So können Anleger vom Hype um ChatGPT profitieren
ChatGPT sei Dank, erlebt die Künstliche Intelligenz an den Märkten einen zweiten Frühling. Schon ist von einem neuen iPhone-Moment die Rede. Investoren wittern die nächste große digitale Revolution und die Aktien der Stunde kommen auf einmal wieder aus dem Technologiebereich. Wo Anleger jetzt hinschauen sollten.
ChatGPT sei Dank, erlebt die Künstliche Intelligenz an den Märkten einen zweiten Frühling. Schon ist von einem neuen iPhone-Moment die Rede. Investoren wittern die nächste große digitale Revolution und die Aktien der Stunde kommen auf einmal wieder aus dem Technologiebereich. Wo Anleger jetzt hinschauen sollten.
ChatGPT kann das beantworten. Innerhalb von Sekunden. Eine kurze Frage reicht: „Welche KI-Aktien würdest du empfehlen?“ Die Antwort: „Es ist sehr schwierig spezifische KI-Aktien zu empfehlen, ohne deine Investmentziele und Risikobereitschaft zu kennen, aber einige der populärsten KI-Aktien sind die von Microsoft, Nvidia, Alphabet und Amazon.“ Es ist eine Antwort, wie sie auch in der Mail des eigenen Bankberaters hätte stehen können. Die nächste Frage liegt nahe: „Warum gerade diese vier?“ Eine Sekunde später die Antwort: „Diese Unternehmen gehören zu den bekanntesten und etabliertesten Konzernen in Bezug auf die KI-Branche, sie hatten in der Vergangenheit viele Erfolge und haben stark in die Entwicklung und Erforschung von KI-Aktivitäten investiert. Darüber hinaus haben sich deren Aktien in der Vergangenheit gut entwickelt und den Markterwartungen nach sollten sie das auch in der Zukunft.“
Dass hier eine Maschine antwortet, merkte wohl niemand, wüsste er es nicht besser. Und wer ChatGPT einmal ausprobiert hat, erkennt schnell, warum diese Software ein neues Zeitalter im Silicon Valley einläuten könnte. Schließlich kann die Software noch viel mehr als einfache Fragen beantworten. Sie kann Codes schreiben, Songs komponieren, Protokolle erstellen, kurze Fachtexte schreiben. Einiges ist hier noch Spielerei, doch richtig eingebunden kann ChatGPT die Art, wie wir das Internet nutzen, wie wir suchen und Informationen zusammentragen, radikal verändern. Dazu ist die OpenAI-Software nur ein erster Schritt, der aufzeigt, zu was KI schon sehr bald in der Lage sein könnte.
Es ist also kein Wunder, dass der Erfolg der Software die gesamte Tech-Branche aufwühlt, wie lange nicht. Nicht zuletzt auch deshalb, da Microsoft mit Milliardeninvestitionen in OpenAI an diesem Erfolg beteiligt ist. Die Konkurrenz um Alphabet und Co. ist entsprechend alarmiert, womit auf einmal die Angriffslust in das Silicon Valley zurückkehrt. Der Zeitpunkt dafür hätte kaum ein besserer sein können. Leidgeplagt durch die Zinserhöhungen und einer gewissen Technologie-Sättigung der Verbraucher nach der Corona-Sonderkonjunktur, machte die Tech-Branche zuletzt vor allem mit Massen-Entlassungen und rückläufigen Wachstumserwartungen von sich reden. Der ChatGPT-Hype könnte nun wieder für Innovationslust und Wachstumsdrang sorgen.
Die Wachstumsfantasie unter Investoren ist bereits zurück. An der Börse ist Tech wieder angesagt, maßgeblich angetrieben von den Aktienkursen derjenigen Unternehmen, die in besonderer Art und Weise mit KI-Produkten oder -Anwendungen in Verbindung stehen. ChatGPT hat drei davon genannt: Microsoft, Nvidia und Alphabet. Bei Amazon hakt es hingegen bei der Kursentwicklung, was die OpenAI-Software jedoch nicht wissen kann, da ihre Intelligenz auf einem Wissenspool basiert, der nur bis 2021 reicht. Die Aktie des Facebook-Mutterkonzerns Meta hingegen gewann jüngst an einem Tag über 20 Prozent an Wert, weil Mark Zuckerberg deutlich besseres Zahlenwerk für das abgelaufene Quartal als erwartet vorstellt und zudem ankündigte, mehr in KI investieren zu wollen.
