JP Morgan: Nur die Bilanz stimmt wieder
Gemischtes Bild beim US-Bankhaus JP Morgan Chase & Co. Das Vorzeigebankhaus des US-Finanzmarktes verzeichnet zwar einen Rekordgewinn, aber Affären und Altlasten wiegen schwer. Doch ein äußerstes solides Marktumfeld hilft.
Uneinheitlich präsentierte sich das Papier von JP Morgan zum Wochenschluss an den Aktienmärkten: In Europa war das Papier am Freitag unter Druck, in den US-Märkten dagegen leicht im Plus. Und das hat seinen Grund.
Zunächst zu den erfreulichen Nachrichten. JP Morgan Chase & Co. hat im zweiten Quartal ihren Gewinn stärker als erwartet gesteigert. Unter dem Strich hätten 6,5 Milliarden Dollar gestanden – nach 5,0 Milliarden vor Jahresfrist, teilte der US-Branchenprimus am Freitag mit. Pro Aktie waren es 1,60 Dollar – Analysten hatten 1,44 Dollar erwartet. Die Einnahmen stiegen von 22,9 auf glatte 26 Milliarden Dollar. Hier hatten die Analysten im Schnitt mit 24,84 Milliarden Dollar gerechnet. Die Aktien der Bank legten im vorbörslichen Handel zunächst zu, drehten dann an den europäischen Märkten aber ins Minus. Die JP Morgan Chase & Co. ist, gemessen an der Bilanzsumme von mehr als 2.359,1 MilliardenUS-Dollar, die größte Bank der USA. Zum Vergleich: Die ICBC aus China ist mit einer Bilanzsumme von 2.813,5 Mrd. US-Dollardie größte Bank der Welt.
JP Morgan ist nicht allein. Wenige Jahre nach der Finanzkrise verdienen die US-Banken so viel Geld wie nie. Im vergangenen Quartal, das am 30. Juni endete, stiegen die Gewinne in der Branche auf einen Rekordwert von 42,2 Milliarden Dollar, wie die Einlagensicherung FDIC am Donnerstag mitteilte. Das ist ein Plus von 23 Prozent im Vergleich zum zweiten Vierteljahr 2012. Es sei bereits das zweite Rekordquartal in Folge, teilte die FDIC mit. Schon für das erste Quartal 2013 hatte allein JP Morgan einen Gewinn auf Rekordniveau von 6,5 Milliarden Dollar vermeldet.
2012 war das zweit-ertragreichste Jahr seit der Aufzeichnung der US-Bankenwerte, und der Boom setzte sich im ersten Halbjahr 2013 fort. Einige der US-Großbanken übertrafen mit ihren Erfolgen dabei die Erwartungen der Analysten. „Die Trends aus den letzten Quartalen haben sich im zweiten Quartal fortgesetzt", sagte FDIC-Chef Martin Gruenberg der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge bei einer Pressekonferenz. Er bescheinigte der Finanzbranche zudem eine Besserung seit der Finanzkrise. „Wenige Geldinstitute bleiben ohne Gewinne, die Anzahl der Problembanken ist gesunken, und die Anzahl der Pleiten liegt deutlich unter dem Niveau des Vorjahres." Zu den aktuellen Gewinnen der US-Banken trugen insbesondere ein florierendes Handelsgeschäft sowie sinkende Verlustrückstellungen bei. Die Einnahmen der Banken legten allerdings insgesamt nur kaum zu. Zu den guten Zahlen der US-Bankbranche hat JP Morgan im Vorjahr allerdings nur unterdurchschnittlich beigetragen.
2012 hatte ein Banker bei riskanten Geschäften Milliarden verloren
Im Vorjahr hatte der Londoner Händler Bruno Iksil, der von Kollegen angesichts der Größe seiner Transaktionen mit dem Spitznamen „der Wal“ belegt worden war, mit hochriskanten Wetten 6,2 Milliarden Dollar verzockt und damit ein riesiges Loch in die 2011 noch intakte Bilanz des US-Bankhauses gerissen. Es handelte sich um Derivate-Geschäfte. JP Morgan will den Handelsskandal nun mit einem Vergleich beilegen. Dabei soll es um eine Zahlung über 600 Millionen Dollar gehen. Auch Vertreter von US-Staatsanwalt Preet Bharara seien an den Gesprächen beteiligt, hieß es weiter. Ein Sprecher Bhararas lehnte eine Stellungnahme ab, JP Morgan und die SEC waren dafür zunächst nicht zu erreichen. Nach früheren Informationen von Insidern will sich die Bank mit den Ermittlern einigen, indem sie eine Strafe zahlt und Fehler einräumt. Bis zum Jahresende werde es wohl einen Abschluss geben. Das Geldhaus hat sich bereits mehrfach entschuldigt.
Wegen des Handelsskandals sind Iksils direkter Vorgesetzter Javier Martin-Artajo und der Iksil unterstellte Händler Julien Grout in den USA angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, Verluste in Höhe von Hunderten Millionen Dollar vertuscht zu haben. Iksil selbst kooperiert Insidern zufolge mit den Behörden und wird deshalb nicht vor ein Strafgericht gestellt.
Doch das ist nicht die einzige Baustelle. Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt in einem weiteren Fall gegen JP Morgan. Der US-Tageszeitung „Wall Street Journal“ zufolge prüft JP Morgan, seit dies bekannt ist, außerdem selbst den Verdacht, dass äußerst lukrative Geschäfte in Asien mit Korruption und Begünstigung angekurbelt wurden. Wie die Zeitung am Donnerstag berichtete, geht es dabei vor allem um die Frage, ob Kinder ranghoher Chinesen eingestellt wurden. Damit sollten ertragreiche Verträge, auf deren Abschluss ihre Väter Einfluss hatten, Land gezogen werden. Eine interne Untersuchungsgruppe der Bank begann demnach erst mit der Arbeit, nachdem das Finanzinstitut von der Börsenaufsicht SEC über die eingeleiteten Ermittlungen informiert worden war.
Vorwiegend ist es wohl das Ende der Finanzkrise, das JP Morgan zu der guten Performance verhilft, die jetzt zu verzeichnen ist. Und die Affären, so unangenehm sie auch sein mögen, werden das US-Bankhaus, das vielleicht den Spitznamen seines durch Milliardenzockerei aufgefallenen Händlers Bruno Iksil übernehmen sollte, kaum aus der Bahn bringen lassen. Der Wal zieht seine Bahn. Handelsblatt / sig