Schwarze Zeiten für BlackBerry
Wird BlackBerry als Ganzes verkauft oder zerschlagen? Egal wie, es sieht schlecht aus für die Kanadier. Dabei war BlackBerry noch in den ersten Jahren der 2000er der Konkurrenz weit voraus. Solange, bis Apple die iPhones auf den Markt brachte.
Wird BlackBerry als Ganzes verkauft oder zerschlagen? Egal wie, es sieht schlecht aus für die Kanadier. Dabei war BlackBerry noch in den ersten Jahren der 2000er der Konkurrenz weit voraus. Solange, bis Apple die iPhones auf den Markt brachte.
Es war das Kult-Handy für Business-Leute. Wer einen BlackBerry hatte, musste ein echter Geschäftsmann sein. Schon 1999 konnte das erste BlackBerry-Modell E-Mails verschicken. Das Gerät mit der rund angeordneten Tastatur war fortan nicht mehr wegzudenken aus dem Alltag vieler Banker und Manager, und Prominente hatten ihn natürlich auch: ihren BlckBerry. Die Aktie stieg und stieg und nichts schien die Erfolgsgeschichte so schnell wieder beenden zu können. Bis zum Jahr 2007 als Steve Jobs das erste Apple iPhone vorstellte: Eine Tech-Revolution, die den Niedergang des kanadischen Konzerns Research In Motion, kurz RIM, heute umbenannt in BlackBerry, zur Folge hatte. Die IT-Branche ist eben eine der schnellebigsten überhaupt: Innerhalb von wenigen Jahren können sich Marktanteile drastisch verschieben. 2007 war die BlackBerry Aktie noch bis zu 164 Euro wert, heute ist sie mit knapp sechs Euro notiert. Und die Tendenz zeigt weiter nach unten. Doch wie soll es nun weitergehen mit dem Unternehmen, droht eine Wiederholung des Nokia-Schicksals?
2012 wurde der deutsche Thorsten Heins von den RIM-Gründern Jim Balsillie und Mike Lazaridis zum Präsidenten und Geschäftsführer des im kanadischen Waterloo sitzenden Konzerns berufen. Er sollte den stark angeschlagenen Konzern retten. Doch auch der studierte Physiker und Informatiker sollte in der in Ontario gelegenen Stadt sein persönliches Waterloo erleben.
Aktuell sieht es so aus als würde der kanadische Smartphonehersteller wahrscheinlich zerschlagen und nicht, wie es sich seine Gründer wünschen würden, als Ganzes verkauft. Im September hat sich BlackBerry mit seinem größten Anteileigner, den Fairfax Financial Holdings, auf ein Angebot zur Übernahme in Höhe von 4,7 Milliarden US-Dollar geeinigt. Der Vorstandschef von Fairfax, Prem Watsa, war im August aus dem Verwaltungsrat von BlackBerry ausgestiegen, um ein Buyout-Angebot vorzubereiten. Zur Finanzierung dieser Offerte verhandelt das kanadische Vermögensverwaltungs- und Versicherungsunternehmen mit der Bank of America, Merrill Lynch und BMO Capital Markets. Bis zum 4. November hat BlackBerry aber noch Zeit, andere Vorschläge in Erwägung zu ziehen.
Die Gründer als Retter in der Not?
Am Donnerstag meldeten nun die beiden RIM-Mitgründer Mike Lazaridis und Douglas Fregin, dass sie alle Optionen untersuchen und vielleicht sogar das Unternehmen selbst zurückkaufen. Die beiden Unternehmer prüfen „die Möglichkeit zur Abgabe eines gemeinsamen Gebots", hieß es in Unterlagen für die US-Börsenaufsicht SEC. Zudem hätten sie inzwischen einen Plan für einen Neuanfang. Lazardis besitzt bereits acht Prozent der BlackBerry-Aktien. Die beiden einstigen Kollegen Lazardis und Fregin erwägen nun den Kauf sämtlicher Anteile. Dies könnten sie alleine oder mit weiteren interessierten Investoren tun. Die Berater für dieses waghalsige Vorhaben sind Goldman Sachs und Centerview Partners.
Kein Wunder, dass Leo de Bever, Chef der Alberta Investment Management die Situation wie folgt kommentierte: „Es ist der seltsamste Verkaufsprozess, den ich seit langer Zeit gesehen habe”. Wachsende Besorgnis unter den Investoren führte schon in den letzten Wochen zu sinkenden Kursen.
