Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien > Rüstungs-Aktien

Rheinmetall, Renk, Hensoldt: Enden die Rallys bald?

(Foto: Karolis Kavolelis / Shutterstock)

Die Aktienkurse deutscher Rüstungshersteller laufen den Schätzungen der Analysten davon, obwohl die immer höhere Kursziele ausgeben. Die KGVs steigen.

Deutschlands Rüstungsunternehmen befinden sich an der Börse weiter auf einer schier beispiellosen Rekordjagd. Nachdem Deutschlands Außenminister Johann Wadephul auf dem Nato-Außenministertreffen in der Türkei angekündigt hatte, zukünftig, wie von US-Präsident Donald Trump gefordert, fünf Prozent der Wirtschaftsleistung in die Landesverteidigung zu stecken, zogen die Aktien von Rheinmetall, Renk und Hensoldt in der Spitze um bis zu sieben Prozent an. In den darauffolgenden Handelstagen setzten sich die steilen Kursanstiege fort, alle drei Titel erreichten Rekordniveaus. Die Aktie des Panzer-Herstellers und größten deutschen Rüstungsunternehmens Rheinmetall hat seit Jahresbeginn nun bereits 190 Prozent an Wert zugelegt, die Papiere des Panzergetriebe-Produzenten Renk liegen im gleichen Zeitraum mit 280 Prozent im Plus, Anteile des Radar- und Optronik-Spezialisten Hensoldt sind um 135 Prozent gestiegen.

Rüstungsaktien haben gerade Hochkonjunktur an der Börse, weil die Unternehmen dahinter wiederum eine historische Sonderkonjunktur erleben. Es ist fast schon eine Art Mega-Super-Zyklus, den die Branche gerade durchläuft, insbesondere auf europäischem Boden. Ein ganzer Kontinent sieht sich infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gezwungen verteidigungsfähiger zu werden und aufzurüsten. Sich innerhalb der Nato allein auf die militärische Stärke der USA zu verlassen, funktioniert mit der Trump-Regierung nicht mehr. Es gilt unabhängiger zu werden vom großen Partner, der im Zweifel vielleicht gar keiner mehr ist.

Umso mehr steht die europäische Rüstungsindustrie im Fokus, die sich vor Milliarden-Aufträgen in der Folge kaum noch retten kann. Allein Deutschland würde bei Einhaltung des Fünf-Prozent-Ziels in diesem Jahr 225 Milliarden Euro in Sicherheit und Verteidigung investieren. Diese Summe ist im Bundeshaushalt auch veranschlagt. Analysten der US-Bank Goldman Sachs prognostizieren bis 2027 europaweit einen Anstieg der Verteidigungsausgaben um rund ein Drittel auf 2,4 Prozent der Wirtschaftsleitung.  

Logisch, dass Anleger da bei Rüstungsaktien zugreifen. Während die Weltkonjunktur stottert und in den USA die Angst vor eine Rezession umgeht, versprechen steigende staatliche Verteidigungsausgaben bei Rheinmetall und Co planbares Wachstum. So sicher ließ sich an der Börse wohl lange nicht mehr auf steigende Gewinne einer Branche setzen. „Buy the boom“, also?  

Mit dieser Strategie wäre man bislang jedenfalls höchsterfolgreich gefahren. Die Rheinmetall-Aktie hat sich auf Dreijahresssicht verachtfacht. Und auch die Papiere der MDax-Unternehmen Renk und Hensoldt haben sich im Vergleichszeitraum fast verdreifacht beziehungsweise mehr als verdoppelt. In der jüngeren Vergangenheit war quasi immer Einstiegszeitpunkt. In diesem Jahr haben sich die Kursrallys bei den drei dominierenden börsennotierten Rüstungsherstellern im Land dazu noch einmal beschleunigt. Analysten kamen dabei kaum noch hinterher, ihre Kursziele nach oben anzupassen.

