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Vodafone - Es klingelt in der Kasse

Ein spektakulärer Deal bringt dem Mobilfunkkonzern Geld – aber er verliert auch Marktpositionen. Ist die Aktie ein Kauf oder nicht?

BÖRSE am Sonntag

Seit fünf Jahren drängt Verizon auf diesen einen Deal: Das amerikanische Telekommunikations-Unternehmen kauft den Briten ihren 45 Prozent großen Anteil an Verizon Wireless ab. Dabei sollen umgerechnet 100 Milliarden Euro über den Tisch gehen: Fast die Hälfte davon in bar - ein Höchstwert, den es bei einer Übernahme bisher nie gegeben hat.

Ebenso einzigartig ist die sogenannte Break-up Fee von rund 10 Milliarden US-Dollar. Eine Gebühr, die Vodafone in bar erhält, wenn das Geschäft wider Erwarten doch nicht zustande kommt. Dies könnte etwa passieren, wenn es Verizon nicht gelingt, ausreichend Fremdkapital aufzutreiben.

Doch der Zeitpunkt des Geschäftes kommt nicht unerwartet und auch keineswegs ungünstig aus Sicht von Vodafone. Im Gegenteil. Seit Jahren streiten sich Vodafone und Verizon; so wollten die Briten beispielsweise stets mehr Mitsprache und Zugriff auf Verizons Budget. Seit 1999 ist Vodafone mit 45 Prozent am größten Mobilfunkanbieter der USA beteiligt. Das Abstoßen dieser Beteiligung an Verizon Wireless bringt dem weltweit zweitgrößten Mobilfunkanbieter Vodafone das Geld, das bisher fehlte, um Investitionen auf dem europäischen Hauptmarkt zu tätigen.

Das Unternehmen hat angekündigt, die Aktionäre durch Dividenden an diesem Deal zu beteiligen: 84 Milliarden US-Dollar sollen ausgeschüttet werden. Neben dieser Sonderdividende gab es bereits in den vergangenen Perioden schon Dividendenrenditen von fünfeinhalb Prozent.

War der Deal gut?

Nun streiten Analysten, wie gut der Deal langfristig für Vodafone wirklich sein wird. Denn die Freude über die schnellen Milliarden ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite verliert Vodafone eine gute strategische Position im gewaltigen US-Markt. „Der Konzern wird auf Europa zurückgeworfen“, sagt ein skpetischer Händler in Frankfurt. Und ob die neue Liquidität gut investiert werde, stehe noch infrage. Ein Teil des aus dem Verizon-Deal geschöpften Geldes müsse in die Rückführung von Schulden gehen.

Die Märkte in Europa, denn sich Vodafone nun wieder stärker zuwenden will, sind hart umkämpft, kleinteilig und regulatorisch anfällig. Hierzulande planen die Briten gerade, Kabel Deutschland für rund elf Milliarden Euro zu schlucken. Außerdem stieg Vodafone schon vor eineinhalb Jahren in das Kabel- und Festnetzgeschäft ein, um den Preiskampf im Mobilfunkgeschäft besser zu kompensieren. Besonders wichtig für den Konzern mit Sitz in Newbury und London ist auch der Netzausbau für noch schnelleres Internet in Europa, um im dem harten Wettbewerb bestehen zu können. Auf der Funkausstellung IFA in Berlin ließ der Geschäftsführer von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, verlauten: „Diese Mittel wird die Gruppe zu guten Teilen auch den Vodafone-Gesellschaften in der EU und Vodafone Deutschland zur Verfügung stellen.“ Klingt gut für aktionswillige Manager – aber auch für Aktionäre? Auch die Deutsche Telekom hat Anfang der Woche schließlich Investition von über elf Milliarden Euro in ihre Netze in Deutschland bis 2015 angekündigt.

Am Kundenservice gibt es – anders als bei manchem Konkurrenten – jedenfalls nicht so viel zu verbessern. Das sagt zumindest eine aktuelle Studie vom Fachmagazin „connect“. Demnach bietet Vodafone im deutschen Mobilfunkbereich den besten Kundenservice unter den vier großen Netzbetreibern Vodafone, O2, Telekom und Base. Bereits zum achten Mal in Folge rangieren die Rot-Weißen in diesem Test an erster Stelle.