An dieser Stelle übernimmt also die Redaktion der BÖRSE am Sonntag. Welche Aktie für Anleger welche Chancen bietet, lesen Sie in der folgenden Übersicht.
Microsoft
Microsoft gehört zweifellos zu den spannendsten Einzelaktien rundum das Thema Künstliche Intelligenz. Das hat ChatGPT auch ohne das Wissen der vergangenen eineinhalb Jahre richtig herausgefunden, weil der Konzern mit Sitz in Redmond, Washington, schon lange viel Geld in KI-Anwendungen investiert. Und vielleicht auch, weil Microsoft an ChatGPT-Entwickler OpenAI mit einer Milliarden US-Dollar beteiligt ist. Dieses Investment ist nach dem gigantischen Überraschungserfolg der KI-Software nun jeden Dollar wert. Nicht nur hinsichtlich des kurzfristigen Marketingeffekts, vielmehr wegen der Einbindungsmöglichkeiten in das eigene Softwareangebot und natürlich der zukünftigen Entwicklungschancen. Microsoft-CEO Satya Nadella hat das erkannt und will Schätzungen nach weitere zehn Milliarden Dollar in OpenAI investieren. ChatGPT will der Windows-Konzern zudem in seine Suchmaschine Bing einbauen und diese damit gegenüber Google deutlich aufwerten. Ebenso soll der Chatbot in naher Zukunft in Office-Anwendungen wie Word oder PowerPoint zur Verfügung stehen. Die Videocall- und Arbeitsorganisationsplattform auf Cloud-Basis Teams soll ebenfalls mit ChatGPT verwoben werden. „Diese Technologie wird so ziemlich jede Softwarekategorie umgestalten“, prognostiziert Nadella. Microsoft greift derweil auch über ChatGPT hinaus schon länger erfolgreich auf KI-Anwendungen zurück, zum Beispiel im Rahmen seiner Cloud-Plattform Azure. Es ist zudem diese Cloud-Infrastruktur, die den ChatGPT-Erfolg erst möglich gemacht hat. Denn ChatGPT konnte sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit Microsoft kostenlos nutzen. Weitere solcher Deals dürften in Zukunft wahrscheinlich sein. Die Aktie von Microsoft hat mit dem ChatGPT-Erfolg nun jedenfalls noch ein Kaufargument mehr eingesammelt. Der Tech-Riese zeigt erneut, dass er bei so gut wie jedem neuen Trend seine Finger im Spiel hat. Erst bei der Cloud-Infrastruktur, jetzt bei der KI. Unter Nadella schafft es Microsoft immer wieder der Konkurrenz um Alphabet, Meta oder Amazon einen Schritt voraus zu sein. In fast allen Tech-Bereichen mit viel Wachstumsphantasie ist Microsoft vertreten, nicht zuletzt auch im Gaming-Bereich. Die Aktie bleibt deshalb begehrt. Das KGV steht bei 29, obwohl der Kurs von Hochs nahe 350 US-Dollar deutlich zurückgekommen ist und trotz der jüngsten Erholung mit 266 Dollar noch weit davon entfern notiert. Günstig ist die Microsoft-Aktie also nicht. Das allerdings war sie in den vergangenen Jahren nie und das durchschnittliche Kursziel der Analysten lässt mit deutlich über 300 Dollar Aufwärtspotenzial erahnen. Fundamental steht Microsoft ohnehin seit Jahren stark da. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete der von Bill Gates gegründete Konzern ein sagenhaftes Ebit in Höhe von 83 Milliarden Dollar. Allein der freie Cashflow lieg bei rund 60 Milliarden Dollar.
