Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Titanium Metals: Boeing beflügelt!

Gute Nachrichten vom US-Flugzeughersteller Boeing haben zu Wochenbeginn auch den Kurs des Herstellers von Titanprodukten beflügelt. Er kratzte an der seit Sommer auszumachenden Konsolidierung. Sollte sie nach oben aufgelöst werden, spräche dies für weiter anziehende Notierungen.

BÖRSE am Sonntag

Die Chancen dafür stehen womöglich gar nicht mal schlecht. Zum einen hatte Boeing bekräftigt, dass das schon fast drei Jahre verspätete Langstreckenflugzeug Dreamliner 787 nach weiteren Nachbesserungen nun wie zuletzt geplant noch vor dem Jahreswechsel zum Jungfernflug abheben soll. Ab dem vierten Quartal 2010 sollen die ersten Maschinen, in denen reichlich vom festen, aber leichten Titan verbaut wird, dann an die Kunden gehen. Zudem hatte Titanium Metals mit dem Flugzeugbauer, der einer der größten Kunden des Unternehmens ist, den Vertrag zur Lieferung von Titanprodukten erweitert und verlängert. Bislang hatte der Vertrag eine Laufzeit bis Ende 2010, nun reicht er bis Ende 2015. Beides zusammen schien für die Investoren Grund genug, die Aktie zu kaufen, wie die zunächst sehr positive Kursreaktion zeigte. Vielleicht gibt es nun ja wieder nachhaltig steigende Notierungen, nachdem die Aktie von ihrem Zwischenhoch im Mai 2007 bis zum Tief im März dieses Jahres um fast 90% eingebrochen war, was auch hier an der weltweiten Wirtschaftsflaute lag, die sich negativ auf die Geschäfte auswirkte.

Starkes Titan

Die 1950 gegründete Titanium Metals Corp. bezeichnet sich selbst als einer der weltweit führenden Anbieter von Produkten aus Titanmetall. Titan kommt wegen seiner Eigenschaften in vielen Anwendungen zum Einsatz. Vor allem, wenn eine hohe Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und geringes Gewicht gefragt sind, kann kein anderes Metall in Sachen Zuverlässigkeit und Langlebigkeit mithalten. Wichtige Einsatzgebiete sind daher besonders beanspruchte Konstruktionsteile in Flugzeugen und Raumschiffen (Triebwerk, Außenhaut). Daneben wird Titan genutzt, um in Stahl eine hohe Zähigkeit, Festigkeit und plastische Verformbarkeit (Duktilität) zu erreichen. Titan ist ferner gegen verdünnte Schwefelsäure, Salzsäure, chloridhaltige Lösungen und die meisten organischen Säuren beständig. Es wird daher in Schiffspropellerteilen, in Meerwasserentsalzungsanlagen sowie der Chlorchemie eingesetzt. Daneben kommt es in Federn von Kraftfahrzeugen, Dampfturbinen, Zahnimplantaten, Prothesen, der Elektronik (Hochleistungs-Akkumulatoren, Gehäusen für Handys und Notebooks), in Schmuck, Uhren und Brillengestellen zum Einsatz.

Aufwendige Produktion

Das Spektrum ist somit äußerst vielfältig. Allerdings ist Titan wegen seines komplizierten Herstellungsprozesses sehr teuer. Zwar kommt es in der Erdkruste relativ häufig vor, jedoch nur in Verbindungen mit Sauerstoff. Wichtige Mineralien sind Ilmenit (Titaneisenerz) und Rutil. Meist von diesen ausgehend, wird angereichertes Titandioxid durch Hitze mit Chlor und Kohlenstoff zu Titantetrachlorid umgesetzt, das dann mit Magnesium oder Natrium zu dem porösen sogenannten Titanschwamm reduziert wird (Titanium Sponge), der zur Herstellung von bearbeitbaren Legierungen im Vakuum-Lichtbogenofen eingeschmolzen werden muss, wobei oft andere Elementen, wie Aluminium, Vanadium, Mangan, Molybdän, Palladium, Kupfer, Zirconium und Zinn zugesetzt werden, um die Eigenschaften von Titan noch zu verbessern.