Nachrichtenagenturen berichteten vergangene Woche von möglichen Verkaufsgesprächen zwischen Blackberry und Google, Cisco Systems, SAP und auch Samsung. Allerdings bekundeten die nur Interesse an Teilen von BlackBerry. Nichtsdestotrotz könnte das Interesse dieser namhaften IT-Konzerne die Aktionäre noch einmal hoffen lassen. Doch es ist enorm riskant jetzt in BlackBerry zu investieren. Das KGV liegt bei -6,09, Wachstumsvorhersagen von heute bis 2015 bei -8,45 Prozent. Für hochspekulative Anleger freilich ist diese könnte die Konstellation gerade reizvoll sein. Sollte nämlich ein großer Stratege viel investieren und den Konzern doch noch drehen, dann ist der Kauf in dieser düsteren Situation ein großes Turnaround-Spektakel.
BlackBerry veröffentlichte im September die Zahlen für das zweite Geschäftsquartal bis Ende August, in denen nach vorläufiger Schätzung ein Betriebsverlust von 950 bis 995 Millionen Dollar steht. Dieser entstand überwiegend durch Abschreibungen wegen unverkaufter Smartphones des Modells BlackBerry Q10. Der Umsatz 2013 beträgt immerhin 11 Milliarden US-Dollar, 2011 waren es noch 19, aber damals wie heute bleiben die Gewinne aus. Nun setzt CEO Heins den Rotstift an und streicht 4.500 Arbeitsplätze. Danach sollen noch rund 7.000 Mitarbeiter übrig bleiben.
Analysten haben wenig Hoffnung
Analysten sehen ebenfalls nicht mehr viel Positives bei BlackBerry. So hat das amerikanische Analysehaus Bernstein Research vergangene Woche das Wertpapier von „market-perform“ auf „underperform“ herabgestuft. Das Kursziel wurde von sieben auf nur noch 4,50 US-Dollar gesenkt. Es scheint für Bernstein also klar zu sein, dass es noch ordentlich bergab gehen wird mit der Aktie. Die Liquiditätslage des Smartphone-Herstellers sei weitaus prekärer als zunächst gedacht, schrieb Analyst Pierre Ferragu in seiner Studie. In den nächsten sechs Quartalen könnte BlackBerry seiner Meinung nach bis zu zwei Milliarden US-Dollar verbrauchen und damit in massive Liquiditätsprobleme geraten. Selbst die mögliche Übernahme durch Fairfax könne unter diesen Voraussetzungen nicht mehr viel retten. Die einzige Chance für eine halbwegs positive Kursentwicklung könnte aus Sicht des Analysten eine entfernt denkbare strategische Übernahme darstellen.
„Das ist das Ende von Blackberry, wie wir es kennen", konstatiert auch Colin Gillis vom Finanzdienstleister BGC. Die aktuellen Pläne der BlackBerry-Führung deuteten auf einen großen Schwenk hin. „Sie bauen die halbe Belegschaft ab und wollen ein Nischenplayer werden und sich auf Unternehmen konzentrieren", so Gillis. Den Fokus wieder auf Geschäftsleute zu legen könnte eine lebenserhaltende oder zumindest mittelfristig lebensverlängernde Maßnahme sein. Einige BlackBerry-Experten hielten die Ausrichtung auf ein breites Massenpublikum von Anfang an für schädlich. Ein regelrechter Hype um die Marke in den frühen 2000ern unter US-Studenten hatte damals für das Umdenken gesorgt – ein Strohfeuer. Eine Rückbesinnung auf hochwertige Produkte für einen Nischenmarkt könnte die runzlige Brombeere, das heißt blackberry in wörtlicher Übersetzung, bald wieder kräftigen. Und genau dies plant das Unternehmen wohl: Nur noch zwei hochwertige Endgeräte sowie zwei Eingangsmodelle für das Business-Segment anzubieten.
Fazit: BlackBerry hat in den vergangenen Quartalen viel versucht, um die Talfahrt zu stoppen: Eine neue Führung, ein neues Betriebssystem, das BlackBerry 10, und die Einführung eines Tablet-Computers. Nichts davon brachte das Unternehmen zurück in eine positive Spur - im Gegenteil: Nach den hohen Verlusten kündigte man in Waterloo den Abbau von 40 Prozent der Arbeitsplätze an. Die letzte Hoffnung des Konzerns sind neue Investoren und der proklamierte, aber bislang unbekannte Zukunftsplan zweier RIM-Mitgründer.