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Aktien > Krise der Autoindustrie

Jede fünfte Porsche-Aktie leerverkauft

Michael Kretschmer (l-r, CDU), Ministerpräsident von Sachsen, Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Porsche-Chef Oliver Blume stehen zum Produktionsstart neben einem vollelektrischen Porsche Macan im Werk Leipzig. Der Sportwagenhersteller hat rund 600 Millionen Euro in den Ausbau des Werks investiert. (Foto: Picture Alliance / dpa / Jan Woitas)

Bei keinem Dax-Wert lag die Short-Quote zuletzt höher als bei Porsche. Die Wetten dürften größtenteils aufgegangen sein.

Porsches Börsenmotor stottert. Böse Zungen würden vielleicht sogar behaupten: es ist nicht mehr weit bis zum Totalschaden. Für manch Aktionär ist der womöglich schon eingetreten. Wer im März 2023 bei 120,80 Euro, dem bisherigen Rekordhoch der Porsche-Aktie, eingestiegen war, hat, stand jetzt, mehr als die Hälfte seines Einsatzes verspielt. Zumindest mal ein stattlicher Wertverlust. Unter der Woche erreichten die Papiere des Sportwagenbauers bei 56,20 ein neues Rekordtief. Fast 40 Prozent haben die Titel auf Sicht von 12 Monaten an Wert verloren. Und die Talfahrt der nach dem Börsengang im Herbst 2022 zunächst so erfolgreich gestarteten Aktie beschleunigt sich. Innerhalb von sechs Handelstagen summierte sich zuletzt ein Minus von fast zehn Prozent.

Dieser erneute Kursrutsch dürfte einigen Profis am Markt eine Menge Geld beschert haben. Gegen keine andere Aktie im Dax wurde zuletzt so stark gewettet, wie gegen die von Porsche.  Anfang November war fast jede fünfte Aktie von Porsche leerverkauft. Das entspricht einer Short-Quote von zirka 19 Prozent. Die Quote gibt den Anteil der Leerverkaufspositionen an allen Aktien, die sich im Streubesitz befinden, an. Ende November lässt sich festhalten: die großangelegte Wette gegen die Stuttgarter ist aufgegangen.

Porsche-Aktie

Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei 84,75 Euro

Allein, was spricht so sehr gegen die Aktie der einst so erfolgsverwöhnten Sportwagenmarke? Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt immerhin bei 84,75 Euro. Das entspräche beim aktuellen Kurs einem Aufwärtspotenzial von über 50 Prozent. Sechs der befragten Experten raten zum Kauf, drei zum Halten, niemand zum Verkauf. Deutsche Bank-Analyst Tim Rokossa bewertete die jüngsten Ergebnisse der VW-Tochter nüchtern und wies auf die positiven Signale, die der Autobauer für das Schlussviertel gesendet habe, hin. Auch die Analysten von Goldman Sachs und Berenberg nahmen Porsches drittes Quartal unaufgeregt zur Kenntnis und beließen ihre Kursziele bei 85 und 83 Euro.

Dabei lief es von Juli bis September wirklich schlecht für Porsche. Die für viele Investoren im Fokus stehende operative Marge lag nur noch bei 10,7 Prozent. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte diese noch 17 Prozent erreicht. Bei 17 bis 19 Prozent wollte Porsche die operative Marge ab 2025 eigentlich dauerhaft sehen. Daraus dürfte nun wohl erst einmal nichts werden. Nach neun Monaten liegt der Umsatz der Stuttgarter mit 28,6 Milliarden zudem rund fünf Prozent niedriger als im Vorjahr, der operative Gewinn sackte um 27 Prozent auf rund vier Milliarden Euro ab. Der Nettogewinn sank um 30 Prozent auf 2,76 Milliarden Euro. Besonders verunsichert haben dürfte Investoren, dass sich Porsches Umsatz- und Ergebnisrückgang im dritten Quartal gegenüber dem ersten Halbjahr noch einmal beschleunigte. Insgesamt lieferte die Kultmarke von Januar bis September 226.026 Fahrzeuge aus, sieben Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Porsche kämpft vor allem mit sinkenden Verkäufen in China. In den ersten neun Monaten 2024 setzte man dort nur 43.280 Autos ab, ein Minus von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Käufer in der Volksrepublik sind im Zuge mauen Wirtschaftswachstums und der Immobilienkrise im Land zurückhaltender geworden, was Ausgaben für Luxus betrifft. Zudem setzen sich vor allem junge Chinesen zunehmend lieber in heimische Autos, die weniger mit einem röhrenden Motor überzeugen, dafür mit günstigen Preisen und einem starken Infotainment-Angebot.

Zuletzt drückte zudem Donald Trumps Wahlerfolg in den USA auf den Aktienkurs. Ein Handelskrieg zwischen den USA, China und Europa, träfe Porsche über möglicherweise steigende Einfuhrzölle hart. Porsche stellt einen Großteil seiner Autos in Deutschland her, besitzt in China beispielsweise gar keine eigene Produktion.

Ist der Boden erreicht?

Gründe genug, auf fallende Kurse zu wetten. Gleichzeitig zeigen die wenig überrascht wirkenden Analystenkommentare und die immer noch recht hohen Kursziele: der Boden könnte damit erreicht, viel Negatives eingepreist sein. Denkbar, dass Anfang Dezember die Short-Quote bei Porsche deutlich niedriger ausfällt. Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke sagte im Rahmen der Zahlenvorlage selbst: „Wir erwartet ist das dritte Quartal das schwächste des Geschäftsjahres 2024.“ Besserung scheint Meschkes Aussagen nach in Sicht: Den neuen 911er habe es bis dato nur als Basismodell gegeben, erklärte er. Die hochgerüsteten margenträchtigeren Varianten kommen erst noch. Der neue Elektro-Macan ist zudem noch in der Anlaufphase. Man habe in den ersten Wochen allerdings schon 5.000 Autos des Typs verkauft und sei sehr zufrieden mit dem Auftragseingang in Europa und Nordamerika.

Porsche runderneuert aktuell weite Teile seiner Produktpalette. Das lässt Käufer zurückhaltender agieren, weil diese lieber auf die neuen Modelle warten. Das nährt gleichzeitig die Hoffnung auf einen Nachfrageschub in den kommenden Monaten. Meschke nach, sollen sich Ergebnisse und Bestellungen schon im vierten Quartal wieder aufbessern. Mittelfristig will das Porsche-Management auch über Kostenreduktionen und eine Überarbeitung der Wertschöpfungskette profitabler werden.

Böse Überraschungen könnten so erst einmal ausbleiben und womöglich langsam auch an der Börse der Turnaround beginnen. Immer für die Porsche-Aktie spricht die starke Marke, der Kultfaktor von Modellen wie dem 911. Porsche, das ist immer noch ein sportliches, jung-dynamisch daherkommendes Statussymbol. Wer glaubt, dass das so bleibt, der bekommt die Aktie nun vergleichsweise günstig.

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