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RWE: Spannung garantiert

Während das Gros der DAX-Werte im vergangenen Börsenjahr Gewinne, teilweise sogar sehr kräftige, verbuchte, war die Kursentwicklung des Versorgers alles andere als elektrisierend. Auf den ersten Blick bietet das Papier von RWE somit wenig Kaufanreize, scheint es von den Investoren doch überwiegend gemieden zu werden. Vielleicht ist die schlechte Performance 2010 aber gerade ein Argument, um die Aktie als antizyklisches Investment in Erwägung zu ziehen.

BÖRSE am Sonntag

An den Aktienmärkten gibt es einen Ansatz, wonach man fundamental gute Unternehmen dann kaufen sollte, wenn niemand darüber spricht und sich niemand für sie interessiert, kurzum, keiner das Papier haben möchte. Daraus ergeben sich oftmals lukrative Investments. Ein solches könnte auch RWE bieten. Die Aktie hat 2010 um mehr als 26% an Wert verloren, während die meisten DAX-Werte deutlich stiegen. Entsprechend könnte das Papier Nachholpotenzial haben. Denn so schlecht, wie es die Kursentwicklung impliziert, geht es dem Versorger bei Weitem nicht. Die Zahlen für das Gesamtjahr liegen zwar noch nicht vor, die 9-Monats-Bilanz spricht jedoch eine klare Sprache und lässt für 2010 insgesamt solide Zahlen erwarten.

Steigende Ergebnisse

Im Zeitraum Januar bis September verbesserte sich der Umsatz um 14% auf 38,51 Mrd. Euro. Dazu beigetragen hat die erstmalige Vollkonsolidierung des 2009 erworbenen niederländischen Versorgers Essent. Gleichzeitig kletterte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 13,6% auf 7,91 Mrd. Euro. Auch hier trug Essent sein Scherflein bei. Ohne Konsolidierungs- und Wechselkurseffekte legte das EBITDA um 5% zu. Unter dem Strich verdiente der Konzern 2,64 Mrd. Euro. Dies waren trotz der guten operativen Entwicklung zwar 5,5% weniger als im Vorjahreszeitraum, allerdings schmälerten Sondereffekte den Profit. Dazu gehörte die niedrige Marktbewertung von Rohstoff-Derivaten, die im Saldo zu einer merklichen Belastung von 793 Mio. Euro führte. Positive Effekte aus der Auflösung von Rückstellungen und ein verbessertes Finanzergebnis reichten nicht aus, diese auszugleichen. Das von RWE ausgewiesene nachhaltige Nettoergebnis, das um Sondereinflüsse bereinigt wird und maßgeblich für die Ausschüttung der Dividende ist, stieg jedoch um 10,6% auf 3,18 Mrd. Euro.

Günstig und hohe Dividende

Für das Gesamtjahr rechnet RWE mit einem Zuwachs gegenüber dem 2009 erreichten Wert (3,53 Mrd. Euro) von 5%. 2010 dürfen somit 3,7 Mrd. Euro erwartet werden. Daraus lässt sich ein nachhaltiges Nettoergebnis je Aktie von 6,93 Euro errechnen. Auf Basis des aktuellen Aktienkurses entspricht dies einem KGV von 7,4 und somit einer attraktiven Bewertung. Selbst inklusive der Sondereffekte dürfte das KGV bei etwa 9 liegen. Entsprechend scheint die Aktie von RWE bewertungstechnisch interessant. Hinzu gesellt sich eine üppige Dividendenrendite. 2009 hatte der Konzern 3,50 Euro je Aktie gezahlt, was einer Ausschüttungsquote von 53% des nachhaltigen Nettoergebnisses entsprach. Für 2010 stellte das Unternehmen wie im Vorjahr erneut eine Quote von 50% bis 60% in Aussicht. Entsprechend darf wohl erneut eine Dividende von mindestens 3,50 Euro erwartet werden. Daraus errechnet sich derzeit eine Dividendenrendite von etwa 6,8%. Vor allem für Value-Investoren gibt es somit einen weiteren Punkt, der die Aktie in den nächsten Wochen im Vorfeld der Bilanzvorlage am 24. Februar sowie die Hauptversammlung am 20. April in den Fokus der Investoren rücken lassen könnte.

