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Tesla: Tweets und Turbulenzen

Tesla-Chef Elon Musk kündigt überraschend an, sein Unternehmen zu einem Preis von 420 Dollar von der Börse zu nehmen – bei einem Aktienkurs von 370 Dollar. An den Märkten hat die Nachricht für mächtig Wirbel gesorgt, denn dieser Buyout wäre mit 72 Milliarden Dollar der Größte, den es je gegeben hat. Der Kurs explodierte, anstatt – wie zuvor erwartet – zu sinken. Was sollten Anleger jetzt tun?

BÖRSE am Sonntag

Tesla-Chef Elon Musk kündigt überraschend an, sein Unternehmen zu einem Preis von 420 Dollar von der Börse zu nehmen – bei einem Aktienkurs von 370 Dollar. An den Märkten hat die Nachricht für mächtig Wirbel gesorgt, denn dieser Buyout wäre mit 72 Milliarden Dollar der Größte, den es je gegeben hat. Der Kurs explodierte, anstatt – wie zuvor erwartet – zu sinken. Was sollten Anleger jetzt tun?

Mal ganz abgesehen, von dem Chaos, das der illustre Innovator an der Börse hinterließ, stell sich die Frage, was im Kopf des Firmengründers eigentlich vorgeht. Fakt ist, dass Tesla in den 15 Jahren seines Bestehens noch keine Gewinne gemacht hat. Böse Zungen behaupten, der US-Konzern sei mehr Geldverbrennungsmaschine als Autohersteller. Tesla ist an der Börse aktuell umgerechnet 51 Milliarden Euro wert – nur rund sechs Milliarden weniger als BMW. Die Münchener verkaufen zwei Millionen Fahrzeuge pro Jahr und fahren hohe Gewinne ein. Die Amerikaner hingegen produzierten zuletzt nur 100.000 Stück – und das mit immensen Verlusten.

Das Musk also zwingend braucht, um seine Firma am Leben zu halten, ist Kapital. Richtig viel Kapital. Dies hat er bislang bei den Aktionären eingesammelt. Und das funktioniert nur, weil an den Börsen nicht nur die Realität, sondern auch Träume und Hoffnungen gehandelt werden. Die Miteigentümer setzen darauf, dass die Kalifornier tatsächlich das Produkt der Zukunft entwickeln. Der Boss hat bisher alles dafür getan, sich und sein Unternehmen weltbekannt zu machen. Dafür haben nicht nur seine Autos, sondern auch seine extravaganten PR-Aktionen des Milliardärs gesorgt.

Musk, das PR-Genie

Mit seiner privaten Weltraumfirma SpaceX schoss Musk im Februar einen Sportwagen ins All. Seine Rakete hob vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral zu einem Testflug ab. An der Spitze hatte sie den Tesla-Roadster des Chefs, besetzt mit einer Puppe in einem Astronautenanzug. Im Juli schickte Musk ein Mini-U-Boot nach Thailand, um die bei der Rettung der Jungen aus der Tham-Luang-Höhle anzubieten. Zwar wurde es nicht eingesetzt, doch die Aufmerksamkeit war ihm gewiss.

Musk hat bisher allerdings einiges richtig gemacht. Seine Elektrofahrzeug-Idee weckt die Fantasie der Börsianer. Die Aktionäre stellen die Milliarden zur Verfügung, mit denen Tesla die Fahrzeuge entwickelt und produziert. Der Aktienkurs stieg in den vergangenen fünf Jahren um 150 Prozent. Umso erstaunlicher ist nun, dass Musk vielleicht die Reißleine ziehen und ganz und gar ohne die Börse auskommen will.

Der größte Coup, wieder mal

Diese Woche teilte Musk völlig überraschen mit, Tesla zum Preis von 420 Dollar pro Aktie von der Börse zu nehmen – aktuell notiert der Titel bei 355 Dollar. Musk twitterte seine Privatisierungsidee im Präsidentenstil mit Smiley. Eine Finanzierung ist gesichert, behauptet der Firmenboss. Woher er das Geld für den Buyout bekommt, kann derzeit jedoch keiner so genau sagen. Der Buyout würde rund 70 Milliarden Dollar kosten – Tesla wäre das größte Unternehmen, das sich jemals von der Börse zurückgezogen hätte.

Wie ernst Musk das alles meint, ist noch unklar. An den Märkten tobte das Chaos nach der Meldung. An dem Tag schoss der Aktienkurs von rund 340 auf 380 Dollar nach oben. Die Technologie-Börse Nasdaq stoppte zwischenzeitlich den Handel. Anleger, die jüngst auf fallende Kurse gesetzt hatten, gerieten tief in die roten Zahlen. Musks Tweets riefen die US-Börsenaufsicht auf den Plan. Sie will den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen prüfen. Sollte der Tesla-Chef nicht nachweisen können, dass die Finanzierung steht, könnte es eng für den Manager werden. Dann drohen nicht nur Konsequenzen der Behörde, sondern auch Anlegerklagen wegen möglicher Marktmanipulation. Tesla-Börsianer könnte das Ganze natürlich auch positiv formulieren und Musk bescheinigen, Kurspflege vom Feinsten zu betreiben.

Finanzierung unklar

Dem Vernehmen nach soll Musk mit dem Staatsfonds Saudi-Arabiens über eine Finanzierung eines Deals zum Börsenrückzug gesprochen haben. Es ist aber offenbar noch unklar, ob die Saudis irgendwelche Zusagen gemacht haben. Am Dienstag hatte die „Financial Times“ unter Berufung auf Insider berichtet, dass der Staatsfonds sich in großem Stil mit Tesla-Aktien eingedeckt habe und inzwischen mit einen Anteil zwischen drei und fünf Prozent zu den Großaktionären des Unternehmens zähle.

Musk selbst hält derzeit 20 Prozent der Firma. Kontrolliert er die Mehrheit, kann er Tesla von der Börse nehmen. Er hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihn kritische Investoren und Journalisten nerven. Beharrliche Nachfragen zur Firmenstrategie und zu seinen Geschäftszahlen kanzelt er bisweilen „als langweilig“ oder „nicht cool“ ab. Seriösen Medien geht er aus de Weg, Interviews gibt er selten.

Wette für Risikofreudige

Wer soll ihm für den mutmaßlichen Deal das Geld geben? Vor allem vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen Quartal um Quartal Milliarden verliert. Für den Buyout müssten womöglich finanzierungswillige Banken mitspielen, die Finanzinvestoren für ihren Aktienkauf Kredit geben. Allein: Spätestens seit der Finanzkrise, die vor zehn Jahren ausbrach, besteht auch unter sonst risikofreudigen Investoren Vorsicht vor großen schuldenfinanzierten Übernahmen.

Unterm Strich bleibt es alles beim Alten: Der Kursfantasie sind keine Grenzen gesetzt. Während die einen glauben, dass eine Privatisierung die Expansionspläne des Unternehmens beschleunigt, gehen die anderen davon aus, dass Tesla deutlich überbewert ist. Für risikobereite Anleger könnte die Aktie aber durchaus eine Wette wert sein.

Gian Hessami

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