SAP: Wenig zu mosern
Die Aktie von Europas größter Software-Schmiede dürfte den Aktionären im bisherigen Verlauf 2012 viel Freude bereitet haben. Zwar gab es zwischenzeitlich eine Korrektur, diese wurde aber wieder ausgeglichen. In der Vorwoche wurde das bisherige 2012er-Hoch knapp geknackt, jüngst setzte sich das Papier davon weiter ab.
Seit dem Zwischentief im Juni dieses Jahres zeigt die Tendenz beim SAP-Papier steil aufwärts. Die Aktie kletterte seither um rund 28% nach oben und glich damit die vorangegangene, vom Zwischenhoch im März ausgehende Korrektur mehr als aus. Jüngst setzte sich die Aufwärtstendenz fort und die Aktie stieg auf ein neues Hoch im bisherigen Jahresverlauf 2012. Zudem erreichte sie damit das höchste Niveau seit Oktober 2000. Die Performance seit Jahresbeginn beträgt nun etwa +37%. Nur ein Wert im DAX (Henkel) war noch etwas besser. Für die SAP-Aktionäre dürfte es also wenig zu mosern geben. Das Unternehmen scheint aber auch für neue Investoren interessant. Eine glänzende Marktposition sowie langfristig aussichtsreiche Wachstumsperspektiven sprechen dafür, dass SAP auch künftig profitabel wächst. Eine Basis dafür ist die hohe Innovationskraft des Unternehmens, was durch die jüngsten Aussagen des Vorstands unterfüttert wird.
HANA verkauft sich sehr gut
Finanzvorstand Werner Brandt sagte im Gespräch mit dpa-AFX, dass das Geschäft mit der Datenbank HANA außerordentlich gut läuft. Laut seinen Aussagen summieren sich die Bestellungen auf einer rollierenden Basis für die nächsten vier Quartale auf rund 1,3 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr 2012 erlöste das Produkt 113 Mio. Euro und damit gerade einmal knapp 1,6% des Konzernumsatzes. Nun scheint das erwartete rasante Wachstum Fahrt aufzunehmen und SAP will im Gesamtjahr bereits 320 Mio. Euro mit HANA umsetzen. Der Vorstand führte dabei aus, dass der technologische Vorsprung vor der Konkurrenz nach wie vor eineinhalb bis zwei Jahre betrage – in der Technikwelt eine Ewigkeit. HANA ist eine Eigenentwicklung von SAP. Mit dem Programm können enorme Datenmengen in einem Bruchteil der bisher benötigten Zeit durchforstet werden.
Führende Positionen
Die Software-Schmiede hat mit HANA einen neuen potenziellen Verkaufsschlager und baut damit ihre sehr starke Position im Bereich Unternehmensanwendungen aus. Mehr als 183.000 Kunden in mehr als 130 Ländern greifen bereits auf Software und die software-bezogenen Services von SAP zurück. Die Lösungen helfen Firmen dabei, sich permanent und flexibel auf die sich dauernd ändernden Marktbedingungen und Kundenwünsche einzustellen, indem die eigenen Strukturen und Prozesse kontinuierlich angepasst und optimiert werden. Um dies zu erreichen, sind moderne informationstechnische Lösungen nötig, mit denen sich die riesigen Mengen an betriebswirtschaftlichen Daten schnell sammeln und auswerten lassen, was die Grundlage für Entscheidungen über die Verbesserung der Geschäftsabläufe ist. Die 1972 gegründete Firma hat sich auf diesem Gebiet einen Namen gemacht und inzwischen 40 Jahre Erfahrung vorzuweisen. Auf der Marktführerschaft bei Unternehmensanwendungen, Analytik und mobilen Lösungen ruht sich die Gesellschaft aber nicht aus. Sie setzt auch auf weitere zukunftsträchtige Bereiche, wie Cloud-Anwendungen, Technologie und Datenbanken und will sich hier führende Positionen erarbeiten.
