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Deutsche Börse: Sparen und Chancen nutzen

Für den deutschen Börsenbetreiber war 2009 kein einfaches Jahr. Er verbuchte deutliche Ergebnisrückgänge. Die Deutsche Börse rechnet auch weiterhin mit schwierigen Zeiten. Eine Doppelstrategie soll helfen, die Herausforderungen zu meistern. Diese kam wohl gut bei den Investoren an, wie die jüngst steigenden Kurse vermuten lassen.

BÖRSE am Sonntag

Offenbar konnten die Anleger den Plänen etwas Positives abgewinnen. Bei Vorlage der vorläufigen Zahlen für 2009 erläuterte Firmenchef Reto Francioni, wie der Börsenbetreiber sowohl die vor ihm liegenden Herausforderungen als auch die Veränderungen in der Branche bewältigen will. Seinen Worten zufolge werden sich strukturelle Veränderungen der Finanzmärkte und auch neue Kundenbedürfnisse infolge der Finanzkrise ergeben. Das sich ändernde Marktumfeld bietet dabei Chancen, die der Konzern nutzen will. Ein Punkt könnte die schärfere Regulierung der Finanzmärkte sein. Dass vor allem die Sicherheit an den Weltfinanzmärkten erhöht werden solle, ist interessant für die Deutsche Börse, so Francioni. Er stockt deshalb die Aufwendungen für Wachstumsinitiativen gegenüber 2009 um mehr als 50% auf rund 100 Mio. Euro auf. „Wir haben heute Wachstumschancen für morgen zu sichern“, betonte der Vorstand. Ziel ist es demnach, die eigenen Stärken in den Bereichen Technologie, Risikomanagement-Dienstleistungen und Produktinnovation weiter auszubauen.

Tritt weiter auf die Kostenbremse

Zweiter Punkt der Doppelstrategie sind Kostensenkungen. Die Gesellschaft will mit den geplanten Maßnahmen den Anpassungsprozess an das sich verändernde Marktumfeld konsequent fortführen. Mit der Reduktion der Anzahl von Führungskräften und einer weiteren strukturellen Veränderung der Sachkosten geht man von nachhaltigen Einsparungen von insgesamt rund 50 Mio. Euro jährlich ab 2011 aus. Die geplanten Schritte ergänzen die 2007 und 2009 aufgelegten Programme zur Kostensenkung von zusammen 170 Mio. Euro pro Jahr. Personal- und Finanzvorstand Gregor Pottmeyer ergänzte, dass die Deutsche Börse mit den neuen Plänen die Kostendisziplin der vergangenen Jahre konsequent fortsetzt. Um Wertminderungen bereinigt lagen die Ausgaben im vergangenen Jahr mit insgesamt 1,26 Mrd. Euro unter dem für 2009 avisierten Ziel. Für 2010 wurde die Kostenprognose ohne Berücksichtigung von Rückstellungen von rund 40 Mio. Euro für die jüngst angekündigten Sparmaßnahmen auf maximal 1,25 Mrd. Euro reduziert. Die geplante Erhöhung der Aufwendungen für Wachstumsinitiativen auf rund 100 Mio. Euro ist darin bereits enthalten.

2009 war schwierig

Ob die Doppelstrategie ausreicht, um wieder auf den Wachstumspfad zurückzukehren, bleibt jedoch abzuwarten, hatte die Deutsche Börse 2009 doch auch mit Dingen zu kämpfen, die sich nicht „wegsparen“ lassen. Dazu gehörten die schwache Handelsaktivität der Marktteilnehmer infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Konkurrenz alternativer Handelsplattformen wie Chi-X, was auf die Umsätze drückte. Sie verringerten sich nach vorläufigen Zahlen um 16% auf 2,06 Mrd. Euro. Dabei hatten insbesondere die Handelssegmente Kassamarkt/Xetra sowie Eurex (Terminbörse) deutliche Einbußen zu verkraften. In Ersterem verringerten sich die Erlöse um 37% auf 251 Mio. Euro. Die Sparte Eurex verbuchte einen Rückgang um 20% auf 804 Mio. Euro. Stabiler entwickelten sich dagegen die Nachhandelsaktivitäten. Bei Clearstream (Wertpapierabwicklung) verringerten sich die Umsätze nur um 6% auf 720,8 Mio. Euro. Das Marktdatengeschäft (Daten, Nachrichten, Indizes) konnte sogar ein leichtes Plus von 4% auf 188,5 Mio. Euro erzielen. Einen Zuwachs von fast 2% auf 97,4 Mio. Euro verbuchte ferner das Segment Information Technology (externe IT-Dienstleistungen, Softwareentwicklung).

