Ryanair Holdings: Im Aufwind
Mit einem kräftigen Kursplus wurde die jüngst vorgelegte Halbjahresbilanz der irischen Billigfluglinie honoriert. Die Ergebnisse waren überraschend gut. Zudem hob Ryanair die Gewinnprognose für das Gesamtjahr an – Punkte, die für die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells sprechen. Dies könnte auch die Investoren weiterhin überzeugen und für anhaltenden Aufwind sorgen.

Mit einem kräftigen Kursplus wurde die jüngst vorgelegte Halbjahresbilanz der irischen Billigfluglinie honoriert. Die Ergebnisse waren überraschend gut. Zudem hob Ryanair die Gewinnprognose für das Gesamtjahr an – Punkte, die für die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells sprechen. Dies könnte auch die Investoren weiterhin überzeugen und für anhaltenden Aufwind sorgen.
Für die europäische Luftfahrtbranche ist das Geschäftsumfeld derzeit alles andere als rosig. Die Euro-Krise und eine nachlassende Konjunkturdynamik mit teils rezessiven Entwicklungen in einigen Ländern, aber auch hohe Treibstoffpreise sind belastende Faktoren. Auch die irische Billigfluglinie Ryanair muss sich den Herausforderungen stellen. In den Sommermonaten ist ihr das sehr gut gelungen, wie die jüngst vorgelegten Zahlen zeigen. Nachdem im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2012/13 (bis Ende März), was dem Zeitraum April bis Juni entspricht, deutlich gestiegene Treibstoffkosten zu einem Gewinneinbruch führten, machte das Unternehmen im zweiten Quartal sehr gute Geschäfte, wie die steigenden Ergebnisse verdeutlichen. Der Umsatz erhöhte sich im Zeitraum von Juli bis September um 17% auf 1,82 Mrd. Euro. Starke Buchungen in der Hauptferienzeit und zu den Olympischen Spielen in London sowie der Umstand, dass das Unternehmen wegen der hohen Nachfrage auch die Ticketpreise anheben konnte, waren treibende Faktoren. Daneben waren auch die Treibstoffkosten trotz steigender Tendenz nicht ganz so hoch wie erwartet. Alles zusammen wirkte sich positiv auf die Ertragslage aus. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) kletterte um 20,8% auf 580,7 Mio. Euro. Der Nachsteuergewinn legte um 22,9% auf 496,8 Mio. Euro zu. Die starken Ergebnisse im zweiten Quartal polieren auch die Zahlen für das erste Halbjahr auf. Hier verbesserte sich der Umsatz um 14,5% auf 3,11 Mrd. Euro. Das EBIT nahm um 9,6% auf 712,7 Mio. Euro zu. Nach Steuern verdiente Ryanair 595,6 Mio. Euro und damit 9,6% mehr als vor einem Jahr.
Gewinnprognose angehoben
Die positive Entwicklung im Sommer, aber auch im ersten Halbjahr insgesamt, in dem die Gesellschaft bei den Passagierzahlen einen Zuwachs zum Vorjahreszeitraum von 7,4% auf 48 Mio. und damit einen neuen Rekord verzeichnete, ließen Firmenlenker Michael O’Leary bezüglich der Gewinnprognosen für das Gesamtjahr optimistischer werden. Er rechnet nun mit einem um Sondereffekte bereinigten Überschuss von 490 bis 520 Mio. Euro, nach bislang 400 bis 440 Mio. Euro. Der Vorstand geht zwar weiterhin von einem herausfordernden Umfeld aus angesichts der nachlassenden Konjunktur, der Sparprogramme in einigen Ländern sowie den hohen Treibstoffkosten und höheren Steuern. Allerdings sieht er sein Unternehmen bestens positioniert, um diese Schwierigkeiten zu meistern. Einerseits profitiert Ryanair von der geringen Kostenbasis. Andererseits mussten bereits einige Wettbewerber aufgeben und es dürften weitere folgen, was die Chance beinhaltet, sich weitere Marktanteile zu sichern.
