Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Osram - ist der Siemens-spinoff ein einleuchtender Kauf?

Am ersten Handelstag fiel der Kurs, Osram selbst warnt vor einem Ausverkauf, es schien ein schwieriger Börsenstart. Doch nun scheint es so, als würde das Börsenlicht Osram heller scheinen, als es Pessimisten befürchtet hatten.

BÖRSE am Sonntag

Die Siemens AG hat am Montag ihre Lichttochter Osram an der Börse platziert. Den Anteilseignern des Münchner Technologiekonzerns wurde die Aktie im Verhältnis von 10 zu 1 unter der so schönen wie sinnvollen WKN „LED 400“ ins Depot gebucht, 19,5 Prozent der Anteile bleiben bei Siemens und dem eigenen Pensionsfonds. Dieser Börsengang war von Analysten mit Skepsis beobachtet worden, denn die Konkurrenz in dem sich stark wandelnden Leuchtmittel-Markt ist enorm groß. Dies brachte viele Anleger dazu, Vorsicht walten zu lassen. Entsprechend sackte der Kurs von Osram, der mit 24 Euro pro Aktie in den Handel gestartet war, zunächst bis 23 Euro durch. Davon erholte sich das Papier jedoch, und es beendete den ersten Börsentag mit 23,80 Euro nur knapp unter der Erstnotierung. Das entsprach einem Firmenwert von rund 2,5 Milliarden Euro.

Gleich der Dienstag, der zweite Handelstag, brachte für die Osram Licht AG einen gewaltigen Schritt nach oben. In der Spitze kletterte der Kurs auf 28,74 Euro. Letzter Preis der Sitzung waren 27,84 Euro. Dies war gleichzeitig der höchste Tagesschluss in der ersten Börsenwoche, die letztlich mit einem Kurs von 27,07 Euro endete. Nach dem kräftigen Anstieg am Dienstag konnte die Osram-Aktie das hohe Tempo somit zwar nicht durchhalten, in der Bilanz ergibt sich aber eine erste Handelswoche, die sich sehen lassen kann. Osram strahlt ganz ordentlich, anstatt müde zu glimmen – die Pessimisten hatten mit weniger Performance gerechnet, und der kapitalisierte Wert der Firma lag doch etwas näher an den von Siemens angenommenen 3,23 Milliarden Euro, als es zunächst ausgesehen hatte.

Viel technischer Nachholbedarf

Die negativen Meinungen waren nicht aus der Luft gegriffen. Osram hat technischen Nachholbedarf. Das für seine klassischen, in orange-weiße Pappschächtelchen verpackten  Glühbirnen überaus bekannte Unternehmen muss, nachdem es von Siemens an den freien Markt entlassen wurde, die sicher unumgängliche Fokussierung auf das wachstumsstarke LED-Geschäft aus eigener Kraft stemmen. Die traditionell konservative Mutter wollte in dem von technischer Innovation und Übernahmen, aber auch von Mode und Design geprägten Markt – man blicke nur den aktuellen Autos tief in die Scheinwerfer – nicht zu viele Kräfte lassen, und die Investitionen, die auf die Osram AG zukommen, sind erheblich.

Doch dieses Risiko bedeutet auch eine Chance für den Leuchtmittelkonzern. Vorstandschef Wolfgang Dehen, der am Montag auf dem Frankfurter Parkett die Börsenglocke geläutet hatte, verspricht sich von der Abspaltung von Siemens mehr Freiheit bei Investitionsentscheidungen als bisher. Bisher hatte sich der Münchner Leuchtmittelkonzern mit anderen Siemens-Sparten das Geld, das Siemens in Innovationen stecken wollte, redlich teilen müssen. Nun muss er beweisen, dass das Licht seiner selbständigen Firma heller leuchtet, als es dies unter an Bord des Industrie-Großtankers Siemens tun konnte. Das LED-Geschäft, der wohl gewinnträchtigste Wachstumsmarkt, trägt bislang laut den Analysten von Edison nur gut 25 Prozent zum Konzernumsatz bei, im Börsenprospekt ist zudem eine durchschnittliche Marge beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von acht Prozent vor Steuern ausgewiesen. Das war vielen Siemens-Aktionären, die Osram am Montag in ihrem Depot vorfanden, offenbar zu wenig, wofür der durchsackende Kurs am ersten Handelstag beredtes Zeugnis ablegte. Ursache für Verkäufe war allerdings auch die Tatsache, dass vor allem institutionelle Anleger Osram-Papiere abstießen, weil sie nicht in einen DAX-Indexfonds passen.