Alphabet
Microsofts Freude ist Alphabets Leid. Für den Moment zumindest. Denn während die Microsoft-Aktie klettert, hat sich die Aktie der Google-Mutter auf Talfahrt begeben. Unter Anlegern wächst die Sorge, dass der ChatGPT-Erfolg die Quasi-Monpolstellung von Google im Suchmaschinenbereich infrage stellen könnte. Zwar forscht Alphabet ebenfalls seit langem in dem Bereich und hat eine eigene KI-Software mit ähnlichen Funktionen namens Bard entwickelt. Doch nun kommt Microsoft mit ChatGPT Alphabet zuvor. CEO Sunder Pichai muss also reagieren. Statt First-Mover-Position muss er nun schnell nachliefern, gleichziehen, irgendetwas anbieten, um die eigene Suchmaschine nicht plötzlich im Wettbewerb mit Microsofts Bing wiederzufinden. So warf Alphabet in einer Art Panikreaktion Bard an die Öffentlichkeit. Allein, die Präsentation wurde zum PR-Desaster, als der Chatbot falsch auf eine Frage zum James-Webb-Weltraumteleskop antwortete. Die Aktie verlor innerhalb von zwei Tagen über zehn Prozent, rund 100 Milliarden Dollar Börsenwert lösten sich in Luft auf.
Nun mag auch dies ein Panikreaktion der Börse sein, doch die Geschichte zeigt, wie heiß das Thema KI gerade ist und wie viel disruptives Potenzial Investoren in Technologien rund um das Thema sehen. Weniger kurzfristig und emotional betrachtet, zeigt das Vorhandensein von Bart jedoch, dass auch Alphabet seine Hausaufgaben gemacht hat. Es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein bis auch Alphabet einen Chatbot in Google integriert, der auf ähnlichem Niveau wie ChatGPT arbeitet. Schließlich macht auch die OpenAI-Software noch gravierende Fehler. Und wie JP-Morgan Analyst Douglas Anmuth jüngst feststellte, bündelt Alphabet gerade viele Kräfte rundum die Markteinführung von KI-Angeboten. Der Kurssturz könnte demnach auch eine Einstiegsgelegenheit sein. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten jedenfalls liegt bei knapp 130 Dollar, während die Aktie bei 95 Dollar notiert. Nur aufgrund des Erfolgs von ChatGPT sollten Anleger Alphabet entsprechend nicht abschreiben. Auch die Google-Mutter verfügt über ein breites Geschäftsmodell, wenngleich die Suchmaschine nach wie vor für den Großteil des Gewinns verantwortlich ist. Doch in vielen weitern Segmenten, zuletzt auch verstärkt mit Blick auf die Bereitstellung von Cloud-Infrastruktur, scheint Alphabet auf der Höhe der Zeit und der Konkurrenz. Der Gewinneinbruch im vierten Quartal 2022 war zudem hauptsächlich im Rückgang von Werbeerlösen begründet. Diese könnten mit aufhellenden globalen Konjunkturaussichten 2023 aber wieder steigen. 2022 erzielte Alphabet darüber hinaus ein Gesamt-Ebit von rund 74 Milliarden Dollar.
