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Wacker Neuson: Schlaglochfantasie?

Die Aktie des Herstellers von Baugeräten und Baumaschinen legte in der vergangenen Woche kräftig zu. Sie knüpfte damit an den dynamischen Aufwärtsimpuls seit Anfang April an. Neue fundamentale Nachrichten gab es jedoch nicht. Was also treibt den Kurs derzeit an?

BÖRSE am Sonntag

Die Aktie des Herstellers von Baugeräten und Baumaschinen legte in der vergangenen Woche kräftig zu. Sie knüpfte damit an den dynamischen Aufwärtsimpuls seit Anfang April an. Neue fundamentale Nachrichten gab es jedoch nicht. Was also treibt den Kurs derzeit an?

Vielleicht sorgen ja angesichts des strengen und langen Winters 2009/2010 die unzähligen Schlaglöcher auf den hiesigen Straßen für Fantasie. Der Reparaturaufwand ist immens, weshalb auch Verkehrsminister Ramsauer zuletzt eine Soforthilfe zur Beseitigung von Schlaglöchern im Umfang von 100 Mio. Euro für Autobahnen und Bundesstraßen in Aussicht stellte. Dies ist jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen „Asphalt“. Schätzungen zufolge dürfte der Kostenaufwand in Deutschland bei mehreren Milliarden Euro liegen. Angesichts notorisch klammer Haushaltskassen sind daher bei dem ohnehin teilweise recht maroden Straßennetz kostengünstige und dauerhafte Lösungen willkommen.

Richtig repariert spart Geld

Wacker Neuson könnte in diesem Zusammenhang ein gefragter Ansprechpartner sein. Nach Angaben der Gesellschaft sollte die Reparatur der Straßenschäden professionell und mit dem richtigen Gerät ausgeführt werden. Wenn Schlaglöcher richtig ausgebessert und dabei Boden und Asphalt sorgfältig verdichtet werden, hält die Reparatur trotz steigender Verkehrsbelastung zuverlässig, was im Vergleich zu notdürftigen Ausbesserungen mittelfristig Geld spart, so der Konzern. Er unterstützt die Kommunen sowie die ausführenden Firmen mit Beratung, Serviceleistungen und den passenden Geräten, wie Fugenschneidern, Aufbruchhämmern, Stampfern und Vibrationsplatten. Den Angaben zufolge rechnet sich dabei auch die Anschaffung dieser Helfer schnell. Sie können aber auch gemietet werden. Für größere Straßenarbeiten bietet Wacker Neuson ferner ein umfangreiches Sortiment kompakter Baumaschinen an, unter anderem Radlader, Dumper und Bagger.

Spekulationen auf Turnaround

Allein mit Schlaglochfantasie dürfte das Aufbäumen in den vergangenen Wochen aber nicht zu erklären sein. Die Investoren dürften vielmehr auf einen schnellen Turnaround spekulieren, nachdem das Unternehmen 2009 zum ersten Mal in der Firmengeschichte einen Verlust ausweisen musste. Bei Vorlage der Bilanz Ende März zeigte sich Wacker Neuson aber verhalten optimistisch für das laufende Geschäftsjahr und möchte operativ wieder schwarze Zahlen schreiben. Zudem war von einer Nachfragestabilisierung zum Jahresende 2009 die Rede, die sich in den ersten beiden Monaten 2010 fortsetzte. Die Zuversicht wurde jüngst auf dem Capital Market Day der Gesellschaft bekräftigt.

Neue Produkte präsentiert

Für Hoffnung auf eine weitere Geschäftsbelebung könnte ferner die bauma in der vergangenen Woche sorgen. Auf der größten Messe der Baubranche präsentierte die Gesellschaft eine Reihe neuer Produkte. Für Firmenlenker Dr.-Ing. Georg Sick einmal mehr ein Beweis für die eigene Leistungsstärke und Innovationskraft. Auf der Messe konnten sich die Kunden durch praktische Vorführungen zeigen lassen, wie sie ihre Prozesse durch den kombinierten Einsatz von Baugeräten und kompakten Baumaschinen aus dem Hause Wacker Neuson effizienter gestalten können. Der Vorstand sagte dazu, dass der Konzern mit seiner einzigartig breiten Produktpalette für die Zukunft international gut aufgestellt ist und weiterhin an Geräten und Maschinen arbeitet, die denen der weltweiten Konkurrenz überlegen sein werden. Erklärtes Ziel ist es, weiterhin internationale Standards zu setzen, wie mit dem Vibrationsstampfer, der 2010 sein 80-jähriges Jubiläum feiert.

