Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien > Halbleiter-Konzern verliert deutlich an Wert

Nvidia: Sind das Kaufkurse?

Geht es schnell wieder bergauf für die Nvidia-Aktie? (Foto: jamesonwu1972 / Shutterstock)

Der Chiphersteller verliert innerhalb weniger Tage 430 Milliarden US-Dollar an Wert. Ist das der Auftakt einer nachhaltigen Trendumkehr? Oder eine unverhoffte Einstiegsgelegenheit?

Erst schaffte es Nvidia mit einer Marktkapitalisierung von etwas mehr als 3,3 Billionen US-Dollar zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen, kurze Zeit später setzten die Gewinnmitnahmen ein. In drei Tagen verlor die Aktie des Chipherstellers rund 13 Prozent, der Börsenwert schrumpfte damit um 430 Milliarden Dollar und sank wieder unter die Drei-Billionen-Dollar-Grenze. Eine heftige Korrektur, bedenkt man, dass die Verluste fast zweimal dem Börsenwert von SAP entsprechen.  

Kursexplosion: Aus 1.000 US-Dollar hätten 5,9 Millionen werden können

Die Nvidia-Aktie spielt mit den Extremen – und wohl auch mit den Nerven der Anleger. Selbst wer nur einen Teil der exorbitanten Kursgewinne aus den letzten Monaten und Jahren mitgenommen hat, dürfte sich inzwischen vermehrt fragen, ob es Zeit ist, Gewinne zu realisieren. Die Nvidia-Aktie ist die mit der besten Kursentwicklung in den vergangenen 25 Jahren – weltweit. Zum Zeitpunkt des Rekordhochs Mitte Juni summierten sich die Gewinne aus Kurs und Dividenden auf insgesamt 591.078 Prozent. Wer zum Börsengang 1.000 Dollar investiert hätte, hätte 5,9 Millionen daraus gemacht.  Für diese bombastische Rally gehen einem beinahe die Superlative aus.

Wann geht der Aktie mal die Puste aus? Haben die Papiere noch immer Luft nach oben? Der Kursrutsch von vor ein paar Tagen folgte keinen bestimmten Nachrichten, womit klar sein dürfte, dass es sich schlicht um Gewinnmitnahmen gehandelt hat. Das deutet daraufhin, dass Anleger beginnen skeptischer zu werden. Gleichwohl zogen die Verluste auch Käufer an, ihr Zwischentief bei 118 Dollar hat die Aktie schon wieder hinter sich gelassen und notierte Mitte der Woche bei 126 Dollar. Zwar liegen Microsoft und Apple in Sachen Börsenwert so weiter vor Nvidia, doch die Drei-Billionen-Marke ist erneut überschritten.

Nvidia-Aktie

Analysten bleiben optimistisch, doch Sorgen vor Konkurrenzdruck nehmen zu

Die Mehrheit der Analysten bleibt optimistisch. Jefferies-Experte Blayne Curtis hob sein Kursziel vor kurzem sogar noch einmal, von 135 auf 150 Dollar, an. Bernstein-Analyst Stacy Rasgon beließ sein Kursziel in seiner jüngsten Einschätzung bei 130 Dollar, nannte Nvidia neben Broadcom aber weiter seinen „Top Pick“ in der Halbleiterbranche. Insgesamt votieren nur zwei Analysten für das „Halten“ der Aktie, alle restlichen Experten empfehlen die Nvidia-Papiere zum Kauf.

Einer der Skeptiker ist DZ-Bank-Analyst Info Wermann, dessen Kursziel mit 120 Dollar leicht unter dem aktuellen Aktienkurs liegt. Mittel- bis langfristig könnte der Wettbewerb innerhalb der Branche wie auch durch finanzstarke Kunden zunehmen, warnte der Experte in seiner Studie. Zu Nvidias größten Chip-Nachfragern gehören Tech-Giganten wie Microsoft, Amazon oder Alphabet. Alle drei Konzerne arbeiten an eigenen Chips, um die Abhängigkeit von Nvidia auf Dauer zu reduzieren.

Noch aber sind all diejenigen, die in Sachen KI vorne mitspielen wollen, auf die Hochleistungschips von Nvidia angewiesen. Im abgelaufenen Quartal stieg der Nettogewinn des Konzerns um 600 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar, der Umsatz legte um 262 Prozent auf 26 Milliarden Dollar zu. Das laufende Quartal soll dann nochmal etwas bessere Ergebnisse liefern. Den Umsatz erwartet Konzernchef Jensen Huang bei 28 Milliarden Dollar. Mit solchen Gewinnsprüngen und Prognosen rechtfertigt Nvidia in weiten Teilen auch das stets hohe KGV. Derzeit liegt es für 2024 bei über 100. Selbst für einen schnell wachsenden Technologie-Wert ist das extrem hoch. Doch bislang hat es Nvidia immer wieder geschafft, die hohen Erwartungen von Anlegern sogar noch zu übertreffen.

Drohen Überkapazitäten?

Dieser Erfolg könnte aber mittelfristig zur Herausforderung werden. CEO Huang zeigte sich jüngst besorgt über die Nachfrage von Großkunden wie Amazon oder Microsoft, da diese derzeit mehr Chipsysteme kaufen würden, als sie in ihren Rechenzentren überhaupt unterbringen könnten. Damit besteht die Gefahr, dass irgendwann die Nachfrage deutlich zurückgeht. In der Folge drohten dann Überkapazitäten. Freilich, das sind Luxusprobleme. Aber mit Blick auf den hochstehenden Aktienkurs, mahnen sie zur Vorsicht.

Gleichwohl bleibt Nvidia der Konzern der Stunde. Im Hochleistungssegment hat sich der Konzern eine Beinahe-Monopolstellung geschaffen, in etwa 80 Prozent der Highend KI-Prozessoren auf der Welt stammen von Nvidia. Diese Markstellung weiß Nvidia zu nutzen, will von nun an jedes Jahr eine neue Chip-Version auf den Markt bringen. Der „Blackwell B200“, das derzeitige Top-Modell, kostet 20.000 Dollar. Anfang Juni kündigte Huang an, 2025 einen Blackwell Ultra-Chip auf den Markt bringen zu wollen. 2026 soll dann eine gänzlich neue Plattformgeneration mit dem Namen „Rubin“ nachfolgen.

Wetten oder warten?

Nvidia dürfte über diese beschleunigten Produkterneuerungen weiterhin deutliche Gewinnsteigerungen erfahren. Schließlich müssen alle Kunden Jahr um Jahr auf die neuesten Chip-Generationen umsteigen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Inwieweit es Nvidia jedoch gelingt, seine Chips wirklich Jahr um Jahr deutlich besser zu machen, steht noch in den Sternen.

„Ein Einstieg auf diesem Niveau ist keine vernünftige Investition, sondern eher eine Wette“, sagte Marc Ospald von der Vermögensverwaltung Habbel, Pohlig & Partner gegenüber Focus Online. Zur Wahrheit gehört aber auch: bislang sind Wetten auf Nvidia nahezu ausschließlich gut ausgegangen. Wer also einen Teil seines Geldes derzeit nicht akut braucht und gern risikoreich anlegt, kann die Wette eingehen. Konservative Anleger warten womöglich besser an der Seitenlinie.   

Ähnliche Artikel