Im Fußball ein Gigant - an der Börse bald auch?
Mitte kommender Woche startet der deutsche Spitzenverein Borussia Dortmund in die neue Saison der Champions-League. Über das fußballerische Potential der Schwarz-Gelben gibt es kaum Zweifel. Doch führt Erfolg auf dem Fußballplatz automatisch zu guten Ergebnissen auf dem Börsen-Parkett?
Wenn der BVB am kommenden Mittwoch beim SSC Neapel in die neue Saison der Champions-League startet, werden wieder viele Millionen Menschen vor den Fernsehgeräten, am Radio oder live im Stadion gebannt mitfiebern. Die Aussichten für ein ähnlich erfolgreiches Abschneiden auf der großen europäischen Bühne, wie in der vergangenen Saison, in der die Westfalen erst im Finale kurz vor Schluss den Kürzeren zogen, sind gegeben. Die Mannschaft hat deutlich an internationaler Erfahrung gewonnen, der vielumworbene Starstürmer Robert Lewandowski konnte gehalten werden, und der Verein investierte im Sommer noch mal üppige 50 Millionen in neue Topspieler.
Ausgaben in dieser Größenordnung waren vor wenigen Jahren, als der Klub nach jahrelanger Misswirtschaft verbunden mit sportlichem Niedergang um seine Existenz kämpfen musste, noch undenkbar gewesen. Jetzt aber florieren die Umsätze bei Deutschlands einzigem börsennotierten Fußballverein. Die kürzlich veröffentlichten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr bedeuteten einen neuen Rekord. 305 Millionen Euro Konzernumsatz und 53,3 Millionen Jahresüberschuss- so etwas gab es in der 103-jährigen Geschichte der Schwarz-Gelben noch nie.
Die erfreuliche Entwicklung von Borussia Dortmund spiegelt sich zunehmend auch im Aktienkurs wider. Seit Juli 2012 hat sich der Titel um rund 50 Prozent verteuert. Angesichts der Tatsache, dass die Aktie im April 2009 beim Tiefstand von 82 Cent lag, darf man auch aus Börsensicht von einer schönen Comeback-Geschichte sprechen. Aktuell steht das Papier bei 3,60 Euro, ein Anstieg auf bis auf fünf Euro gilt unter Optimisten wie Fans als „realistisches Ziel“. Doch gemach! Fußball bleibt ein unwägbares Unterfangen, und die Wachstumspotentiale sind im Kerngeschäft begrenzt. Bis zum Ausgabekurs vom Oktober 2000, der 10,50 Euro betrug, ist es daher noch ein weiter Weg.
Doch das Potential, mittel-bis langfristig den Kurs der Jahrtausendwende zu erreichen oder gar zu übersteigen, ist durchaus da. Immer mehr Investoren interessieren sich für die BVB-Aktie, die nicht mehr nur ein Produkt für Fans ist, sondern zunehmend als echte Geldanlage gesehen wird. Bei einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von gerade mal rund fünf ist das Papier ein echtes Schnäppchen. Kein Wunder also, dass die WirtschaftsWoche das Papier in den zurückliegenden Monaten bereits zweimal empfohlen hat. Auch die Bankhaus Lampe KG, sowie Close Brothers Seydler Research AG gaben kürzlich eine Kaufempfehlung für die Aktie ab und erhöhten das Kursziel auf fünf Euro.
Ohne Schulden auf Torejagd
Ausschlaggebend dürfte dabei nicht zuletzt die Tatsache sein, dass Borussia Dortmund erstmals seit vielen Jahren wieder de facto schuldenfrei ist. Die restlichen Verbindlichkeiten von knapp 56 Millionen Euro werden von Forderungen und liquiden Mitteln überstiegen. Damit ist es dem BVB innerhalb weniger Jahre gelungen, den Schuldenberg um mehr als 150 Millionen Euro zu reduzieren. Finanzchef Tress kündigte zudem an, man wolle 2026 auch de jure schuldenfrei sein und plane keine großen außerplanmäßigen Tilgungen mehr, da die meisten Verbindlichkeiten sehr langfristig und zinsgünstig finanziert seien; der gewichtete Durchschnittszins liege nur mehr bei gut fünf Prozent.
Bis dahin dürfte der Markenwert der Borussia – unter der Voraussetzung anhaltender sportlicher Erfolge – weiter deutlich steigen. Laut dem Londoner Beratungsunternehmen Brand Finance ist die Marke Borussia Dortmund momentan 202 Millionen Euro wert und belegt damit Platz 10 in der Liste der wirtschaftlich wichtigsten internationalen Fußballvereine. Was das Wachstum angeht, ist der BVB der zweitbeste Fußballclub der Welt mit einer Steigerung von 24 Millionen Euro. Eine kürzlich unabhängig veröffentlichte Studie kam sogar zu dem Ergebnis, dass Borussia Dortmund derzeit von allen deutschen Fußballclubs die beliebteste und am besten zu vermarktende Marke besitzt. Noch vor dem Branchenprimus FC Bayern.
Borussia bei Sponsoren gefragt
Derartige Nachrichten stoßen natürlich auch bei potentiellen Sponsoren auf waches Interesse. Die Fluggesellschaft Turkish Airlines etwa ist seit dieser Saison für zehn Millionen Euro als Premium-Partner bei den Westfalen eingestiegen. Hinzu kommen Evonik, was ebenfalls etwa zehn Millionen Euro pro Saison in die Kassen spült. Mittelfeld der Sponsoren bilden Puma mit sechs Millionen Euro, Signal Iduna mit fünf Millionen und Opel mit 2,5 Millionen. Eine Reihe weiterer kleinerer Geldgeber spielt darüberhinaus mit. „Die Wirtschaft merkt, dass wir als Verein sehr gut rüberkommen, dass wir eine sehr junge und sympathische Mannschaft haben. Und natürlich einen Trainer, der mittlerweile eine unfassbare Sympathiewelle auslöst“, freut sich BVB-Boss Hans-Joachim Watzke.
Eine neuerliche Steigerung des Rekordergebnisses hängt stark vom Abschneiden Dortmunds in der Champions-League ab. Kann eine Endspielteilnahme wiederholt werden? Aufgrund der enormen, europaweit verbreiteten Leistungsdichte in diesem Wettbewerb kann nicht zwingend von einer Wiederholung dieses Erfolges der vergangenen Saison ausgegangen werden. Watzke ist klug und garantiert keine Finalteilnahmen oder nationale Titel. Aber er verspricht den Anlegern, finanziell nie wieder in die zweite Liga abzusteigen: „Wir werden nie wieder Schulden machen um des sportlichen Erfolgs willen.“ WIM