Ein Riese im Wandel
Die Daimler AG sieht sich gerade einigen Umwälzungen ausgesetzt. Anfang des Jahres trennte sich der Konzern von seiner Beteiligung an EADS und kündigte ein Joint-Venture mit Rolls-Royce auf. Gleichzeitig treibt man die Kooperation mit BMW weiter voran und legt zusätzlich ein eigenes, milliardenschweres Investitionsprogramm auf. Doch die Halbjahreszahlen sind gut: Die Daimler AG konnte einen neuen Rekordabsatz vermelden.
Die Daimler AG sieht sich gerade einigen Umwälzungen ausgesetzt. Anfang des Jahres trennte sich der Konzern von seiner Beteiligung an EADS und kündigte ein Joint-Venture mit Rolls-Royce auf. Gleichzeitig treibt man die Kooperation mit BMW weiter voran und legt zusätzlich ein eigenes, milliardenschweres Investitionsprogramm auf. Doch die Halbjahreszahlen sind gut: Die Daimler AG konnte einen neuen Rekordabsatz vermelden.
Das bekannteste Zugpferd der Daimler AG ist seit je her der Mercedes Benz Marke. Doch der Hersteller von Automobilfahrzeugen im Premiumsegment ist bei weitem nicht die einzige weltbekannte Marke unter dem Dach des Automobil-Riesen. So gilt die Daimler AG als der größte weltweit aufgestellte Nutzfahrzeug-Hersteller mit seinen Geschäftsfeldern Daimler Trucks, Mercedes-Benz Vans und Daimler Buses. Zudem bietet die Daimler AG im Rahmen ihrer Verkaufstätigkeiten auch Finanzdienstleistungen an. Mit weltweit rund 275.000 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von rund 120 Milliarden Euro ist die Daimler AG außerdem als eines der Schwergewichte in der weltweiten Automobilindustrie.
Neue Orientierung
Derzeit befindet sich Daimler allerdings in einem aufwendigen Umwandlungsprozess. So wurde im Dezember erst der Ausstieg aus dem deutsch-französischen Rüstungskonzern und Flugzeugbauer EADS bekannt gegeben. Zählte Daimler im Jahr 2000 noch zu den Gründungsunternehmen von EADS, hat es nun seine kompletten Anteile an dem Konzern verkauft. Rund 3,8 Milliarden Euro brachte der Deal mit EADS selbst, den Regierungen aus Frankreich und Deutschland sowie anderen Anlegern ein. Die Aktion war Teil einer Veränderung in der Aktionärsstruktur in dem EADS Konzern.
Weitere Milliarden generiert das Unternehmen mit dem Ausstieg aus einem Joint-Venture mit Rolls-Royce. Damit zog der Konzern eine sogenannte Put-Option die der Daimler AG den Ausstieg aus Rolls-Royce Power Systems bis 2018 ermöglicht hatte. Die Entscheidung bringt Daimler zwischen 1,5 und zwei Milliarden Euro. Erst Anfang des Jahres war das damals unter dem Namen Tognum bekannte Unternehmen umgetauft worden. Die Kooperation, durch die unter anderem Notstromaggregate sowie Motoren für Panzer und Lokomotiven herstellt werden, hat ihr Zentrum am Bodensee. Der Betriebsrat von RRPS zeigte sich nur wenig begeistert von dem offenbar auch für sie unerwarteten Ausstieg des Daimler-Konzerns. „Man bekommt das Gefühl nicht los, dass bei Daimler keiner so richtig weiß, wie die Strategie eigentlich aussieht“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, sieht das erwartungsgemäß anders. Der Ausstieg sei nur der nächste logische Schritt gewesen. Mit dem erwirtschafteten Geld sollten nun neue Investitionen in das Kerngeschäft ermöglicht werden.