Plausible Strategie
Das Geschäftsmodell von Ryanair sollte sich somit auch trotz schwieriger Bedingungen weiterhin als tragfähig erweisen. Zwar dürften im zweiten Halbjahr, das in die Winterzeit fällt, Verluste auflaufen, dies gehört aber zur Strategie. Die Gesellschaft setzt auf Freizeit- und Geschäftsreisende, weshalb vor allem im Frühling und Sommer, also in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres, der Großteil der Gewinne eingefahren wird. In der Wintersaison passt Ryanair dann seine Kapazitäten konsequent an, indem das Angebot zusammengestrichen und Teile der Flotte am Boden gelassen werden. Gerade diese hohe Flexibilität, sich auf saisonale Nachfrageschwankungen einzustellen, ist ein entscheidender Vorteil, mit dem sich Ryanair von der Konkurrenz abhebt. Daneben erweitert die Gesellschaft konsequent ihr Angebot. Inzwischen werden täglich mehr als 1.500 Verbindungen angeboten und insgesamt 170 Ziele in 28 Ländern Europas angeflogen. Im ersten Halbjahr kamen 158 neue Routen hinzu. Sollte auch die seit Jahren geplante Übernahme der einstigen irischen Staatsfluglinie Aer Lingus klappen, wozu Ryanair Bedenken der EU-Wettbewerbshüter ausräumen müsste, wäre dies ein weiterer Expansionsschritt.
Geringe Kosten
Der wohl entscheidende Pluspunkt und Garant für die profitablen Geschäfte mit im Branchenvergleich sehr guten Gewinnmargen ist aber die geringe Kostenbasis. Ryanair selbst betont, dass es bei den Stückkosten (Ausgaben je Passagier) die niedrigsten innerhalb der europäischen Fluglinien hat. Basis dafür ist die strenge Kostendisziplin. Außerdem hat die Gesellschaft eine moderne, sparsame Flugzeugflotte. Entsprechend kann sie günstige Ticketpreise anbieten und hebt in diesem Zusammenhang hervor, die niedrigsten in der EU zu haben. Mit der Preispolitik will man auch künftig punkten und weitere Passagiere überzeugen. Das Unternehmen geht davon aus, im laufenden Gesamtjahr etwa 79 Mio. Passagiere zu befördern, was einem Anstieg zum Vorjahr von etwa 4% sowie einem Anteil von etwa 12% am gesamten Kurzstreckenmarkt entspräche. Erklärtes Ziel ist es, den Marktanteil auf 18% in den nächsten zehn Jahren auszuweiten. Dies wären etwa 120 Mio. beförderte Fluggäste jährlich, was einem Wachstum von 50% oder vereinfacht etwa 5% im Jahr gleichkäme. Basis für die Berechnung ist der von Ryanair prognostizierte jährliche Gesamtmarkt von 660 Mio. Passagieren auf der Kurzstrecke. Der Großteil davon – das Unternehmen spricht von 580 Mio. – fliegt noch mit Anbietern, die höhere Preise verlangen, aber teilweise Verluste oder nur geringe Gewinnmargen erwirtschaften. Entsprechend ergeben sich für Ryanair große Chancen, das auf Kostenführerschaft ausgelegte Geschäftsmodell weiter voranzutreiben und profitabel zu wachsen. Hierbei helfen dürften auch der geringe Verschuldungsgrad, der zu den niedrigsten in der Branche gehört, und die insgesamt solide Bilanz. Ein hoher Barmittelbestand von mehr als 3,93 Mrd. Euro und der im zweiten Halbjahr starke und zum Vorjahr von 456,6 auf 607,4 verbesserte operative Cashflow runden das positive Gesamtbild ab.
Fazit
Mit der Halbjahresbilanz stellt Ryanair einmal mehr die Tragfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells unter Beweis. Eine strenge Kostendisziplin, eine sparsame Flotte und die konsequent und sehr flexibel an den Bedarf angepassten Kapazitäten sorgen für gute Geschäfte. Die eigene Kostenführerschaft in Europa, was niedrige Ticketpreise ermöglicht, sollte künftig nicht nur verteidigt, sondern auch ausgebaut werden und ist eine gute Basis, um auch im schwierigen Umfeld weiterhin profitabel zu wachsen. Inklusive des jüngsten charttechnischen Ausbruchs über die langfristige Aufwärtstrendlinie, an der das Papier im Oktober noch gescheitert war, könnten daher spekulative Käufe in Erwägung gezogen werden. Als erstes potenzielles mittelfristiges Kursziel kommt die Region um das Zwischenhoch von Oktober 2007 bei 5,85 Euro infrage. Derzeit interessant ist ferner Folgendes: Dividendenzahlungen sind zwar unüblich bei Ryanair und der Konzern steckt freies Kapital lieber in die Expansion oder kauft eigene Aktien zurück, dennoch erhalten Investoren, die am 14. November Anteilscheine besitzen, diesmal eine Sonderdividende (die zweite in der Firmengeschichte) von 0,34 Euro je Stück. Auf den aktuellen Kurs gerechnet entspräche dies einer nicht zu verachtenden Rendite von fast 7%. Allerdings dürfte sich die Aktie am Zahltag (16. November) entsprechend verbilligen, was es zu berücksichtigen gilt.