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Pro7 Sat.1 träumt vom DAX

Mit dem sukzessiven Ausstieg der Finanzinvestoren bei ProSieben Sat.1 hat die Sendergruppe die Chance, als erstes Medienunternehmen in die Champions League der deutschen Wirtschaft aufzusteigen.

BÖRSE am Sonntag

Passend zum kleinen Börsengang am Montag brillierte ProSieben Sat.1 am Sonntag bei den Zuschauerquoten. Unter den fünf meist gesehenen Sendern in Deutschland waren Sat.1 und ProSieben in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen gleich dreimal vertreten – der Konkurrent RTL kein einziges Mal. Das ist eine Momentaufnahme – natürlich – doch sie kam wie gerufen. Denn am Montag halbierten die bisherigen Mehrheitsgesellschafter KKR und Permira ihren Anteil. Das Duo hält künftig statt 88 Prozent nur noch 44 Prozent. Mit der Umwandlung aller bisherigen Aktien in stimmberechtigten Stammaktien sind nun sämtliche Papiere zum Handel an der Börse zugelassen – zum ersten Mal in der Konzerngeschichte.
Vorstandschef Thomas Ebeling - siehe unse Titelbild - hat bereits seine lukrativen Geschäfte abgewickelt. Im Februar verkaufte der frühere Novartis-Manager bei einem Kurs von 25,12 Euro Aktien für 7,5 Millionen Euro. Damit wurde der ruppige Querdenker endgültig zum Multimillionär. Der Zeitpunkt war scheinbar gut gewählt. Wenige Tage später sickerte nämlich durch, dass die Mehrheitsgesellschafter von Deutschlands größtem Fernsehkonzern, KKR und Permira, noch in diesem Jahr den Ausstieg planten. Den Worten folgten mittlerweile Taten.
Ebeling kann sich ärgern und freuen zugleich. Ärgern, weil er sein Aktienpaket zu früh verkauft hatte. Die Papiere von ProSieben Sat.1 notierten im Laufe der Woche bei stolzen 31,25 Euro, Freitag schloss die Aktie knapp über 31 Euro. Freuen, weil der durchsetzungsfähige Manager am Ziel seiner Träume ist, nämlich die beiden Finanzinvestoren endgültig loszuwerden. Er hatte schon in der Vergangenheit keinen Hehl daraus gemacht, dass er künftig ohne Großaktionär im Konzern regieren möchte. Für KKR und Permira war ProSieben Sat.1 ein gutes Geschäft - wie zuvor bereits für Haim Saban und seine illustre Investorengruppe. Zuletzt gönnte sich das Tandem KKR und Permira die üppige Dividende von 5,63 Euro je Stammaktie – das waren insgesamt über 540 Millionen Euro.

Aktie war bisher sehr volatil

Die vielen Kleinaktionäre von ProSieben Sat.1 brauchen seit jeher starke Nerven. Denn die Volatilität der Aktie ist groß. Die vergangenen Jahre waren besonders strapaziös. Denn vor rund vier Jahren hatte das Papier mit weniger als einem Euro pro Aktie einen Tiefpunkt erreicht. Die gute Kursentwicklung seitdem darf aber den Blick in die Zukunft nicht verstellen. Heute ist eine Beteiligung an ProSieben Sat.1 vor allem eine Wette auf die Zukunft des deutschen Medienmarktes. Denn Tafelsilber gibt es nicht mehr zu verkaufen. Auf Druck der Gesellschafter verkaufte Ebeling jede Auslandsbeteiligung, die sich einigermaßen vergolden ließ. Nun steht und fällt der im Münchener Medienvorort Unterföhring ansässige Fernsehkonzern mit dem deutschen Markt.
Das ist riskant. Denn trotz der großen Stabilität im Werbemarkt wachsen auch hierzulande nirgendwo die Bäume in den Himmel. Der Fernsehmarkt franzt zunehmend aus. Immer mehr Sender müssen sich einen stagnierenden Werbekuchen teilen. Das ist mühsam und aufwendig. Hinzu kommt, der Aufbau von werbeunabhängigen Geschäften wie Musik, Online-Spiele, Soziale Medien oder Fernsehproduktion sowie Rechtehandel ist kleinteilig und langwierig. Oft sind dort zweistellige Margen nur schwer zu erwirtschaften.
Nachdem die Zeit vorüber ist, als nur stimmrechtlose Vorzugsaktien der ProSieben Sat.1 an der Börse gehandelt wurden, stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass der TV-Riese in den Dax aufsteigen könnte. Dort wäre ProSieben Sat.1 dann der einzige Medienkonzern. Eine solche Karriere würde die Branche beflügeln. Angesichts der rückläufigen Erlöse im Printgeschäft und des stagnierenden TV-Werbemarktes ist die Verunsicherung groß.
Mit der Umwandlung aller Aktien in stimmberechtigte Aktien und dem sukzessiven Ausstieg von KKR und Permira wächst nun die Gestaltungsmacht von Ebeling. Noch nie konnte der machtbewusste Manager bei ProSieben Sat.1 so frei schalten und walten wie er wollte. Gleichzeitig ist der kleine Börsengang des Konzerns am Montag auch ein indirekter Hinweis darauf, dass das Interesse institutioneller Investoren am Fernsehgeschäft nachlässt. Denn das Aktienpaket komplett an einen Investor wie beispielsweise Time Warner, Discovery oder News Corp. zu verkaufen, ist gescheitert.
Dem Finanzinvestoren-Tandem blieb gar nichts anderes übrig, als die Aktien über die Börse zu Geld zu machen. Ohne dominierende Großaktionäre wird die Sendergruppe agiler. Nun kann Ebeling zeigen, was er unter digitaler Transformation wirklich versteht. Sollten er sein Ziel erreichen, nämlich die TV-Sendergruppe zu einem schlagkräftigen digitalen Medienhaus mit der gesamten audiovisuellen Wertschöpfungskette zu machen, dann ist der Aufstieg in den Dax nur eine Frage der Zeit. Handelsblatt / Hans-Peter Siebenhaar