Einzigartiges Sortiment

Der heutige Konzern, dessen Ursprünge bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen, entstand 2007 durch die Fusion von Wacker Construction Equipment AG und Neuson Kramer Baumaschinen AG. Als weltweiter Anbieter von Baugeräten („Light Equipment“) und Kompaktbaumaschinen („Compact Equipment“) verfügt er eigenen Angaben zufolge über ein einzigartiges Sortiment, mit mehr als 300 Produktgruppen. Das Leistungsangebot zielt auf professionelle Arbeitsprozesse im Bauhauptgewerbe, im Garten- und Landschaftsbau, in Kommunen, in Recycling und Industrie sowie in der Landwirtschaft. Im Segment „Light Equipment“ bietet er Geräte und Maschinen mit einem Höchstgewicht von zirka drei Tonnen, die überwiegend handgeführt, zum Teil aber auch ferngesteuert oder als Aufsitzversion konstruiert sind. Typische Vertreter sind Vibrationsstampfer, Walzen, Bohrhämmer und Fugenschneider. Größer geht es im Bereich Kompaktmaschinen zu, in dem selbstfahrende Bagger, Radlader, Teleskoplader, Kompaktlader sowie Dumper zum Angebot zählen. Neben dem Verkauf der Geräte und Maschinen bietet Wacker Neuson ein umfangreiches Serviceangebot, das vor allem den Ersatzteilverkauf sowie Reparaturen und Wartungen umfasst.

Abschreibungen belasten

Trotz guter Produkte hinterließ die weltweite Wirtschaftskrise in den vergangenen beiden Jahren deutliche Spuren. 2009 brach der Umsatz zum Vorjahr um 31% auf 597 Mio. Euro ein. Das bereits 2008 von 117 auf 100,9 Mio. Euro gesunkene Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) rutschte weiter auf 27,2 Mio. Euro ab. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) fiel sogar ein dicker Verlust von 113,1 Mio. Euro an, nachdem es ein Jahr zuvor noch 58 Mio. Euro Gewinn waren. Unter dem Strich waren es 110 Mio. Euro Miese, nach 38,1 Mio. Euro Profit. Für die Verluste sind in erster Linie nicht zahlungswirksame Abschreibungen von insgesamt 100,3 Mio. Euro verantwortlich, insbesondere auf den Firmenwert von Neuson Kramer, mit dem man 2007 fusionierte. Hinzu gesellten sich Restrukturierungskosten. Um Sondereffekte bereinigt war der Verlust 2009 mit 2,9 Mio. Euro deutlich geringer.

Fazit

Die weltweite Wirtschaftskrise hinterließ auch bei Wacker Neuson Spuren. Die Tendenz zeigte zuletzt aber wieder aufwärts. Der Auftragseingang drehte in den vergangenen Monaten nach oben und der Vorstand erwartet vor allem für das zweite Halbjahr des laufenden Jahres eine Geschäftsbelebung. Erklärtes Ziel für 2010 ist ein Umsatzplus von mindestens 5%. Sollte es zudem keine derartig großen Firmenwertabschreibungen wie 2009 geben, dürfte sich die Ertragslage merklich freundlicher gestalten. Angesichts der zuletzt sehr positiven Kursentwicklung, scheinen auch die Investoren auf einen schnellen Turnaround zu setzen. Vielleicht spielte dabei jüngst die Annahme guter Geschäfte im Zusammenhang mit der Beseitigung von Schlaglöchern eine Rolle, in erster Linie dürften aber wohl Spekulationen auf eine erfolgreiche Messe für die beschleunigte Aufwärtsdynamik der Aktie gesorgt haben, die damit ihre mehrmonatige Konsolidierung nach oben verlassen hat. Dies könnte für weitere Zuwächse sprechen, sodass spekulative Käufe erwägenswert sind.