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Verarmen, ganz ohne Geld!

Die Ukraine vermisst 37 Milliarden Dollar, die wohl eine korrupte Clique aus dem Staatshaushalt abgezweigt hat; der türkische Premier keift YouTube–belegt seinen Sohn an, es geht um schattige zehn Millionen Dollar; und wem geht das Geld ganz aus? Richtig, Griechenland...

BÖRSE am Sonntag

Die Ukraine vermisst 37 Milliarden Dollar, die wohl eine korrupte Clique aus dem Staatshaushalt abgezweigt hat; der türkische Premier keift YouTube–belegt seinen Sohn an, es geht um schattige zehn Millionen Dollar; und wem geht das Geld ganz aus? Richtig, Griechenland; und die deutsche Eigenheit einer EEG-Umlage leitet trotz deutlichen Expertenrats – sinngemäß: „Um Himmels willen, stoppt den Unsinn endlich!“ – wohl weiter Milliarden der Steuerzahler in seltsame Kanäle, ohne etwas zu bewirken außer mehr Kohle – unglaublich, aber wahr – und optischer Umweltverschmutzung.

Also, eigentlich alles normal soweit. Wer wundert sich da, dass sich kaum einer über das Schwinden von Nicht-Geld aufregt? Dabei hatte sich die elektronisch erzeugte Währung Bitcoin als unabhängiges Zahlungssystem etablieren wollen – und viele glaubten daran. Darunter vermutlich Nachfahren all jener, die einstmals versucht hatten, mit Tulpenzwiebeln repräsentative Häuserzeilen zu erwerben oder kanadische Minenaktien fürs Alter zu sammeln.

Nun ist natürlich nicht die Internetwährung selbst plötzlich verschwunden, sondern nur einer der Anbieter von Bankleistungen in selbiger, das japanische Handelshaus Mt. Gox. Mount Gox, und das ist der Gipfel, nahm dort gebunkerte Millionenwerte mit ins Vergessen, die Anleger schauen wohl in die Röhre und müssen zurück ins Bergwerk: In einem Prozess, der übersetzt „schürfen“ heißt, werden Bitcoins durch extrem aufwendige Rechenoperationen gemächlich erzeugt, die Höchstmenge ist per definitionem begrenzt. 

Das soll den Wert stabil halten. Die übrigen Teilnehmer der weltweiten Bitcoin-Gemeinde äußerten sich bestürzt über den Ausfall von Mt. Gox, wenn auch etwas kaltschnäuzig: Bei so einem Projekt müsse man halt anfangs mit schwarzen Schafen rechnen. Die künstliche und durch niemanden garantierte „Währung“ stürzte denn auch ziemlich ab, wobei sie sich seit November etwa halbiert hat: von über 1.100 Dollar pro Coin auf inzwischen noch 580.

Man stelle sich einmal vor, die deutsche Exportindustrie müsste mit einem Euro arbeiten, der gegenüber anderen Währungen in drei Monaten die Hälfte seines Wertes verliert oder gewinnt. Bisher musste man zum Verarmen aber wenigstens noch etwas Geld haben. Dass das innovative Projekt mit der Schaffung eines Zahlungsmittels nicht viel zu tun hat, ergibt sich also schon aus dem Kursverlauf. Wie dem auch sei, offenbar hat das Bitcoin-System auch sein Äquivalent zum Bankräuber: Den Hacker nämlich.

Der soll den momentanen Gegenwert von 390 Millionen Dollar nicht geschürft, sondern bei Mt. Gox erschlichen haben. Über Jahre auch noch unbemerkt – da lobt man sich doch den Gangster mit der Skimaske: Da weiß man, was man (nicht) hat. Angeblich lässt sich jedes erzeugte Bitcoin elektronisch nachverfolgen, scheint aber noch nicht ganz zu klappen. Man kann das virtuelle Spekulationsobjekt übrigens auch ganz altmodisch verlieren: Legendär die Geschichte eines virtuell reichen Mannes, der im Zuge eines Festplattentauschs und der Entsorgung des alten Speichermediums auch seine dort gelagerten Bitcoins auf die Müllkippe brachte. Sein Verlust betrug im November fünf und heute noch zwei Millionen Dollar – der Schaden wird also immer geringer. Wenn das kein Trost ist.