Grünes Geld mit großer Wirkung
Immer mehr deutsche Sparer legen ihr Geld nachhaltig an. Das Volumen entsprechender Anlagen wächst kräftig. Der Bewusstseinswandel wirkt mittlerweile deutlich über das Segment hinaus. Ein Effekt, der sich weitgehend unbemerkt vollzieht, aber weitreichende Konsequenzen hat.
Das Wachstum der nachhaltigen Geldanlagen aus den Vorjahren hat sich 2011 weiter fortgesetzt. Laut dem Marktbericht „Nachhaltige Geldanlagen 2012“, den das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) am 24. September in Berlin veröffentlicht hat, ist der Markt allein in Deutschland um 11% gewachsen.
Die Branche wächst
Insgesamt liegt das Volumen entsprechender Anlagen damit bei rund 63 Mrd. Euro. Das klingt nach viel Geld. Doch bezogen auf den deutschen Anlagenmarkt reicht dies nach Berechnungen des FNG nur für einen Anteil von 1,2%: „Auch im Vergleich zum konventionellen Markt hat sich der nachhaltige Anlagenmarkt in Deutschland im vergangenen Jahr ausgesprochen positiv entwickelt. Der Gesamtmarkt verlor zwischen 2010 und 2011 um knapp 3%. Damit hat sich auch der Anteil nachhaltiger Anlagen am Gesamtmarkt erhöht. Erstmals konnte mit einem Anteil von 1,2% in Deutschland die 1%-Marke geknackt werden.“ Es fällt schwer, anhand dieser Relationen von einem wirklichen Umdenken zu sprechen. Um in einem überschaubaren Zeitraum auf einen signifikanten Anteil zu kommen, müssten die Wachstumsraten deutlich höher ausfallen. Doch die Studie weißt noch eine weitere Summe aus.
Nachhaltig ist nicht nur grün
So zeigt der aktuelle Marktbericht, dass sich auch konventionelle Vermögensverwalter bei ihren Investitionsentscheidungen immer häufiger an nachhaltigen Gesichtspunkten orientieren. Doch was genau bedeutet das eigentlich? Um nachhaltige Investitionen handelt es sich, wenn neben wirtschaftlichen Aspekten, wie beispielsweise Gewinnmarge und KGV, auch die Art und Weise, wie der Gewinn erwirtschaftet wird, von Bedeutung ist. Dazu gehören aber nicht nur ökologische Kriterien, sondern – wie im englischen Ausdruck Environment, Social, Governance zum Ausdruck kommt – auch soziale und ethische Belange. International werden Investments, die ethische, soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen, daher unter den Begriffen Socially Responsible Investments (SRI) beziehungsweise Environment, Social, Governance (ESG) zusammengefasst. Vielfach werden hierzulande auch die Bezeichnungen grünes Geld oder grüne Investments gebraucht. Letztere sind jedoch genaugenommen nur ein Teilbereich.
Einfluss enorm gewachsen
Interessant ist nun, dass mittlerweile bei herkömmlichen Fonds im Volumen von über 600 Mrd. Euro sogenannte Ausschlusskriterien angewendet werden. Addiert man die nachhaltigen Fonds mit Ausschlusskriterien hinzu, liegt das Gesamtvolumen für das Jahr 2011 bei 618,25 Mrd. Euro. Die Auswirkungen der öffentlichen Debatte zum Themenkomplex Nachhaltigkeit sind also viel weitreichender, als die eingangs genannten Zahlen suggerieren. Schließlich ist das Anlagevolumen, das zwischenzeitlich entsprechend beeinflusst wird, zehnmal so groß wie jenes, das explizit in entsprechenden Produkten steckt. Dies ist auch insofern erstaunlich, als das Volumen herkömmlicher Fonds, die mit Ausschlusskriterien gearbeitet haben, 2010 erst 9,3 Mrd. Euro betragen hat: „Der Grund hierfür liegt an den zu Ausschlüssen zählenden Asset Overlays. In den Jahren 2010 und 2011 haben viele große Asset Manager in Deutschland damit begonnen, insbesondere das Ausschlusskriterium Streumunition auf alle ihre Assets anzuwenden“, so das FNG in seinem aktuellen Marktbericht.
