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Aktien > JPMorgan sieht Einstiegsgelegenheit

Rheinmetall: Muss man diese Aktie haben?

(Foto: Karolis Kavolelis / Shutterstock)

Deutschlands größter Rüstungskonzern wächst so stark wie noch nie, die Auftragsbücher quellen über. Dem Kauf der Aktie stehen wenn, dann nur noch moralische Zweifel im Weg.

Rheinmetall gilt als einer der größten Profiteure des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Die Düsseldorfer liefern Panzer und Munition zur Verteidigung in das Land, bauen dort nun sogar eine Fabrik auf. Die durch die westlichen Waffenlieferungen vor allem bei den europäischen Nato-Mitgliedern leergefegten Depots, müssen darüber hinaus wieder bestückt werden, die Nachfrage nach Munition und schwerem Kriegsgerät ist enorm. Allein die deutsche „Zeitenwende“ bringt Rheinmetall noch vor wenigen Jahren undenkbare Aufträge in Milliardenhöhe ein. Die lange Zeit – auch an der Börse – eher verpönte europäische Rüstungsindustrie hat auf einmal eine neue Systemrelevanz bekommen. Leere Waffen- und Munitionslager kann sich die Nato in der aktuellen Situation nicht leisten. Und besonders die Munitionsnachfrage aus der Ukraine bleibt immens. Rheinmetall stellt die dort in großem Umfang benötigte 155mm-Artilleriemunition her. Zudem hat allein die Bundeswehr im Juni einen Rahmenvertrag mit Rheinmetall über diese Art der Munition im Wert von 8,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Aus den USA könnte bald ein Großauftrag kommen. Rheinmetall ist als Produzent eines Nachfolgers des Schützenpanzers Bradley im Gespräch. Es geht wohl um ein Gesamtvolumen von rund 45 Milliarden US-Dollar. In Italien gründete Rheinmetall zuletzt mit dem Rüstungskonzern Leonardo ein Gemeinschaftsunternehmen zum Panzerbau. Im vergangenen Jahr hatte Rheinmetall den Munitionshersteller Expal Systems aus Spanien übernommen.

Rheinmetall kann langfristig planen. Die Auftragsbücher sind nicht nur voll, sie quellen fast über. Die Nachfrage übersteigt die Kapazitäten des Konzerns deutlich, obwohl er diese schon seit längerem ausweitet. Ende Juni lag der Auftragsbestand bei 48,6 Milliarden Euro – ein Anstieg um 62 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das schlägt sich auch in Umsatz und Ergebnis wieder. Im zweiten Quartal stiegen die Einnahmen um 49 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro, der operative Gewinn legte um 110 Prozent auf 270 Millionen Euro zu. Nach Steuern blieben 79 Millionen Euro übrig. Gegenüber dem ebenfalls schon starken ersten Quartal konnte Rheinmetall sein Wachstum noch einmal beschleunigen. „So stark sind wir noch nie gewachsen“, lobte CEO Armin Papperger am Rande der Zahlenvorlage die eigene Geschäftsentwicklung. Über die ersten sechs Monate des Jahres erzielten die Kölner nun bereits Umsätze in Höhe von 3,8 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 404 Millionen Euro.

Langfristig 20 Milliarden Euro Jahresumsatz denkbar

Für das laufende Jahr rechnet Rheinmetall mit einem Umsatz von zehn Milliarden Euro. Die operative Marge soll bei 14 bis 15 Prozent liegen. Im Zeitraum April bis Juni lag sie bei 12,1 Prozent. Der Konzern geht also äußerst optimistisch in den Rest des Jahres, will sein Ziele, wie es hieß, „mindestens“ erreichen. Bis ins Jahr 2026 sollen die Umsätze darüber hinaus bis auf 14 Milliarden Euro klettern. Längerfristig seien dann auch 20 Milliarden Euro denkbar, erklärte Papperger.

Rheinmetall-Aktie

Wachstumsaussichten, die Anlegerherzen im Normalfall höherschlagen lassen. Besonders nachdem die Aktie in den letzten Monaten etwas schwächelte, ließe sie sich jetzt wieder etwas günstiger erwerben. Nach dem Rekordhoch aus dem April bei 571,80 Euro hatten Anleger zunächst Gewinne mitgenommen, nachher lief der Kurs seitwärts, pendelte zuletzt um die 500 Euro. Gemessen an den Wachstumsaussichten des Konzerns wirkt das für 2024 erwartete KGV von 23,8 inzwischen niedrig. Neben der Hoffnung auf Kurssteigerungen, können Anleger bei Rheinmetall dazu auf steigende Dividenden hoffen. Die Dividendenrendite liegt derzeit bei 1,6 Prozent. Die jüngste Kursschwäche sei eine gute Einstiegsgelegenheit, schrieb so auch JPMorgan-Analyst David Perry, der sein Kursziel für die Aktie bei 680 Euro beließ. Damit hätten die Papiere ausgehend vom aktuellen Niveau noch ein Potenzial von fast 20 Prozent.

Angesichts der starken Zahlen, glänzenden Wachstumsaussichten und einem maximal konjunkturunabhängigen Geschäft, das über die nächsten Jahre allein schon deshalb auf Hochtouren laufen sollte, weil die Nato-Länder ihre Bestände auffüllen müssen, stellt sich die Frage, ob es für Anleger überhaupt ein Vorbeikommen an der Rheinmetall-Aktie gibt. Tatsächlich gilt aus rein objektiver, renditeorientierter Sicht wohl: im aktuellen Marktumfeld ist diese Aktie ein Fels in der Brandung. Am Ende bleibt möglicherweise allein das moralische Dilemma: Soll das eigene Geld zur Finanzierung von Waffen und Munition verwendet werden? Ist es vertretbar, sich über Kursteigerungen zu freuen, die, wie nun durch die Waffenlieferungen in die Ukraine, im schlimmsten Fall durch Krieg entstehen? Wer an der Börse den maximalen Erfolg erzielen will, darf sich von solchen Fragen nicht leiten lassen, im Raum stehen sie aber natürlich trotzdem.

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