Doch Osram hat genug andere Freunde, wie der im Wochenverlauf insgesamt aufwärtsstrebende Kurs belegt. Dass diese Phantasie berechtigt sein könnte, belegen die Ziele des Vorstandschefs. Bis 2015 will das Unternehmen gut einer Milliarde Euro an Kosten eingespart haben. Im vergangenen Jahr hatte Osram zudem bekanntgegeben, dass die Personaldecke weltweit um über 8.000 Stellen gestrafft werden solle. Indessen ist auch der Handel mit Derivaten für die Aktie mit Erleuchtung in Gang gekommen. 72 Zertifikate auf Osram listete die Stuttgarter Börse bereits am Donnerstag, 87 Optionsscheine, ausgegeben von Commerzbank und Deutscher Bank, waren zum selben Zeitpunkt im Handel. Beobachter rechnen fest damit, daß die Zahl der Derivate auf die Osram-Aktie noch deutlich zulegen wird, denn schon das Papier selbst war im Laufe der ersten Woche häufig unter spekulativen Aspekten gekauft worden, und das, obwohl der Konzern selbst auf mögliche hohe Kursrisiken hingewiesen hatte.

Eine Glühbirne war schon geplatzt

Der Börsengang von Osram bedeutet für die ehemalige Konzern-Mutter Siemens ein Happy-End. Einen gescheiterten Börsengang hatte das Papier immerhin schon hinter sich. Das war der Grund dafür, dass man sich am Münchner Wittelsbacherplatz dafür entschieden hatte, den eigenen Aktionären ein Osram-Papier für je zehn Siemens-Anteile ins Depot zu buchen. Für die Altaktionäre hat sich die Abspaltung indes gelohnt, denn die erste Handelswoche verlief gut für Osram, und das Siemens-Papier hat sich, blickt man auf die beiden letzten Wochen, insgesamt gut gehalten. Auf ähnliche Weise hat Anfang 2005 der Chemiekonzern Bayer seine ungeliebte Chemie-Tochter Lanxess an die Börse gebracht. Heute ist das ehemalige Leverkusener Aschenputtel im DAX. Da wurde die Leuchtentochter Osram von ihrer Technologie-Mutter Siemens schon freundlicher in die große weite Welt des Börsenparketts entlassen. Indes: „Ob Osram ein ähnlicher Erfolg wird wie Lanxess, ist fraglich“, sagte Marktanalyst Heino Ruland, und er zeigt auf den Punkt, den alle kennen und der wohl das entscheidende Kriterium ist: „Es wird davon abhängen, ob Osram den Vorsprung der Konkurrenz im LED-Geschäft aufholen kann.“

Insgesamt scheinen sich die Aussichten für Neuemission derzeit wieder etwas günstiger zu präsentieren. Am letzten Donnerstag startete auch die Deutsche Annington in den Börsenhandel – ebenso wie Osram im zweiten Anlauf. Der Ausgabepreis lag mit 16,50 Euro jedoch am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne. Mit einem ersten Kurs von 17,10 Euro und einem Wochenschluss von 17,60 Euro hielt sich der Aktie des Immobilienkonzerns immerhin stabil über der Ausgabemarke.

Bei Osram scheint der Optimismus der Investoren nach dem Börsendebut jedoch heller zu leuchten. Schließlich lag der Aktienpreis am Ende um fast 13 Prozent über dem ersten Kurs. Schon am letzten Wochenende hatte der Osram-Chef sogar die Fassade der Frankfurter Börse mit einer Lichtinstallation in die Unternehmensfarbe orange tauchen lassen. Ob dieses Werben um Anleger erfolgreich war, könnte sich bald zeigen: Das Unternehmen gilt angesichts seiner Marktkapitalisierung als Anwärter auf einen Platz im angesehenen Nebenwerteindex MDAX, und wer weiß, vielleicht macht es Osram in seiner Börsenkarriere dem Aschenputtel Lanxess nach – und landet eines Tages im DAX.

Das Fazit für Anleger ist insgesamt positiv. Handlungsbedarf auf dem Gebiet der Innovation ist kein Grund, eine Aktie zu verschmähen, falls die Grundrichtung stimmt und das Problem erkannt ist. Beides scheint bei Osram zuzutreffen, so daß alle Aktionäre – und nicht zuletzt die mit rund einem Fünftel immer noch beteiligte Siemens AG – über kurz oder lang ihre helle Freude an der leuchtenden Münchner Tochter haben dürften.