Damit sind jedoch auch die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Aktien gestiegen. Bei allen dreien liegen diese nun bei über 50. Das bedeutet, dass Anleger aktuell bereit sind, mehr als das 50-Fache des jeweiligen Jahresgewinns je Aktie für eine Aktie zu zahlen. Dahinter verbirgt sich natürlich die Hoffnung auf sich zeitnah vervielfachende Gewinne bei den Unternehmen. Gleichzeitig legen die hohen Werte aber auch ein „Sell the boom“ nahe. Irgendwann schließlich endet jede noch so stabile Rally.

Wie heiß die deutschen Rüstungstitel inzwischen gelaufen sind, zeigt ein Blick auf eine JPMorgan-Studie zur Renk-Aktie. Analyst David Perry verdoppelte darin erst kürzlich sein Kursziel auf 70 Euro. Mit einem Plus von fast sieben Prozent an diesem Mittwoch, haben die Anteile der Augsburger diese Marke jedoch schon wieder erreicht. Auch die Hensoldt-Aktie liegt mit einem Kurs von rund 80 Euro deutlich über dem im Schnitt recht optimistischen Kursziel von 71 Euro der Deutschen Bank. Bei Rheinmetall immerhin liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten mit 1.915 Euro noch über dem aktuellen Kurs von 1.789 Euro. Auch das entspräche aber nur noch einem Aufwärtspotenzial von in etwa sieben Prozent. Selbst besonders optimistische Prognosen, wie die von Hauck Aufhäuser Investment Banking mit einem Kursziel von 2.200 Euro legen im Vergleich mit der Kursexplosion der vergangenen Monate mit rund 20 Prozent nur noch ein geringes Wachstumspotenzial nahe.

Es steht wohl außer Frage, dass Rheinmetall, Renk und Hensoldt in den kommenden Jahren Umsatz- und Gewinnrekorde schreiben werden. Rheinmetall hat im ersten Quartal des laufenden Jahres den Umsatz um 46 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro und den Gewinn um 49 Prozent auf 199 Millionen Euro gesteigert. Die DZ-Bank hat die Rheinmetall-Aktie auf ihre „Equity Long Ideas“- Liste aufgenommen. Analyst Holger Schmidt begründete dies mit dem zu erwartenden „jahrelangen starken Anstieg der Verteidigungsausgaben in Deutschland und den europäischen NATO-Staaten“ und Rheinmetall als möglichen „Hauptauftragnehmer“ aufgrund des breiten Angebotsportfolios. Auch Berenberg-Analyst George McWhirter sprach mit Blick auf Rheinmetall von „grundsoliden Aussichten“. Die europäische Aufrüstung werde weiter an Fahrt gewinnen und mittelfristige Initiativen wie eine aggressive Expansion in den europäischen Raketenmarkt würden Wachstumsmöglichkeiten bieten, die noch über das aktuelle Portfolio hinausgingen, so der Experte.

Auch bei Renk stiegen im Vorjahresvergleich von Januar bis März die Umsätze, wenn auch mit plus 14,7 Prozent auf 273 Millionen Euro weniger stark als bei Rheinmetall. Das bereinigte Ebit kletterte um 38 Prozent auf 38 Millionen Euro. Hensoldt erzielte in den ersten drei Monaten des Jahres eine Umsatzsteigerung in Höhe von 20 Prozent, der Gewinn allerdings schrumpfte um zehn Prozent auf 395 Millionen Euro. Insbesondere bei Hensoldt muss also ein dickes Fragezeichen hinter der Bewertung der Aktie stehen. Um das aktuelle KGV von 52,3 auf ein angemesseneres Niveau zwischen 10 und 15 zu bringen, müsste Hensoldt seinen Jahresgewinn verdreifachen. Gleiches gilt für Renk und Rheinmetall, die jedoch mit Gewinnsteigerungen von fast 40 und fast 50 Prozent im ersten Quartal beweisen, dass sie der Lage sind, die rekordhohen Auftragseingänge auch zügig in Ergebniswachstum umzumünzen. Bis zu einer Verdreifachung der Gewinne ist es aber auch hier noch ein weiter Weg. Die Rüstungsrally, sie könnte bald zumindest eine Pause machen.

 

Das Magazin

BÖRSE am Sonntag

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren
Das Magazin

AnlagePunk

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren

Ähnliche Artikel