung und Entwicklung, aber auch durch Akquisitionen sein Portfolio weiter zu verbessern und auszuweiten sowie die Marktpräsenz zu stärken. All das dürfte für weiteres profitables Wachstum sprechen. Anleger, die diese Meinung teilen, könnten daher spekulative Käufe in Erwägung ziehen.