Investitionen von 22 Milliarden Euro
Die Dividende wird aus aufgrund der Investitionen in diesem Jahr nur gering steigen, was ebenfalls auf Kritik stößt. Finanzvorstand Bodo Uebbe begründete das gegenüber BÖRSE ONLINE allerdings damit, dass sich der Konzern gerade in einer „Hochinvestitionsphase“ befinde. Rund elf Milliarden Euro will Daimler demnach in diesem und im nächsten Jahr investieren. Denn generell richtet sich die Daimler AG gerade neu aus. So steckt der Konzern in einer der größten Produktoffensive seiner Geschichte. Erst im März kamen der der neue SUV GLA auf den Markt, dazu die neue C-Klasse. Im vergangenen Herbst gingen zudem die neuen S-Klassen in den Verkauf. Alle drei Modelle gelten als besonders absatzstark. Bis die Neuheiten jedoch Geld in die Kasse spülen, wird noch eine ganze Weile vergehen. Gleichzeitig will Daimler die Kosten bis 2015 um knapp vier Milliarden Euro senken. Rund die Hälfte davon soll in der PKW-Sparte eingespart werden.
Zudem treibt Daimler seine Kooperation mit BMW im Bereich von E-Ladestationen voran. Hier wollen die Automobilhersteller künftig gemeinsam eine Lösung entwickeln. Das System soll aus zwei Komponenten bestehen und ohne Kabel auskommen, teilten die Konzerne mit. Dafür soll sowohl in den Fahrzeugboden als auch in eine Bodenplatte eine Spule integriert werden. Wird die Platte unter dem Fahrzeug plaziert, soll eine Ladezeit von weniger als zwei Stunden erreicht werden. In den kommenden zwei bis drei Jahren soll das System dann zur Serienreife gebracht werden. Das Projekt sei Teil einer seit Jahren laufenden Einkaufskooperation, teilte ein Daimler-Sprecher mit.
Die Zahlen sprechen für Daimler
Die jüngst erschienen Halbjahreszahlen geben der neuen Strategie vorerst recht. So wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 738.520 Fahrzeuge ausgeliefert. Damit liegen die Verkaufszahlen auf einem neuen Rekordniveau. Insbesondere der asiatische Absatzmarkt ist für die Süddeutschen interessant. Hier konnten die Schwaben zwar die Lücke zu ihren Konkurrenten verringern, liegen jedoch noch weit hinter den beiden Platzhirschen Audi und BMW. Der europäische Markt erholt sich dagegen nur langsam. Dennoch konnte Daimler auch hier einen Erfolg verbuchen. So stieg der Absatz in Europa um 7,4 Prozent.
Auch die Analysten sehen daher die Daimler Aktie im Aufwind. So hat die französische Investmentbank Exane BNP Paribas das Kursziel für die Aktie auf 80 Euro festgesetzt. Ausschlaggebend seien auch hier die guten Verkaufszahlen aus China gewesen. Dasselbe Kursziel hat auch die Commerzbank ausgegeben. Analyst Daniel Schwarz setzt dabei insbesondere auf die gute Entwicklung der Preise und Verkaufszahlen sowie dementsprechenden Margensteigerungen. Mit diesen rechnet auch Analyst Zafer Rüzgar von dem Analysehaus Independent Research. Daimler profitiere vor allem von der Verjüngung der Modellpalette heißt es in seiner Analyse.
Auch für die Zukunft sieht Daimler sich gerüstet. So setzt man weiter auf eine Expansion der Weltwirtschaft. Also: alles super? Nicht ganz. Ausgerechnet die Zukunft des Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche, der im Umbruch die Fäden in der Hand hält, gilt als durchaus „unsicher“. Konzernintern gilt der Vorstandschef als angeschlagen. Eine Verlängerung des bestehenden Vertrages über das Jahr 2016 hinaus gilt als unwahrscheinlich. Ob dies Folgen für den Konzern hat oder ob vielmehr in der Nach-Zetsche-Ära, die langsam heraufdämmert, noch größeres Potential abgerufen werden kann – das ist eine wahrlich spannende Frage. Die Anleger sind jedenfalls derzeit in ihrer Mehrheit augenscheinlich auf der optimistischen Seite.