Innovationen und Zukäufe
Zur Wachstumsstrategie gehört dabei die Eigenentwicklung von neuen Produkten und Lösungen wie die erwähnte Datenbank HANA. Deshalb steckt SAP auch kontinuierlich viel Geld in Forschung und Entwicklung. Im ersten Halbjahr 2012 waren es mit 1,1 Mrd. Euro rund 15% des Umsatzes. Darüber hinaus gehören seit einigen Jahren Übernahmen zur Taktik, um Portfolio und Marktposition auszubauen. Finanzvorstand Werner Brandt sieht laut den jüngsten Aussagen mögliche Ziele vor allem in den Wachstumsfeldern Cloud, mobile Geräte sowie Datenbanken und Technik. In den Kerngeschäftsfeldern könnte SAP zudem kleinere Übernahmen tätigen, um beispielsweise einzelne weitere Industriesektoren noch spezieller abzudecken. Derzeit ist der Konzern aber wohl vor allem noch mit den jüngsten milliardenschweren Zukäufen SuccessFactors und Ariba beschäftigt, die es nun zu integrieren gilt. Sie folgen einigen weiteren großen Übernahmen. Den Anfang machte 2008 der Erwerb der Firma Business Objects, um damit das Portfolio an analytischen Anwendungen zu stärken und so eine führende Rolle auf diesem Gebiet einzunehmen. Der Kauf von Sybase (2010) zielte wiederum darauf, im Geschäft für mobile Geräte auf einen Schlag eine starke Position zu bekommen. Mit den Übernahmen 2012 von SuccessFactors, die bereits abgeschlossen ist, und Ariba, deren Abschluss für das vierte Quartal vorgesehen ist, verstärkt SAP seine Aktivitäten in der Cloud. SuccessFactors bietet Mietsoftware über das Internet an, Ariba ist eine Handelsplattform, auf der Unternehmen ihren Einkauf abwickeln.
Starke finanzielle Basis
Die Schulden, die SAP für die beiden Großübernahmen 2012 aufnahm, sollen so schnell wie möglich getilgt werden. Laut Vorstand wird dies planmäßig in den nächsten zwei Jahren der Fall sein. Er verweist auf den hohen Cashflow, der 2011 knapp 3,8 Mrd. Euro betrug. Im ersten Halbjahr 2012 waren es 2,4 Mrd. Euro. Dieser ist die Grundlage für die stattlichen Rückflüsse und die insgesamt exzellente finanzielle Basis sowie die gut laufenden Geschäfte. Nachdem es 2011 Rekorde bei Umsatz und Profit gab, lief auch das erst Halbjahr 2012 glänzend mit neuen Spitzenwerten bei den Erlösen. Wichtig ist es nun, die Kosten für die Expansion sowie die damit im Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen, etwa für den Ausbau von Vertrieb und Marketing, im Zaum zu halten, damit der Gewinn wegen der Wachstumsbemühungen nicht auf der Strecke bleibt. SAP sollte diese Aufgabe jedoch meistern. Schließlich bietet man ja selbst die nötigen Werkzeuge zur Analyse und Optimierung von Prozessen in Unternehmen an.
Fazit
Geschäftsmodell, Marktposition, eine hohe Innovationskraft sowie die konsequent umgesetzte Wachstumsstrategie sind Punkte, die dafür sprechen, dass SAP auch künftig seine Ergebnisse steigern kann. Es gibt nach wie vor wenig auszusetzen und die Aktie bleibt daher für Investoren interessant. Der nun erfolgte Sprung über das bisherige 2012er-Hoch könnte zudem aus charttechnischer Sicht einen spekulativen Einstieg rechtfertigen. Zwar stellt die obere Aufwärtstrendlinie seit 2008 eine potenziell bremsende Hürde dar, sodass hier eine Korrektur nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings kann sich der Kurs an dieser Linie auch weiter nach oben hangeln. Sollte sie sogar überschritten werden, könnte sich zudem der dynamische Anstieg der vergangenen Monate fortsetzen. In diesem Fall rückt vielleicht sogar das Allzeithoch bei 71,58 Euro ins Visier.