Die Mega-Wette gegen BMW
Der Hedgefonds Viking Global Investors hat Aktien des Autobauers im Wert von 300 Millionen Euro leerverkauft. Für die Münchner ist es die erste veröffentlichte Short-Position seit vier Jahren. Was weiß Viking, was Privatanleger nicht wissen?
Der Hedgefonds Viking Global Investors hat Aktien des Autobauers im Wert von 300 Millionen Euro leerverkauft. Für die Münchner ist es die erste veröffentlichte Short-Position seit vier Jahren. Was weiß Viking, was Privatanleger nicht wissen?
Über 30 Prozent hat der Kurs der BMW-Aktie in diesem Jahr schon hinzugewonnen. Die Konkurrenz um Volkswagen und Mercedes Benz kann da nicht mithalten. Die Papiere der Wolfsburger haben sich so gut wie nicht von der Stelle bewegt, die Titel der Stuttgarter kommen im Vergleich in etwa auf die Hälfte. Beim aktuellen Kurs von rund 110 Euro fehlen noch sieben, dann fiele das Rekordhoch aus dem Jahr 2015. Für den Münchner Autobauer geht es an der Börse seit drei Jahren kontinuierlich steil bergauf. Seit dem Corona-Tief von 2020 hat sich der Aktienkurs fast verdreifacht.
Ist es diese Erfolgsstory, die BMW nun zum Verhängnis wird? Mitten hinein in die eindrucksvolle Rally platzt, Daten von Breakout-Point nach, auf einmal eine 300 Millionen Euro schwere Short-Attacke des Hedgefonds Viking Global Investors.
Das entspricht in etwa 0,5 Prozent der frei handelbaren BMW-Aktien. Exakt ab dieser Schwelle sind Leerverkäufe in Deutschland meldepflichtig. Für die Bayern ist es das erste Mal seit vier Jahren, dass sie überschritten wird. Und das gerade jetzt, wo die fundamentalen Zahlen überzeugen und es überhaupt nur bei zehn Dax-Unternehmen eine aktive Short-Position gibt. Und dann auch noch in dieser Größenordnung.
Viking Global Investors ist bekannt für riskante Leerverkaufs-Wetten. In der Corona-Pandemie wettete der fast 40 Milliarden US-Dollar schwere Hedgefonds gegen die Lufthansa und Hugo Boss. Vermutlich erfolgreich. Jetzt also BMW. Weiß die Gesellschaft etwas, was Privatanleger nicht wissen?
Was die Gründe angeht, lässt sich nur spekulieren. Häufig shorten Hedgefonds Aktien auch nur zu Absicherungszwecken als Teil einer bestimmten Strategie. Da Viking aber offenbar nur BMW in dieser Größenordnung shortet und nicht Mercedes oder Volkswagen, oder deutsche Konzerne anderer Branchen, glauben die US-Amerikaner mit Sitz in Greenwich womöglich tatsächlich an eine Überbewertung oder ein Abwärtspotenzial aufgrund von zukünftigen Entwicklungen.
Die jüngsten Ergebnisse des Konzerns um CEO Oliver Zipse fielen stark aus. Im ersten Quartal hatte BMW die wichtige Marge von 8,9 auf 12,1 Prozent steigern können. Das operative Ergebnis war von 2,37 auf 3,78 Milliarden Euro geklettert. Die Zahlen zum zweiten Quartal legen die Münchner am 3. August vor. Sie dürften wohl ähnlich gut ausfallen, denn auch von April bis Juni erzielte BMW ein deutliches Absatzplus, verkaufte 11,3 Prozent mehr Autos als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In Summe 626.726. Er rechne mit ordentlichen Ergebnissen, obwohl die Marge im Autogeschäft etwas niedriger ausfallen könne, schrieb Deutsche Bank-Analyst Tim Rokossa. Grundsätzlich sieht er die Anlagestory intakt, nennt BMW sogar als Topfavorit in der Branche.
Mit der aktuellen, fundamentalen Performance kann die Short-Attacke von Viking also nicht zusammenhängen. Gut möglich jedoch, dass Viking den Kurs der BMW-Aktie im Vergleich zu dem der Papiere von Mercedes und Volkswagen als zu hoch einschätzt und deshalb kurzfristig mit einem Rücksetzer rechnet. Gleichwohl dürfte BMW ähnlich wie die gesamte Branche im ersten Halbjahr noch vom starken Auftragsbestand profitiert haben, der sich vor dem Hintergrund der Chipknappheit und gestörten Lieferketten infolge der Corona-Pandemie aufgestaut hatte. Gerade die etablierten Autobauer aus dem Premiumsegment haben in dieser Zeit zudem mehr auf teure Modelle gesetzt, um mit den wenig verfügbaren Halbleitern zumindest die margenträchtigsten Fahrzeuge an den Kunden bringen zu können.
Im zweiten Halbjahr dürfte nun wieder mehr Normalität einkehren. Darüber hinaus zeigt sich die Weltkonjunktur weiter zerbrechlich. In China, dem wichtigsten Absatzmarkt für BMW, stottert der Wachstumsmotor, die E-Modelle der deutschen Premiummarken werden zudem von den Kunden kaum nachgefragt. Es könnte also gut sein, dass die Erwartungen aufgrund des starken ersten Halbjahres zu hoch sind für das, was im zweiten Halbjahr und darüber hinaus auf den Konzern zukommt. Anleger sollten also am 3. August nicht nur auf die Zahlen schauen, sondern vor allem darauf achten, inwieweit sich CEO Zipse zum weiteren Jahresverlauf äußert.
OG
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