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K+S: Die klassische Rohstoffkrise

Talfahrt, Verkaufssignal, Finger weg: Zahlreichen Analysten zufolge ist die K+S-Aktie auch mit ihrem diesjährigen Tiefststand noch überbewertet. Andere machten die jüngste Entwicklung des Kalipreises zum Hoffnungsträger. Doch beim Kasseler DAX-Konzern kommen ständig neue Probleme hinzu und verdüstern die Zukunftsaussichten. Kann K+S die neuerliche Krise aus eigener Kraft überwinden?

BÖRSE am Sonntag

Talfahrt, Verkaufssignal, Finger weg: Zahlreichen Analysten zufolge ist die K+S-Aktie auch mit ihrem diesjährigen Tiefststand noch überbewertet. Andere machten die jüngste Entwicklung des Kalipreises zum Hoffnungsträger. Doch beim Kasseler DAX-Konzern kommen ständig neue Probleme hinzu und verdüstern die Zukunftsaussichten. Kann K+S die neuerliche Krise aus eigener Kraft überwinden?

Das deutsche Bergbauunternehmen K+S (ehemals Kali + Salz AG) blickt seit diesem Freitag auf eine 125-jährige Unternehmensgeschichte zurück. Über die Jahrzehnte hat es sich zu einem der weltweit wichtigsten Hersteller von Kali-/Magnesium- sowie Salzprodukten entwickelt. 2013 erwirtschaftete der DAX-Konzern einen Umsatz von 3,95 Milliarden Euro und blieb damit seit 2011 stabil. 51,6 Prozent davon fielen auf den Geschäftsbereich der Kali- und Magnesiumrohsalze. Wichtigster Absatzmarkt für Düngemittel und Co. war 2013 Europa mit einem Anteil von 52,6 Prozent, weit vor Südamerika und Asien mit etwas über 20 Prozent. Um den enormen Bedarf vor allem der Landwirtschaft zu decken, verfügt K+S zum Beispiel mit den Kali-Salzbergwerken Werra über das größte Kali-Abbaugebiet der Welt. Knapp 4.400 Mitarbeiter von insgesamt über 14.000 beschäftigt K+S an den vier Standorten des Werra-Gebiets in Hessen und Thüringen – wichtige Arbeitsplätze der Region. Doch die ökologischen Konsequenzen des Abbaus und der Weiterverwertung sorgen seit geraumer Zeit für Proteste und Konflikte mit europäischen Wasserrichtlinien.

Mit dem hessischen Umweltministerium hat K+S nun endlich eine Lösung ausgehandelt, die den Konzern allerdings viel Geld kosten wird. Ab Ende 2015 sollen die Kasseler mehrere hundert Millionen Euro in ein vierstufiges Salzabwasserkonzept investieren. Mithilfe einer Pipeline und einer neuen Reinigungsanlage soll die Werra (Zufluss der Weser) bis 2075 wieder Süßwasserniveau erreichen. Die ersten hohen Beträge sind wohl schon in Etappe eins bis 2021 fällig. Insgesamt befindet sich K+S in einem Zwiespalt, was die Unternehmensphilosophie angeht: Einerseits möchte man mit Düngemitteln zu einer leistungsfähigen Landwirtschaft beitragen, die auf lange Sicht eine wachsende Weltbevölkerung ernähren kann. Wasserlösliches Kaliumoxid trägt beispielweise in der Bodendüngung zum Pflanzenwachstum bei. Andererseits belastet die Förderung und Verarbeitung der erforderlichen Mineralien die Umwelt teilweise so stark und einseitig, dass die ökologische Bilanz des Düngemitteleinsatzes den Betrachter zur Salzsäule erstarren lässt. Die aufgehäuften Überreste der gigantischen Produktion haben den regionalen Sprachgebrauch im Werra-Gebiet zum Beispiel um „Monte Kali“ erweitert.

Zukunftspläne und die Marktmacht der Anderen

Gleichzeitig geraten die Vorkommen im Heimatland des Rohstoffkonzerns an ihre Grenzen. Rettung sucht K+S in Kanada, doch das rund 2,9 Milliarden Euro teure Kaliwerk in Saskatchewan wird erst 2016 in Betrieb genommen. Bis dahin unterzieht sich das Unternehmen einem umfangreichen Sparprogramm: Seit Ende letzten Jahres hat die Konzernführung unter dem Vorstandsvorsitzenden Norbert Steiner die Zügel bei den „Sachaufwendungen“ angezogen. Eine halbe Milliarde Euro sollen dadurch eingespart werden, die Börsianer freute das zunächst. Da K+S in seinen Geschäften stets auch hohe Ausgaben für Förderung und Verarbeitung hat, ist man in der Großwetterlage stark vom Kalipreis abhängig. Die Querelen des russischen Konkurrenten und Marktführers Uralkali mit dem weißrussischen Staatskonzern Belaruskali im Sommer 2013 hatten für einen Preisschock in der Düngemittelbranche gesorgt. Damit einher ging ein deutlicher Absturz der K+S-Aktie um fast acht Euro in nur einer Woche. Während es im Frühjahr dann wieder nach Erholung aussah und die Präsentation der Ergebnisse des ersten Halbjahres 2014 noch mit Optimismus seitens der Geschäftsführung einherging, ist die Aktie nun seit etwa drei Wochen auf Talfahrt.

