Verbesserung oder Verwässerung?
Die Deutsche Bank erhöht ihre Eigenkapitalbestände um acht Milliarden Euro. Ein schillernder qatarischer Scheich steigt ein und soll gleichzeitig die Lösung für viele Probleme darstellen. Das zeugt von großen Plänen. Die Aktionäre hingegen zeigen sich skeptisch.
Die Deutsche Bank erhöht ihre Eigenkapitalbestände um acht Milliarden Euro. Ein schillernder qatarischer Scheich steigt ein und soll gleichzeitig die Lösung für viele Probleme darstellen. Die Deutsche Bank hat große Pläne. Die Aktionäre hingegen zeigen sich skeptisch.
Die Deutsche Bank will ihrem Ruf als renommierte Großbank wieder neuen Glanz verleihen. Eine milliardenschwere Kapitalerhöhung soll das Mittel zu diesem Zweck sein. Genau genommen ist es sogar die zweitgrößte der 144-jährigen Unternehmensgeschichte. Lediglich 2010 wurde mehr Geld auf einen Schlag beschafft: Damals brauchte man zehn Milliarden Euro, um unter anderem die Postbank-Übernahme zu finanzieren.
Diesmal soll das Eigenkapital um acht Milliarden Euro steigen, wobei der Scheich von Qatar eine Beteiligung von sechs Prozent erhält. „Heute starten wir ein Paket an Maßnahmen, mit denen wir den Anspruch der Deutschen Bank bekräftigen wollen, die führende kundenorientierte globale Universalbank zu sein“, sagen die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank so pathetisch, als wollten sie in eine Schlacht trojanischen Ausmaßes ziehen. Anshu Jain und Jürgen Fitschen im Gleichklang weiter: „Wir stärken unser Kapital maßgeblich, verbessern unsere Wettbewerbsposition weiter und investieren in gezielte Wachstumsinitiativen in unseren Kerngeschäftsbereichen.“
Ganz so positiv sehen Anleger und Experten diese Kapitalerhöhung nicht. Altaktionäre fürchten um den Aktienwert und ihren Einfluss im Unternehmen. Berechnungen der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX zufolge könnten die neuen Aktien mit einem Volumen von acht Milliarden Euro (6,3 Milliarden Euro beträgt der Umfang der Bezugsrechtemission) eine Kurskorrektur von rund 30 Prozent bewirken. Bei dieser starken Verwässerung würde der Aktienkurs der DBK nach heutigem Ermessen auf rund 21 Euro sacken – und damit so tief wie seit Ende der Finanzkrise 2009 nicht mehr.
Am 5. Juli will die Bank weitere Details zu diesem kapitalen Großprojekt veröffentlichen. Auf der Hauptversammlung am Donnerstag äußerten viele Anteilseigner ihren Unmut gegenüber diesem und anderen Vorhaben: „Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine riesige Lücke“, analysiert Ingo Speich, ein Fondsmanager der Union Investment. Um die Altaktionäre zu besänftigen, wird nicht viel getan. Anlegern bleibt allein die Hoffnung, dass die angestrebte Strategie glückt, sich ein Kulturwandel vollzieht und der Deutschen Bank mitsamt ihrer Shareholder erfolgreiche Jahre bevorstehen.
Ein unwohles Gefühl hat so mancher Finanzprofi auch beim Namen Amad Bin Jassim Bin Jabor Al Thani. Der qatarische Scheich wird durch diesen Deal größter Einzelaktionär und mit einem sechsprozentigen Anteil sogar vor BlackRock (5,14 Prozent) liegen. Der amerikanische Vermögensverwalter war bis dato der einzige meldepflichtige Großaktionär. Nun gibt es mit der Holding des Scheichs einen zweiten Aktieninhaber, die die gesetzliche Meldeschwelle von drei Prozent der Unternehmensanteile überschreiten.
Der 15-fache Vater gilt in der Finanzbranche zwar als zuverlässig und bedacht, jedoch lässt seine Einkaufsliste auch auf eher spielerische – oder gar verspielte – Persönlichkeitsmerkmale schließen, stehen doch unter anderem der französische Fußballmeister Paris Saint-Germain und das Londoner Kaufhaus Harrods darauf. Auch Deutschland ist für die schillernde Figur bei weitem kein Neuland. Sein Emirat ist mit 17 Prozent am Volkswagen-Konzern beteiligt.