Meta
Auch der Mutterkonzern von Facebook, Instagram und WhatsApp ließ es sich nicht nehmen auf den ChatGPT-Erfolg entsprechend zu reagieren. Chef und Gründer Mark Zuckerberg kündigte an ebenfalls bald KI-Angebote auf den Markt zu bringen und diese in die sozialen Netzwerke des Konzerns zu integrieren. Meta forscht ebenfalls schon länger im KI-Bereich, brachte unter anderem 2022 das KI-Übersetzungsmodell NLLB-200 auf den Markt. Ein vergleichbares Programm, das mit ChatGPT in direkte Konkurrenz treten könnte, scheint es jedoch nicht zu geben. Den Blick in die Zukunft gerichtet hätte Meta jedoch einzigartige Chancen im KI-Bereich, schließlich erreicht der Social-Media-Gigant global 3,7 Milliarden Nutzer. Inwieweit allerdings die Politik in soziale Netzwerke integrierte Chatbots, die von Nutzern für Posts verwendet werden können, erlauben würde, ist eine andere Frage. Allerdings gibt es für Meta darüber hinaus viele Möglichkeiten über KI die Plattformen noch nutzerfreundlicher zu machen. KI-Anwendungen dürfte zudem auch in Kombination mit dem Metaverse gefragt sein. Mit Blick auf Meta fehlen aktuell jedoch noch die klaren Anwendungsgebiete und Erfolge im KI-Bereich. Die Aktie befindet sich nach dem Horror-Crash des vergangenen Jahres aber auf dem Weg der Besserung. Seit Jahresbeginn haben die Meta-Papiere bereits über 50 Prozent an Wert zugelegt. Grund dafür sind bessere Aussichten auf dem Werbemarkt, jedoch auch Zuckerbergs-Ankündigung 2023 zum „Jahr der Effizienz“ zu machen. Für die Aktie scheint aber vor allem ihre niedrige Bewertung zu sprechen. Für einen weiteren Absturz spricht erst einmal wenig. Ein Großteil der Analysten setzt das Kursziel bei über 200 Dollar. Aktuell kosten die Titel 177 Dollar. Und: Meta erzielte 2022, während die eigene Aktie rund 70 Prozent an Wert verlor, immer noch ein stattliches Ebit von 28,8 Milliarden Dollar.
Nvidia
Nvidia kommt eine bedeutende Rolle in der KI-Branche zu. Der Chiphersteller entwickelt die dringend benötigten, leistungsstarken Halbleiter für KI-Anwendungen. Damit profitiert der Konzern um CEO Jen-Hsun Huang in jedem Fall von einem KI-Hype, ganz egal, welcher Konzern am Ende mit welcher Anwendung durchschlagenden Erfolg erzielt. Es ist nicht das erste Mal, das Nvidia grundsätzliche Materialien für einen Megatrend liefert. Bereits der Krypto-Boom bescherte Nvidia Milliardeneinnahmen, da die leistungsstarken Grafikkarten für das sogenannte Krypto-Mining, sprich die Herstellung von Bitcoins und anderen Kryptowährungen, benötigt wurden. Auch im Bereich des automatisierten Fahrens und der E-Mobilität sind die Halbleiter von Nvidia gefragt. Die Aktie hat entsprechend bereits auf den neuen KI-Hype reagiert. Im neuen Jahr hat sie bereits mehr als 50 Prozent an Wert gewonnen. Das Hoch aus dem November 2021 von mehr als 320 Dollar ist jedoch noch ein ganzes Stück entfernt. Aktuell kosten die Nvida-Titel 223 Dollar. Der Abwärtstrend, dem die Aktie noch im vergangenen Jahr folgte, scheint jedoch endgültig durchbrochen. Das hat die Aktie gleichzeitig teuer gemacht. Das KGV liegt bei über 70. Womöglich bietet es sich aus Anlegersicht an, auf ein Abflauen des ChatGPT zu warten und die Aktie dann etwas günstiger einzukaufen. Die Innovationsführerschaft bei Chips für KI-Anwendungen verspricht jedenfalls große Wachstumschancen.
ETFs als Alternative
Wer das Risiko von Einzelaktien scheut, kann auf ETFs setzen, die den KI-Markt versuchen möglichst breit abzubilden. Beispiele sind der Xtrackers Artificial Intelligence and Big Data ETF oder der WisdomTree Artificial Intelligence ETF. Beide stehen stellvertretend für verschiedene Investmentansätze. Der ETF von Xtrackers investiert vornehmlich in große Konzerne und Standardwerte, die größte Position ist die Bank of America. Der ETF von WisdomTree konzentriert sich auf spezialisiertere Unternehmen, die direkt an KI forschen, Cloud-Infrastruktur bereitstellen und ähnliches. Zu den größten Positionen zählen beispielsweise der KI-Software-Entwickler PROS, das Cloud-Unternehmen Workday oder der Halbleiter-Spezialist Synopsis.
Welche Aktie oder welcher ETF nun die besten Renditen einfährt, kann weder die Redaktion der BÖRSE am Sonntag noch ChatGPT sicher beantworten, sondern am Ende wohl nur der Markt und die Zukunft.
OG
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