Suppen und Seifen für den anspruchsvollen Konsumenten
Wer heute in den Supermarkt geht, hat gute Chancen, das Geschäft mit einem Artikel von Unilever wieder zu verlassen. Der niederländisch-britische Konzern gibt an, dass täglich rund zwei Milliarden Menschen in über 190 Ländern Produkte des Unternehmens verwenden. Das breite Markensortiment überzeugt derzeit auch Anleger und Analysten.
Wer heute in den Supermarkt geht, hat gute Chancen, das Geschäft mit einem Artikel von Unilever wieder zu verlassen. Der niederländisch-britische Konzern gibt an, dass täglich rund zwei Milliarden Menschen in über 190 Ländern Produkte des Unternehmens verwenden. Das breite Markensortiment überzeugt derzeit auch Anleger und Analysten.
Laut CEO Paul Polman stand das vergangene Jahr stellvertretend für die guten Fortschritte, die der Konsumgüterkonzern Unilever auf dem Weg zu einem Unternehmen mit nachhaltigem Wachstum macht. Ein Umsatz von 49,8 Milliarden Euro, davon 13,5 in Europa, geben ihm recht. Der operative Gewinn belief sich 2013 auf 7,5 Milliarden. Das erste Quartal 2014 offenbarte hingegen die Abhängigkeit vom Verbraucher: Ein Umsatzrückgang im Nahrungsmittelgeschäft wurde mit dem späten Datum der Osterzeit begründet. Doch davon lässt Unilever sich nicht sonderlich beeindrucken. Denn nicht nur das Wachstum allein, sondern vor allem die Herstellung zahlreicher Produkte soll nachhaltiger werden. Nach eigenen Angaben senkte man den CO2-Ausstoß in vier Jahren um eine Million Tonnen und baute den Anteil der Rohstoffe aus nachhaltigem Anbau auf über ein Drittel aus. Bis 2020 besteht gar das ehrgeizige Ziel, diesen Anteil auf 100 Prozent zu steigern.
Der 2010 vorgestellte „Unilever Sustainable Live Plan“ umfasst zudem den Kampf gegen die Abholzung von Wäldern oder auch Engagement für sauberes Trinkwasser. Beim Blick auf das Markensortiment stellt man schnell fest, wie sehr der Konzern auf die kleinsten Teile der Produktionskette angewiesen ist – faire Arbeitsbedingungen auf allen Ebenen sollen deshalb Priorität sein. Heile Welt ist damit aber noch lange nicht: Wenn internationale Unternehmen in Emerging Markets aktiv sind, unterliegt häufig nicht jeder ihrer Produktionsschritte einer genauen Kontrolle.
Unilever achtet deshalb mehr denn je auf die Ansprüche der Verbraucher. Der Welt gegenüber sagte Paul Polman vor etwas mehr als einem Jahr: „Die Konsumenten sind durch Internet und Social Media mächtiger denn je. Deshalb brauchen wir heute ein Geschäftsmodell, das von der Konsumgesellschaft breit akzeptiert wird. Wer heute Rohstoffe aus zweifelhaften Quellen bezieht oder nicht im Einklang mit dem Umfeld produziert und verkauft, wird langfristig nicht erfolgreich sein.“ Eine Vorreiter-Marke ist zum Beispiel Ben & Jerry’s mit Fairtrade Eiscreme, die sich im Hinblick auf die Erderwärmung auch für „Klimagerechtigkeit“ einsetzt.
Von beruhigenden Suppen und fabelhaften Seifen
Praktisch klingt das erst einmal so: „Von beruhigenden Suppen, die einen winterlichen Tag erwärmen, bis zu sinnlichen Seifen, dank derer Sie sich fabelhaft fühlen - helfen unsere Produkte den Menschen, mehr aus dem Leben zu machen.“ In der Tat geben Suppen und Seifen ein gutes Spiegelbild der Produktpalette her. Unilever verfügt über 400 Marken in den Bereichen Nahrungsmittel, Kosmetik und Körperpflege sowie Haushalts- und Textilpflege. Wenn einer dieser Artikel über den Scanner an der Supermarktkasse läuft, sind Sie Unilever-Kunde: Langnese-Eiscreme, Axe-Deodorant, Bifi-Wurst, Lipton-Eistee, Pfanni-Knödel, Du-darfst-Käse, und, für nach dem Essen: Signal-Zahnpflege. Den größten Anteil machen aber tatsächlich die Suppen aus, oder besser gesagt Knorr. Allein in Deutschland werden jährlich etwa eine Milliarde Knorr-Produkte verkauft, hauptsächlich Fertiggerichte.
Zwei Nudelsoßen verkauften sich kürzlich besonders gut, und zwar nach Japan: Für 2,15 Milliarden Dollar trat Unilever die Marken Bertolli (in den USA) und Ragu an den japanischen Würzmittel-Hersteller Mizkan ab. Der Deal soll bereits in diesem Juni abgeschlossen werden, die Zustimmung der Kartellbehörden steht noch aus. Unilever hatte mit den beiden Marken einen jährlichen Umsatz von rund 600 Millionen Dollar eingefahren. Stattdessen haben sie bald Bares aus Japan.
Wie beim Essen selbst scheint Unilever auch auf Personalebene Abwechslungsreiches zu mögen. Am 1. September 2014 findet ein Führungswechsel bei Unilever Food Solutions Global statt. Der Neue dürfte im deutschsprachigen Raum bekannt sein, handelt es sich doch um den bisherigen DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz)-Chef des Unternehmens, Harry Brouwer. Mit seinem Einsatz für nachhaltige Strategien sicherte er sich 2011 den ECR-Award als Unternehmerpersönlichkeit, 2012 folgte der Deutsche Nachhaltigkeitspreis für Unilever mit der besten Zukunftsstrategie. Sein Nachfolger wird übrigens ein Hamburger, der 52-jährige Ulli Gritzuhn.
Die Analysten sind mit dem Konzern derzeit ebenfalls zufrieden. Das Unilever-N.V.-Papier pendelt um die 32 Euro und steht damit höher als im Vorjahreszeitraum. Die Entwicklungen in der Nahrungsmittelbranche und die Aussicht auf weitere Übernahmeaktivitäten veranlassen zum Beispiel Mitch Collett von Goldman Sachs dazu, die Einstufung „buy“ beizubehalten und zusätzlich das Kursziel von 33 auf 35 Euro zu erhöhen.
Dass die Branchen, in denen Unilever aktiv ist, für Abwechslung stehen, zeigt auch die Vita von CEO Paul Polman. Der 57-Jährige Niederländer arbeitete lange für den US-Konzern Procter&Gamble, Konsumgüterhersteller, und den weltgrößten Nahrungsmittelkonzern Nestlé aus der Schweiz. Heute verdient er sich seine Suppe zum Brot bei Unilever. Dem Unternehmen und seinen über 170.000 Mitarbeitern scheint der Fokus auf Schwellenländer, oder „inspiring markets“, wie er sie nennt, zumindest nicht zu schaden.