Juristische Altlasten als Klotz am Bein
Die Deutsche Bank musste sich in der Vergangenheit auch wiederholt mit Rechtsstreitigkeiten auseinandersetzen. Im Moment ist die Aktiengesellschaft in rund 1.000 Fälle verwickelt. Milliardengelder fließen in die Rücklagen der Bank, denn es ist nicht eben billig, juristisch gut aufgestellt zu sein. Unter Anderem geht es um vermeintliche Täuschungen bei Devisenkursen oder um ominöse Hypothekengeschäfte in den USA. Doch mit den dunklen Kapiteln der Deutschen Bank der letzten Jahre möchten Fitschen und Jain nun aufräumen. Es ist die Rede von einem Kulturwandel. „Vollständige Integrität beim Handel und die Wahrung der Interessen der Kunden“: Das ist für Jürgen Fitschen die Losung der Zukunft. Diese und ähnliche Worte, aber auch sehr konkrete Zahlen, findet man in der „Strategie 2015+“ der Deutschen Bank wieder. 2012 wurde diese geschrieben und nun - zur Halbzeit dieses Konzepts - verändert die Universalbank ein paar Details.
Das Geschäft mit Privatkunden und die Zahlungsabwicklung funktioniert noch nicht so gut wie erwartet, sodass die Ziele für das Jahr 2015 insgesamt erheblich nach unten korrigiert werden mussten. „Einige der Herausforderungen waren größer, als wir erwartet hatten“, räumte CEO Jain ein. Insgesamt sei die Universalbank aber auf Kurs, so die Vorstandsvorsitzenden auf der Hauptversammlung. In Frankfurt ging es natürlich auch um die Dividende. Die beträgt nach wie vor mittelprächtige 75 Cent. Das entspricht bei aktuellem Kurs einer Rendite von rund 2,5 Prozent. Diese Ausschüttung hat sich in den letzten vier Jahren nicht verändert. Zum Ärger der Aktionäre.
Eine Geldanlage in Aktien der Deutschen Bank ist dieser Tage nicht direkt empfehlenswert. Analystenmeinungen, das Papier sei hochriskant, sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Nichtsdestotrotz gibt es Analysten, die Risikobereiten zum Kauf raten. Die Investmentbank HSBC hat als Kursziel 41 Euro angegeben. Aktuell steht das Papier bei rund 30 Euro. Analyst Robert Murphy denkt langfristig und stellt fest, dass die Anhebung um acht Milliarden Euro die Sorgen über die Kapitalisierung des Instituts zerstreuen und dessen Wachstumsstrategie stützen sollte. Die Aktie sei aktuell klar unterhalb des europäischen Sektordurchschnitts notiert. In der Tat verfolgt die Bank mit Hauptsitz in Frankfurt ambitionierte Ziele. Um bei den wichtigsten und größten Banken der Welt mitzuspielen, benötigt Deutschlands größte Bank schlicht eine höhere Eigenkapitalquote. Diese wird durch die frischen acht Milliarden Euro von 9,5 auf 11,8 Prozent steigen.
Ein weiteres großes Thema der Hauptversammlung waren die Boni der Investmentbanker. Der Zeitpunkt zur Abstimmung über höhere Bonuszahlungen ist wohl denkbar ungünstig gewählt und wie erwartet schlecht bei den Shareholdern angekommen. Kritische Zungen behaupten, die hohen Bonuszahlungen an Mitarbeiter der Investmentsparte seien nicht mit dem proklamierten Kulturwandel zu vereinbaren. Sie seien sogar sehr kontraproduktiv, da sie die Gewinne des Konzerns enorm stutzten. „Dafür haben wir kein Verständnis“, beschwert sich Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Insgesamt war diese Hauptversammlung von einer angespannten Atmosphäre begleitet.
Es gibt noch viel zu tun für Jain, Fitschen und die gesamte Deutschen Bank, um die „Strategie 2015+“ zumindest bis 2016 ansatzweise zu erfüllen und somit auch ihre Anleger zu beglücken. Das frische Geld vom Scheich wäre dazu zumindest ein nützliches Instrument.