Lenzing: Neues Jahreshoch 2010
Die Aktie des österreichischen Faserspezialisten kletterte in der vergangenen Woche auf ein neues Hoch im bisherigen Jahresverlauf 2010. Sie setzte damit den Aufwärtstrend seit März 2009 fort. Für Rückenwind könnten jüngst die Aussagen des Vorstands im Rahmen der angekündigten Anleihenplatzierung gesorgt haben.
Lenzing will sich mit der Emission einer siebenjährigen Anleihe bis zu 120 Mio. Euro beschaffen. Verzinst werden soll sie mit 3,75 bis 4 Prozent. Die Stückelung liegt bei 1.000 Euro und das Unternehmen zielt damit auch auf Kleinanleger, wohl nicht zuletzt, weil der Streubesitz bei den Aktien sehr gering ist, weniger als 10 Prozent beträgt. Firmenchef Peter Untersperger zeigte sich in einem Interview mit dem österreichischen Börsenportal www.boerse-express.com auch bereits mehr als zuversichtlich, dass die Anleihe gut vom Markt aufgenommen wird. Seinen Worten zufolge lassen erste Anzeichen bereits darauf schließen. Die Zeichnungsfrist läuft vom 20. bis 22. September 2010, wobei sich die Gesellschaft eine vorzeitige Schließung vorbehält. Das Volumen von 120 Mio. Euro hat sie gewählt, weil dies den Angaben zufolge eine Minimumgröße für die Märkte ist. Der Konzernchef ist sich aber sicher, dass Lenzing auch locker an die 300 Mio. Euro bei Investoren unterbringen könnte. Wie er weiter ausführte, hat man mit der Entscheidung für die Anleihe rund ein Jahr gewartet und einen günstigen Zeitpunkt abgepasst, schließlich hatte man keinen Zugzwang. Der Vorstand verwies auf die vorhandenen offenen Kreditlinien bei Banken von rund 250 Mio. Euro.
Refinanzierung und Investitionen
Genutzt werden soll der Nettoerlös aus der Anleiheemission zum einen für die Optimierung des Finanzierungsportfolios, der Stärkung der Finanzkraft sowie die Refinanzierung bestehender Verbindlichkeiten. Zum anderen will Lenzing damit neue Projekte im Rahmen des geplanten Ausbaus der Produktionskapazitäten finanzieren. Der Vorstand nannte in diesem Zusammenhang beispielsweise die Investitionsvorhaben in Indien, China, bei der tschechischen Tochter Paskov und am Stammsitz in Lenzing. Der geplante anhaltende Ausbau der Kapazitäten, konkret sollen sie im Kerngeschäft Fasern bis 2015 von derzeit rund 690.000 auf etwa 1 Mio. Tonnen jährlich steigen, kommt nicht von ungefähr. Der Vorstand betonte anlässlich der jüngsten Anleiheemission erneut, dass Lenzing auch in den nächsten Jahren eine starke Fasernachfrage erwarte. „Die Megatrends Bevölkerungswachstum und Wohlstandszuwachs, aber auch die Notwendigkeit, Produkte auf Basis nachhaltiger Rohstoffe zu produzieren, und der Klimawandel sprechen für eine Fortsetzung der Lenzing-Erfolgsstory“, so Untersperger. Seinen Worten zufolge zeigen außerdem die guten Ergebnisse des ersten Halbjahres 2010, dass die antizyklische Investitionspolitik in den vergangenen zwei Jahren absolut richtig war.
Starke Halbjahresbilanz
Die Aussage kann man mit Blick auf die Geschäftsentwicklung in den ersten sechs Monaten 2010 nur unterstreichen. Der Konzern konnte demnach eigenen Angaben zufolge wie bereits im ersten Quartal das gute globale Marktumfeld optimal nutzen und erzielte im zweiten Quartal 2010 ein ausgezeichnetes Ergebnis. Dies zeigt sich auch eindrucksvoll an den konkreten Zahlen. Im Zeitraum Januar bis Juni kletterte der Umsatz zum Vorjahreszeitraum um 43,6 Prozent auf 847,2 Mio. Euro. Zu dem stärksten Zuwachs der vergangenen Jahre trugen die höheren Produktionsmengen bei Fasern, die Preisdynamik auf den globalen Märkten, aber auch das im April 2010 erworbene Zellstoffwerk Biocel Paskov (Tschechien) bei. Akquisitionsbereinigt waren es 38,8 Prozent Umsatzplus. Noch stärker zulegen konnten die Erträge. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) schnellte gegenüber dem sehr schwachen Vergleichszeitraum von 15,4 auf 108,6 Mio. Euro. Unter dem Strich schwoll der Profit von 5,9 auf 80,4 Mio. Euro an. Der Überschuss der ersten sechs Monaten 2010 übertraf damit bereits den der Gesamtjahre 2008 und 2009. Ferner war das erste Halbjahr laut Lenzing das beste der Firmengeschichte. Vor allem das Kerngeschäft Fasern (Fibers) entwickelte sich mit einem Umsatzplus von 46,3 Prozent auf 741 Mio. Euro sowie einem Anstieg des EBIT von 13 auf 102 Mio. Euro prächtig.