Einbrüche beim Gewinn

Die insgesamt rückläufigen Konzerneinnahmen wirkten sich naturgemäß negativ auf die Erträge aus. Daneben belastete eine Wertminderung von 415,6 Mio. Euro für die 2007 übernommene US-Optionsbörse ISE. Daher brach das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 1,51 auf 0,64 Mrd. Euro oder um fast 58% ein. Ohne den Sondereffekt fiel der Rückgang zwar immer noch deutlich mit etwa 30% auf 1,05 Mrd. Euro aus, aber nicht mehr ganz so drastisch. Ähnlich sieht es beim Nachsteuergewinn aus. Ohne Wertminderung schrumpfte der Überschuss von 1,03 auf 0,7 Mrd. Euro, also um 32%. Inklusive verringerte sich der Profit von 1,03 auf 0,5 Mrd. Euro und somit um 51%. Aber selbst auf dieser Basis blieb die Deutsche Börse profitabel.

Dividende auf Vorjahresniveau

Grund genug, den Aktionären wie für 2008 eine Dividende von 2,10 Euro je Anteilschein in Aussicht zu stellen. Abgestimmt wird darüber auf der Hauptversammlung am 27. Mai 2010. Der Vorstand erläuterte mit Blick auf die Zahlen ferner, dass das Geschäftsjahr 2009 von den Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Kunden beeinflusst war. Dennoch erzielte der Konzern am Ende einen deutlichen Gewinn, und die Deutsche Börse hat trotz des Ergebnisrückgangs im Jahr 2009 eine hohe Ertragskraft bewiesen. Dies ist seinen Worten zufolge vor allem dem diversifizierten Geschäftsmodell zu verdanken, das in einigen Bereichen und Produkten schon wieder Wachstum zeigt.

Fazit:

Mit den jüngst vorgestellten Maßnahmen beschleunigt die Deutsche Börse ihre laufenden Anstrengungen zur weiteren Steigerung der Kosteneffizienz. Da aber Sparen allein nicht hilft, will sich der Konzern auch neue Geschäftszweige erschließen, weshalb die Aufwendungen für Wachstumsinitiativen aufgestockt werden. Beide Schritte klingen plausibel. Nicht sicher ist jedoch, ob sie ausreichen, die Einflüsse aus dem wohl weiterhin schwierigen Marktumfeld zu kompensieren. Auf der einen Seite könnten die in den vergangenen Wochen diskutierten Pläne zur Beschränkung des Eigenhandels bei den Banken, sollten sie umgesetzt werden, die Geschäfte künftig belasten. Auf der anderen Seite hat die Gesellschaft trotz widriger Umstände sowie den Wertminderungen auf die US-Optionsbörse ISE im vergangenen Geschäftsjahr schwarze Zahlen geschrieben und damit unserer Ansicht nach ihre operative Stärke unter Beweis gestellt. Somit ergibt sich insgesamt zwar ein gemischtes fundamentales Bild, der jüngste Kursanstieg und der Blick auf den Chart könnten jedoch einen spekulativen Kauf rechtfertigen. Die Aktie der Deutschen Börse scheint einen Abwärtstrendkanal seit dem Zwischenhoch im Juni 2009 auszubilden. Anfang Februar wurde dabei womöglich ein zweiter Verbindungspunkt für eine untere Begrenzung gesetzt. In der Vorwoche davon nach oben abgeprallt, setzte sich der Aufwärtsimpuls jüngst fort. Nun könnte es zunächst in Richtung 55,00 und dann eventuell sogar bis 60,00 Euro gehen. Mit einer Absicherung im Bereich von 44,50 Euro ergibt sich daraus ein relativ gutes Chance-Risiko-Verhältnis.