Weltweit hat Vodafone über 400 Millionen Kunden - nur China Mobile hat mehr. Doch aus dem US-Markt ziehen sich die Briten nun komplett zurück. Nichtsdestotrotz ist das Unternehmen mit CEO Vittorio Colao an der Spitze  auch in Zukunft ein global player. Ein Platz unter den Top 20 der wertvollsten Marken der Welt ist dem Konzern auch sicher. Die Marktkapitalisierung liegt bei rund 130 Milliarden Euro. Das Unternehmen mit weltweit über 90.000 Mitarbeitern ist dem großen Konkurrenten Deutsche Telekom einen Schritt voraus. Zumindest in Sachen „Übersee“. Denn auch das magentafarbene T versucht bisher vergeblich aus dem heiklen Amerikamarkt auszusteigen.

Wie reagiert die Aktie?

Vergangene Woche - als die Nachricht des Deals lanciert wurde - sprang der Kurs von 2,20 Euro am Mittwoch, 28. August, auf über 2,50 Euro am 30. August. Nach dem Labour Day am Montag - der US-Markt blieb geschlossen - ging es wegen Gewinnmitnahmen dann rasant abwärts mit dem Papier, ehe zum Wochenschluß wieder bessere Kurse gesehen wurden. Für Spekulanten wie die Aktie in dieser Woche ein wahrer Leckerbissen.

Diese Entwicklung erinnert Experten an einen Deal im Jahr 2000. Auf dem Höhepunkt des New-Economy-Booms übernahm Vodafone für 200 Milliarden US-Dollar - teuerste Übernahme der Wirtschaftsgeschichte - den deutschen Mobilfunker Mannesmann. Durch diese Übernahme katapultierte sich der Aktienkurs zwar zunächst auf einen Höchststand von 399 Pence, brauchte danach aber rund zwei Jahre, bis eine Kehrtwende geschafft werden konnte.

Aktuell steht das Papier bei 210,55 Pence. Die überwiegende Mehrheit der Analysten raten zum Kauf oder Halten des Papiers. Die Deutsche Bank hat am Donnerstag das Kursziel von 217 auf 246 Pence angehoben. Analyst David Wright begründet die gute Entwicklung der Telekommunikations-Aktien mit einer sich abzeichnenden Konjunkturaufhellung. In der Branche böten sich besonders Vodafone und die Deutsche Telekom wegen ihres guten Wachstums als Profiteure an. Im Speziellen würde, so der Analyst weiter, der Vodafone-Kurs auch durch den Verizon-Deal und weitere Fusionen beziehungsweise Übernahmen angetrieben.

Das Telekommunikationsunternehmen setzte im abgelaufenen Geschäftsjahr 44,4 Milliarden Pfund um. Dies ist etwas weniger als im Vorjahr und wird von Unternehmensseite durch den wirtschaftlichen und regulatorischen Druck in Europa begründet. Auf der Basis des Wachstumspotentials kann man die Aktie als unterbewertet einschätzen. Das Wertpapier ist aktuell günstig zu haben. Für die Anleger lohnt sich auch stets ein Blick auf das KGV. Dieses lag zuletzt bei 13,69.

Fazit: Bei Vodafone klingelt es in der Kasse. Nach einem historischen Mega-Deal steht für den Firmen-Chef Colao genug Geld zur Verfügung, um in Europa zu investieren. Neben eifrigem Netzausbau werden in der britischen Kleinstadt Newbury die Aktionäre nicht vergessen. Denn diese dürfen sich über eine saftige Sonderdividende freuen. Das von Analysten prophezeite Kursziel lässt weitere Kursanstiegen vermuten. Doch die große Rückkehr nach Europa birgt auch Risiken. Für den Moment aber gilt: Vodafone geht in die Offensive - und das mit einem großen Bündel Bargeld. WCW