Fasern aus Holz
In der größten Sparte des Konzerns stellt Lenzing Fasern, vor allem aus Zellulose her. Sie werden zu 100 Prozent aus dem natürlichen Rohstoff Holz gewonnen. Dazu gehört die erste Zellulosefasergeneration „Viscose“, vom Konzern seit mehr als 70 Jahren hergestellt, die in der gesamten Textilindustrie genutzt wird. Zum Sortiment zählen ferner weitere Fasern, beispielsweise „Modal“, „Lenzing FR“ und „Tencel“, die für eine Reihe von Anwendungen genutzt werden, angefangen bei Hygiene- und Kosmetikartikeln über Bettwäsche, Jeans und Funktionstextilien im Sportbereich bis hin zu feuerfester Arbeitsbekleidung. Die beiden deutlich kleineren Geschäftszweige Plastics (Folien, Fäden, Fasern, Garne, Verbunde) und Engineering (Maschinen und Anlagen für die Bereiche Zellstoff und Fasertechnologie, Filtration und Separation sowie Umwelttechnik) runden das Sortiment ab. Bei der geplanten Erweiterung der Kapazitäten setzt der Konzern vor allem auf das Kerngeschäft Fasern und will hier neben dem Ausbau bestehender Werke auch durch Neubauprojekte expandieren.
Fazit
Lenzing hat die letzte Wirtschafts- und Finanzkrise hervorragend gemeistert und lieferte im ersten Halbjahr 2010 glänzende Zahlen ab. Die erwirtschafteten Ergebnisse im zweiten Quartal lagen dabei über denen vor der konjunkturellen Flaute. Die jüngste Ankündigung eine Anleihe zu begeben, ist zwar nicht sonderlich spektakulär, kam bei den Investoren aber offenbar dennoch gut an. Einerseits würde der Konzern mit einer erfolgreichen Platzierung, nach der es auch auszusehen scheint, seinen guten finanziellen Spielraum weiter verbessern, was angesichts der geplanten Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten strategisch sinnvoll ist. Andererseits bekräftigte der Vorstand im Rahmen der angekündigten Anleiheemission seine Einschätzung und erwartet künftig weiterhin eine steigende Nachfrage nach Fasern aus dem Hause Lenzing. Die zuversichtlichen Aussagen zur weiteren Geschäftsentwicklung könnten insgesamt für eine erhöhte Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt gesorgt und damit jüngst den Aktienkurs angetrieben haben. Für das zweite Halbjahr 2010 geht der Vorstand nach den rasanten Zuwächsen in den ersten sechs Monaten zwar von einer nachlassenden Dynamik aus, was seinen Worten zufolge angesichts erster Überhitzungserscheinungen in den ersten sechs Monaten bei der Fasernachfrage jedoch kein Makel ist. So werden zwar auch bei den Ergebnissen im zweiten Halbjahr, insbesondere bei Margen und Erträgen, im Vergleich zum ersten Halbjahr Rückgänge erwartet, der Konzern rechnet aber dennoch mit einer zufriedenstellenden Entwicklung. Wenn sich außerdem die Lage am Fasermarkt beruhigt und eine Überhitzung ausbleibt, spricht dies zudem für eine gute Entwicklung im nächsten Jahr. Und auch darüber hinaus sollte das zu den weltweit führenden Anbietern im Bereich Fasern gehörende substanzstarke Unternehmen seinen Wachstumskurs dynamisch fortsetzen. Aus fundamentaler Sicht ist Lenzing somit unserer Ansicht nach ein vielversprechendes langfristiges Investment. Zudem könnte augenblicklich der Zeitpunkt für einen Einstieg aus charttechnischer Sicht gut gewählt sein, spricht der jüngste Sprung über das bisherige Jahreshoch 2010 doch womöglich für eine fortgesetzte Aufwärtsdynamik.