Wir müssen draußen bleiben
Ein Blick auf die Liste der Ausschlusskriterien und der damit verknüpften Anlagegelder zeigt, dass diese keineswegs nur einzelne, besonders verwerfliche Aspekte abdecken. So rangieren der Handel und die Produktion von Waffen mit 27,5 Mrd. Euro auf Platz 2, Direktinvestitionen in Rohstoffe aus dem Bereich der Nahrungsmittel auf Platz 3 (17,8 Mrd. Euro), Pornografie (9,4 Mrd. Euro) auf Platz 4 und Tabak auf Platz 5 (8,5 Mrd. Euro). Auf den weiteren Plätzen folgen unter anderem Glücksspiel, Atomkraft, Tierversuche, Alkohol und Kinderarbeit. Die Festlegung von Ausschlusskriterien ist die älteste und weltweit am weitesten verbreitete Strategie im Bereich der nachhaltigen Anlagen. Das ist insofern wenig verwunderlich, als sie besonders transparent und vergleichsweise einfach umzusetzen ist.
Ungeliebte Musterschüler
Für Anleger, die nicht ausschließlich auf Unternehmen aus dem Bereich der regenerativen Energien setzen möchten, hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass unliebsame Überraschungen weitgehend vermieden werden können. Ein Problem, das bei dem ebenfalls weitverbreiteten „Best-in-Class-Ansatz“ häufig auftritt. Hier werden die gemäß ethischen und moralischen Kriterien jeweils Besten einer Branche ausgewählt. Eine Methodik, die beispielsweise bei großen Nachhaltigkeitsindizes wie dem Dow Jones Sustainibility Index und dem FTSE 4 Good Index angewandt wird. Allerdings hat dieser relative Ansatz einen schwerwiegenden Nachteil, denn im Extremfall könnte beispielsweise auch ein Rüstungsunternehmen als ökologisches Investment gelten, nämlich dann, wenn es nachhaltiger handelt als seine Wettbewerber: Der nachhaltigste Ölkonzern war beispielsweise über lange Zeit BP.
Solarwerte ziehen NAI nach unten
Anleger, die eine langwierige Auswahl vermeiden möchten, deswegen aber nicht auf eine strikte Auslegung des Nachhaltigkeitsgedankens verzichten wollen, greifen zu bewährten Indizes. Das beste Beispiel für ein solches Produkt ist der im Jahr 1997 gestartete, international ausgerichtete Natur-Aktien-Index (NAI). Letzterer hat sich in den letzten zehn Jahren als Benchmark für ökologische Geldanlagen etabliert. In diesem und im letzten Jahr blieb das Barometer allerdings deutlich hinter dem DAX zurück. Die Krise der deutschen Solarindustrie hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Auch der älteste Branchenindex, der Domini 400 Social Index, zeichnet sich durch ein besonders strenges Indexkonzept aus. Eine weitere Möglichkeit bildet die nachhaltige Indexfamilie Stoxx Global ESG Leaders der Deutschen Börse. Auch diese Barometer genügen höchsten Ansprüchen: Die Index-Familie basiert auf den Ratings der international renommierten Research-Agentur Sustainalytics.
Grüne Banken auf dem Vormarsch
Einen wichtigen Teil der nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland stellen laut FNG Marktbericht die Kundeneinlagen der Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus sowie die Eigenanlagen der öffentlich-rechtlichen Förderbank des Bundes und der Länder. Ihr Anteil am nachhaltigen Anlagenmarkt lag 2011 bei 63,8%! Erwähnenswert sind hier vor allem vier Institute: Die GLS Bank, die Umweltbank, die Triodos Bank und die Ethik Bank versprechen ihren Kunden, das Geld ausschließlich für ökologische beziehungsweise soziale Projekte und Investitionen zu vergeben. Allein die GLS Bank verzeichnete 2011 ein Kundenwachstum um 27,5%. Bei Genussrechten, geschlossenen Fonds und ähnlichen Produkten sollten Anleger allerdings ein gesundes Misstrauen walten lassen: „Zur mangelnden Transparenz trägt der Umstand bei, dass der Begriff Nachhaltigkeit nicht geschützt ist“, so der Rat für nachhaltige Entwicklung. Ratsam ist hier eine anbieterunabhängige Beratung. Diese bieten beispielsweise die Verbraucherzentralen.
Fazit
Über das Verfahren der Ausschlusskriterien haben ethische und ökologische Aspekte in der gesamten Finanzbranche Fuß gefasst. Wirklich grün sind diese Produkte damit nicht. Doch der Anfang ist gemacht. Und mit den vorgenannten Banken und strikten Index-Konzepten stehen Privatanlegern mittlerweile bequeme Alternativen zur Verfügung. Die Zeit der Ausreden ist damit vorbei.