Voll integrierter Hersteller

Titanium Metals bezeichnet sich selbst als voll integrierten Titanhersteller. Er stellt aus Rutil Titanschwamm her, schmilzt diese zu Barren, Stränge, Platten ein und stellt daraus Bleche, Rohre, Flansche und Verbindungstücke her. Neben der primären Produktion von Titan aus Mineralien, nutzt die Gesellschaft Titanschrott und recycelt diesen. Fabriken gibt es in den USA und Europa (Großbritannien, Frankreich, Italien). 2008 erwirtschaftete Titanium Metals etwa 59% der Umsätze mit Abnehmern aus der zivilen Luftfahrtbranche. Etwa 16% kamen von Firmen aus der Rüstung und 15% aus der Industrie. Die größten Kunden sind der Triebwerkbauer Rolls-Royce sowie die Flugzeughersteller Boeing und Airbus. Mit den zehn größten Abnehmern erwirtschaftete der Konzern fast 50% seines Umsatzes.

Abhängigkeit vom Flugzeugbau

Die große Abhängigkeit des Unternehmens von der Flugzeugindustrie ist, neben der allgemeinen weltweiten Wirtschaftskrise, mitverantwortlich für die deutlichen Ergebnisrückgänge in den ersten neun Monaten 2009. Vor allem die Produktionsverzögerungen sowie Auslieferungsschwierigkeiten bei den Flugzeugherstellern drückten auf die Ergebnisse. Diese griffen, um Kosten zu sparen und weniger Kapital zu binden, zudem zunächst auf ihre Lagerbestände zurück. Daneben verringerten sich die Verkaufspreise für Titanprodukte deutlich. Neben der geringen Nachfrage lag dies an den langfristigen Vereinbarungen mit den Abnehmern, weil in diesen auch die Preise von Rohmaterialien, die deutlich gesunken waren, eine Rolle bei der Preisgestaltung spielen.

Rückläufige Ergebnisse

Im Zeitraum Januar bis September verringerte sich daher der Umsatz zum Vorjahreszeitraum von 886,3 auf 590,5 Mio. US-Dollar. Neben diesem Rückgang von rund 33% sank der operative Gewinn mit fast 75% auf 45,6 Mio. US-Dollar sogar noch deutlicher. Unter dem Strich blieben 30,9 Mio. US-Dollar Profit übrig, nach 132,9 Mio. US-Dollar ein Jahr zuvor. Angesichts dieser Daten dürften auch die Gesamtjahresergebnisse deutlich unter denen des Vorjahres liegen. 2008 hatte Titanium Metals bei Umsätzen von 1,15 Mrd. US-Dollar operativ 219,7 Mio. US-Dollar und nach Steuern 162,2 Mio. US-Dollar verdient. Eventuell zeigt der Trend in den nächsten Jahren aber wieder aufwärts.

Schub durch Boeing?

Firmenpräsident Bobby D. O‘Brien sprach bei Vorlage der Neunmonatsbilanz Anfang November zwar von kurzfristig unklaren Aussichten, er setzte aber darauf, dass Boeing wie geplant Fortschritte bei seinem Dreamliner macht, hier bis Ende des Jahres den Jungfernflug schafft und im vierten Quartal 2010 die ersten Maschinen ausliefert. Sollte sich diese Annahme bestätigen, könnte dies für das Segment zivile Luftfahrt von Titanium Metals der Beginn einer Phase starken Wachstums sein, betonte er. Mit den jüngsten Aussagen von Boeing und der Vertragsverlängerung, scheint diese Hoffnung ein Stück gewachsen. Daneben sind die langfristigen Aussichten für die gesamte Titanindustrie wegen des wachsenden Bedarfs an Titanprodukten vielversprechend. Denn nicht nur in Boeings neuem Hoffnungsträger, sondern auch in anderen Modellen, wie A380 und A350 von Airbus wird viel Titan benötigt.

Fazit:

Die jüngste, zunächst sehr positive von steigenden Handelsumsätzen begleitete, Kursreaktion könnte ein Indiz dafür sein, dass die Investoren auf den Faktor Boeing bei Titanium Metals setzen. Sollte es hier tatsächlich die erwünschten Effekte durch Boeing geben, könnten die Ergebnisse davon in nächsten Jahren beflügelt werden. Allerdings ist die große Abhängigkeit von der zivilen Flugzeugindustrie auch ein Risikofaktor. Sollte die Nachfrage nicht kurzfristig anspringen, wird es schwer, dies durch andere Bereiche zu kompensieren. Allerdings sind die langfristigen Perspektiven für die Flugzeugindustrie angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und des sicherlich wieder zunehmenden Luftverkehrs vielversprechend und bieten Chancen für Titanium Metals. Deshalb könnte die Aktie auch ein spekulatives Investment darstellen, wenn es ihr gelingt, die seit dem Zwischenhoch im Juni gebildete Konsolidierung nach oben aufzulösen. Theoretisch könnte es dann schnell in Richtung 14 US-Dollar gehen.