Belastungen

Die derzeit günstige Bewertung und die aktuell hohe Dividendenrendite haben jedoch ihre Ursache vor allem in der schlechten Performance 2010, für die es Gründe gab. Dazu gehörte lange Zeit die Unsicherheit angesichts der Debatte über die Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken in Deutschland. Ende Oktober hat der Bundestag aber grünes Licht gegeben. RWE bewertete die längere Laufzeit als gute Nachricht und ein Belastungsfaktor fiel weg. Allerdings hat das Parlament Ende Oktober auch die Einführung einer Steuer auf Kernbrennstoffe beschlossen, die sich laut RWE ab 2011 mit durchschnittlich 600 bis 700 Mio. Euro pro Jahr negativ im betrieblichen Ergebnis niederschlagen wird. In Verbindung mit der Laufzeitverlängerung werden die Betreiber von Kernkraftwerken außerdem künftig in einen Fonds einzahlen, aus dem unter anderem die erneuerbaren Energien gefördert werden. Diese Belastungen könnten die Aktienkursentwicklung ebenfalls gebremst haben, auch wenn in den letzten Wochen des Jahres 2010 ein Aufwärtsimpuls auszumachen war. Vielleicht auch, weil der Konzern Maßnahmen für noch effizientere operative Prozesse angekündigt und eingeleitet hat, wie der Verschlankung der RWE AG und der Bündelung der Aktivitäten in Deutschland und in Osteuropa. Bereits pünktlich zum Jahreswechsel ihre Arbeit aufgenommen hat nun die neue Tochter RWE Deutschland AG. Deutschlands zweitgrößter Energieversorger führt darin die deutschen Regionalgesellschaften zusammen und bündelt seine Aktivitäten in den Bereichen Netz, Vertrieb und Energieeffizienz.

Charttechnisch vielversprechend

Die Nachricht kam an der Börse gut an und die Aktie von RWE startete sehr fest in das neue Börsenjahr 2011. Damit sieht es auch charttechnisch vielversprechend aus. Der Kurs setzte seinen kurzfristigen Aufwärtsimpuls seit Anfang Dezember fort und näherte sich den Hürden 51,98/52,00 Euro, die aus dem Zwischentief von Juli 2009 sowie dem Zwischenhoch von November 2010 resultieren. Sollten sie geknackt werden, sind charttechnisch motivierte Long-Positionen erwägenswert. Ein erstes Kursziel könnte dabei die langfristige Abwärtstrendlinie von derzeit etwa 57,00 Euro darstellen.

Fazit

Der Versorger RWE genießt in der Bevölkerung, teilweise sicherlich auch zu Recht, in Fragen des Umweltschutzes, der Klimapolitik und seiner Preispolitik nicht gerade den besten Ruf. Entsprechend kommt ein Investment in die Aktie für den einen oder anderen Anleger womöglich auch aus Gewissensgründen nicht infrage. Lässt man diesen Aspekt außen vor, ist das Papier für Investoren, die nach konservativen Geldanlagen mit günstigen Bewertungen und Nachholpotenzial suchen, interessant. Dazu passend darf eine satte Dividende erwartet werden. Allerdings gibt es einige Risiken. Dazu gehören die vom Konzern erwarteten Belastungen 2011, die laut RWE trotz der eingeleiteten und der für Februar angekündigten weiteren Maßnahmen nicht in vollem Umfang ausgeglichen werden können. Im Kurs dürfte dies zwar sicherlich schon berücksichtigt worden sein, diesbezügliche weitere negative Nachrichten sind aber nicht ausgeschlossen. Auf der anderen Seite sind jedoch auch positive Überraschungen denkbar. RWE ist somit wohl in jedem Fall ein spannendes Investment.