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Aktien > Varta-Aktie crasht

Varta-Kursziel: 0 Euro

(Foto: MDart10 / Shutterstock)

Der Batteriehersteller Varta steht kurz vor der Pleite. Verhindern kann diese nur noch eine radikale Sanierung, die Aktionären wohl den Totalverlust beschert.

Wenn Analysten ein Kursziel von null Euro für eine Aktie ausgeben, dann ist es in der Regel schon zu spät, um als Aktionär noch mit einem blauen Auge davon zu kommen. Dann ist der Crash da, und es geht nur noch darum, schnellstmöglich, koste es was es wolle, einen Käufer für etwas zu finden, das keiner mehr haben will – denn Millisekunde um Millisekunde wird das eigene Investment weniger wert.

Am Montag so geschehen bei der Aktie von Varta. Um 73 Prozent brach der Kurs des Batterieherstellers aus dem baden-württembergischen Ellwangen ein. Tags darauf ging es erneut um über 30 Prozent bergab. Innerhalb von zwei Handelstagen sind die Titel praktisch wertlos geworden. Warburg Research und die DZ-Bank passten ihr Kursziel auf null Euro an.

Der Grund: Varta hat ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren auf Basis des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) beantragt. Das StaRUG soll in Schieflage geratenen Unternehmen, die operativ aber noch lebensfähig sind, eine Restrukturierung ermöglichen, ohne direkt in die Insolvenz zu rutschen. Damit einhergehend lassen sich die Interessen von Gläubigern in Teilen übergehen, zudem braucht es keine Zustimmung der Aktionäre für den Sanierungsplan. Der wiederum sieht vor, Varta-Aktien kompensationslos einzuziehen und daraufhin das Grundkapital zu erhöhen und neue Anteilsscheine auszugeben. Bisherige Aktionäre können diese jedoch nicht erwerben.

Was sehr technisch klingt, bedeutet am Ende ganz einfach einen Totalverlust für Anleger. Von einer Sanierung profitierten andere, die bisherigen Aktionäre hätten Varta hingegen „tapfer mit in die Pleite begleitet“, urteilte Jürgen Molnar von RoboMarkets zynisch. Die Anderen, das sind wohl der bisherige Großaktionär Michael Tojner und Porsche, oder die Gläubiger. Dazu muss aber erst einmal die Sanierung erfolgreich verlaufen. Vieles ist noch unklar, für Porsche wäre eine Beteiligung sinnvoll, um weiter Zugriff auf die Lithium-Ionen-Batterien zu haben, die für den nächsten Porsche 911 GTS eingeplant sind. Die Mehrheit an V4Drive wollen die Stuttgarter deshalb wohl in jedem Fall gern übernehmen, inwieweit auch ein Einstieg bei Varta im Bereich des Denkbaren liegt, ist offen. „Unter bestimmten Umständen könnten wir uns vorstellen, uns auch an einer finanziellen Neuaufstellung der Varta AG insgesamt zu beteiligen“, hieß es seitens des Sportwagenbauers.

Varta-Aktie

Logisch, dass bei Varta spätestens jetzt Reißaus nimmt, wer kann. Am Dienstag kosteten Varta-Anteile nur noch 1,90 Euro. An die Börse gegangen war Varta 2017, damals mit einem Eröffnungskurs von 17,50 Euro. In der Coronapandemie stieg die Aktie im Zuge des Tech-Hypes, sowie wohl auch durch Wetten von Kleinstanlegern, zwischenzeitlich auf ein Rekordhoch von 181,30 Euro. Es gab aber auch eine fundamentale Basis für diese explosive Kursentwicklung. Varta war schon zuvor in den weltweiten Fokus von Anlegern gerückt, als bekannt wurde, dass die Batterien des Unternehmens in Apples Airpods stecken. Zudem entwickelte Varta für viel Geld große Lithium-Ionen-Batterien für die Autoindustrie und gewann dafür Porsche als Großkunde.

Schon kurze Zeit später aber waren es exakt diese beiden Geschäftsfelder, die die auch von Varta selbst heraufbeschworene Wachstumsphantasie nicht mehr aufrechterhalten konnten. Ganz im Gegenteil: Das Geschäft mit den Mini-Akkus für Kopfhörer begann unter der aufkommenden Billig-Konkurrenz aus Asien zu leiden, aus der Autoindustrie fehlte für die Fahrzeugbatterien über Porsche hinaus die Nachfrage. Die teuren Investitionen zahlten sich nicht aus, wie erhofft, die Schulden aber blieben und die steigenden Zinsen ließen diese immer schwerer wiegen. Aktuell plagen Varta Verbindlichkeiten von rund 500 Millionen Euro.

Im Jahr 2022 begann so ein Absturz auf Raten. Im August hatte Varta die Jahresziele gesenkt, im September stutzte das Management erneut die Prognose. Schon damals ließ sich erahnen, dass es sich nicht um eine kurzfristige Schwächephase handelte. Schließlich schwächelte neben steigenden Rohstoffpreisen, die Nachfrage und es verzögerten sich Aufträge. Die Aktie verlor infolge der Nachrichten in etwa die Hälfte an Wert. Schon zuvor hatten Anleger Gewinne eingestrichen und so die Übertreibungen des Pandemie-Hochs aus dem Kurs genommen.

Gründe für einen Verbleib in der Aktie gab es schon damals kaum noch. In der Folge ging es immer weiter bergab. Im Frühjahr dieses Jahres dann erfolgte der nächste Kurssturz, der den Aktienkurs abermals halbierte, nachdem Varta mitgeteilt hatte, dass die bisherigen Sanierungspläne nicht greifen würden, um wie geplant bis 2026 wieder profitabel zu wachsen. Ein Hackerangriff führt zu allem Überfluss dann noch zu einer verspäteten Abgabe des Jahresfinanzberichts, woraufhin Varta aus dem SDax flog. Im Juni dann kürzte der Batteriehersteller einmal mehr die eigenen Umsatzziele.

Dass die Aktie bis zuletzt noch um die Zehn-Euro-Marke pendelte, grenzt da fast schon an ein Wunder. Nun also der endgültige Crash. Freilich tritt Varta nun Aktionärsrecht mit Füßen. Dass es so kommt, ist aber alles andere als eine faustdicke Überraschung. Wer zu diesem Zeitpunkt noch investiert war, muss sich ein Stück weit vorwerfen lassen, die häufigen und immer wiederkehrenden Warnsignale schlicht ignoriert zu haben.

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