Wie in vielen Rohstoffmärkten zeichnet sich der Großteil der Geschäfte nicht durch langfristige und fixe Verträge aus, sondern durch „langfristige Kundenbeziehungen sowie revolvierende Rahmenvereinbarungen mit unverbindlichen Mengen- und Preisindikationen“, wie K+S es beschreibt. Das Salzgeschäft ist jedoch längst nicht so anfällig für plötzliche Schwankungen wie der Handel mit Kali-Produkten.

Rekordernten unerwünscht

Die zweite Säule des Konzerns besteht nämlich aus Natriumchlorid: Kochsalz. Rund 30 Millionen Tonnen Salz produziert K+S, oder besser gesagt die „esco – european salt company“ sowie die beiden Zukäufe Sociedad Punta de Lobos und Morton Salt, nach eigenen Angaben jedes Jahr. Produkte wie Speisesalz und Pharmasalze für Infusions- und Dialyselösungen tragen 44,4 Prozent des Umsatzes bei. Dazu kommen sogenannte „ergänzende Aktivitäten“ wie Entsorgung, Recycling und Tierhygieneprodukte. In den kalten Monaten streuen viele Städte und Gemeinden die Straßen und Gehwege mit K+S-Salz. Die milden Bedingungen im deutschen Winter 2013/14 schmerzten den Konzern dabei nur wenig: 64,5 Prozent des gesamten Salzabsatzes fallen auf Nordamerika.

Abgesehen von politisch begründbaren Krisen leidet K+S auch indirekt unter Entwicklungen aus der Agrarwirtschaft. Beispielhaft: Die Mais-Rekordernte dieses Jahres in den USA veranlasst zu der Prognose, dass die Produktion vorerst zurückgefahren wird, um den Preisverfall der goldgelben Getreideart zu stoppen. Das wiederum bedeutet eine sinkende Nachfrage nach produktionssteigernden Düngemitteln, die meist neben Phosphat und Stickstoff auch aus kalihaltigen Produkten bestehen. Noch vor wenigen Wochen waren einige Analysten hoffnungsfroh, was die kalibezogenen Umsätze von K+S anging und empfahlen den Kauf der Aktie. Seitdem ist das Papier von 24,86 Euro auf 21,12 Euro abgerutscht (Stand: 03.10.14). Trotzdem spaltet K+S die Börsenanalysten noch in zwei Lager.

Hoffnung und Spekulation bei Salz und Kalipreis

Im Falle eines kälteren Winters und einer kontinuierlichen Normalisierung des Kalipreises könnte, so Marktbeobachter, das Papier unterbewertet sein. Unterstützt durch einen schwachen Euro könnte K+S sich wieder fangen, da so der Kali-Export nach Europa teurer und das große Nordamerikageschäft profitabler werden könnte. Die Aktie würde dann momentan „deutlich zu günstig“ sein. Falls es so kommt, doch es kann bekanntlich auch anders kommen. In der Analyseabteilung der Deutschen Bank jedenfalls bleibt Virginie Boucher-Ferte in ihrer Einschätzung von diesem Freitag bei der Einstufung „sell". Das Kursziel liege weiterhin bei 19,00 Euro.

Verkaufsempfehlung hin – Marktlage her: Generell scheint die Zwei-Säulen-Strategie von K+S sinnvoll zu sein: Kali- und Magnesiumprodukte werden auch auf lange Sicht zur globalen Agrarwirtschaft gehören. Das Salzgeschäft ist zudem nicht ganz so schockempfindlich und gut auf mehrere Märkte verteilt. Dafür trennte man sich in der Vergangenheit beispielweise vom wenig profitablen Bereich „K+S Nitrogen“. Sofern das derzeitige Sparprogramm durchgezogen wird und die Expansion in Kanada mittelfristig erfolgreich anläuft, kann K+S wieder auf bessere Zeiten hoffen und die Krise auch aus eigener Kraft überwinden. Doch muss der Konzern mit großen Investitionen in vielen Bereichen rechnen, um seine ökologische Bilanz aufzubessern – das zeigt der Kompromiss mit der hessischen Politik.

Fazit

Inwiefern sich der Kalipreis wieder erholt und damit die Aussichten für den Konzernumsatz kuriert, bleibt relativ wilden Spekulationen und unter anderem der Willkür von Uralkali überlassen. So blieben jüngst einige Meldungen, denen von Analysten Signalcharakter für die Branche zugesprochen wurde, ohne positiven Effekt für das K+S-Papier. Die amerikanische Potash Corp. kündigte vor drei Wochen eine Preiserhöhung für Kali in Asien an, der K+S-Wert zuckte kurz. Seitdem geht es bergab. Von kurzfristiger Euphorie sollte man sich bei diesem Börsenwert daher besser nicht anstecken lassen.