Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Zalando-Aktie: Am Tiefpunkt

Der Online-Modehändler verliert im dritten Quartal Umsatz und zum ersten Mal seit Firmengründung auch Kunden. Der Aktienkurs fällt – und notiert inzwischen tiefer als einst zum Börsengang.

(Foto: Zalando)

Der Online-Modehändler verliert im dritten Quartal Umsatz und zum ersten Mal seit Firmengründung auch Kunden. Der Aktienkurs fällt – und notiert inzwischen tiefer als einst zum Börsengang.

Das wirtschaftliche Umfeld trifft die Modebranche hart. Das spürt nach zahlreichen Insolvenzen im stationären Handel nun auch der Online-Konzern Zalando. Die hohe Inflation drückt auf die Kauflaune der Konsumenten, nach einem Shopping-Boom während der Coronapandemie halten die Menschen ihr Erspartes beisammen, die Nachfrage stockt. Im dritten Quartal sanken die Umsätze im Vorjahresvergleich um 3,2 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro, das Bruttowarenvolumen ging um 2,4 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro zurück. Erstmals seit der Gründung im Jahr 2008 zählte Zalando mit 50,1 Millionen zudem weniger Kunden als im Vorjahresquartal. Dem einstigen deutschen Vorzeige-Startup, das es schlussendlich bis in den Dax schaffte, hilft da ein fast verdoppeltes Ebit von 13,5 auf 23,2 Millionen Euro wenig. Auch der deutlich reduzierte Nettoverlust von 35,4 auf 8,2 Millionen Euro, hielt Anleger nicht davon ab, die Aktie aus ihren Depots zu werfen. 22 Euro kosteten die Zalando-Papiere zum Ende der Börsenwoche, 75 Prozent weniger als noch vor drei Jahren und weniger als einst zum IPO. Der erste festgestellte Kurs lag da bei 24,10 Euro. Die Marktkapitalisierung liegt nun nur noch bei 5,5 Milliarden Euro. Die Dax-Mitgliedschaft ist in akuter Gefahr.

Ein Konzern auf Wachstumskurs sieht anders aus. Gerade daran misst sich aber die Beliebtheit der Aktie. Einen sicheren Hafen oder üppige Dividenden sucht und findet man in den Zalando-Titeln schließlich nicht. „Wir glauben, dass eine bessere Umsatzdynamik ausschlaggebend dafür ist, dass das Interesse der Anleger an der Aktie zurückkehrt, wobei eine bessere Ebit-Marge weitgehend als Trostpreis angesehen wird“, schreiben die Analysten der Deutschen Bank. Hinzu kommt: Der höhere operative Gewinn kommt fast ausschließlich durch Kostensenkungen zustande. Das klingt alles eher nach einem Konzern auf Schrumpfungskurs.

Schließlich sind auch die Aussichten bescheiden. Im Zuge der schwachen Quartalszahlen stutzte das Zalando-Management um die CEOs David Schneider und Robert Gentz auch die Jahresprognose zusammen. Bestenfalls soll nun nur noch ein Umsatz auf Vorjahresniveau, sprich rund 10,3 Milliarden Euro, erreicht werden. Das pessimistische Szenario sieht sogar einen Rückgang von drei Prozent auf zehn Milliarden Euro vor. Auch das Bruttowarenvolumen könnte im schlechtesten Fall um zwei Prozent sinken, statt, wie ursprünglich vorhergesagt, um sieben Prozent zu steigen. Die Ebit-Prognose hielt Zalando mit 200 bis 350 Millionen Euro stabil.

Doch für das Gesamtjahr gilt, was für das Quartal gilt. Anleger wollen Wachstum sehen, keine stabilen Gewinne auf niedrigem Niveau. Hinzu kommt: Zalando verschiebt Investitionen. Das spart Geld, deutet aber daraufhin, dass im Unternehmen keiner mit einem baldigen Wachstumsschub rechnet. Auch die Werbeausgaben hat Zalando deutlich zurückgefahren. Nachvollziehbar in einem unübersichtlichen Marktumfeld, gut für das Ergebnis obendrein, aber „das trägt nicht zu einem Umsatzwachstum im kommenden Jahr bei“, wie Adam Chochrane von der Deutschen Bank feststellt. Die fehlende Planbarkeit der Nachfrage und die mangelnde Umsatzdynamik bereite ihr Sorgen, schrieb auch Barclays-Analystin Emily Johnson. Beinahe schon trotzig wirkt da die Kampfansage von Zalando-Finanzchefin Dembeck: „Wir werden wieder wachsen“, so die Managerin in der Telefonkonferenz zum dritten Quartal.

Die Herausforderung: Es ist längst nicht nur das schwache Markumfeld, das Zalando zusetzt. Es ist auch die zunehmende Konkurrenz, die längst nicht mehr nur etablierten, stationären Händlern, sondern nun auch Online-Kaufhäusern wie Zalando, zu schaffen macht. Da ist einmal die innerdeutsche mit der Otto-Tochter About You, die eine sehr ähnliche Zielgruppe wie Zalando anspricht und im laufenden Geschäftsjahr mit Wachstum rechnet. Vor allem aber sind da die beiden chinesischen Online-Händler Shein und Temu, die Mode billigst auf den Markt werfen, gerade bei jungen Käufern immer beliebter werden und entsprechend rasant wachsen. Allein Shein setzte im vergangenen Jahr 20 Milliarden Euro um und damit doppelt so viel wie Zalando. Dabei arbeiten sich die chinesischen Händler in Deutschland und Europa gerade erst aus der Nische.

Für Zalando ist das brandgefährlich. Möglicherweise brauchen die Berliner bald eine neue Nische, wenn den Markt für günstige und versandschnelle Online-Mode andere Wettbewerber besetzen. Überhaupt stellt sich die Frage, wie Zalando in Zukunft mithalten will mit Konzernen aus China, die ganz andere finanzielle Mittel mitbringen. Gerade jetzt in Zeiten hoher Zinsen, in denen die Finanzierung von Wachstum teuer geworden ist. 

Zugutehalten muss man Zalando, dass der Umsatz in den Coronajahren 2020 und 2021 von 6,5 Milliarden auf zehn Milliarden Euro stark angestiegen war. Damit wurde Wachstum womöglich auch vorweggenommen, schließlich halten sich die Umsätze nun ja bei über zehn Milliarden Euro. Dennoch: Für die Aktie sind zwei Jahre in Folge mit sinkenden Umsätzen Gift. Dass nun zusätzlich die Anzahl der Kunden beginnt zu sinken, ist ein Alarmsignal. Für einen Kauf der Aktie scheint gerade nur zu sprechen, dass Kurs und Wachstumsaussichten am Tiefpunkt sind.

OG

Lesen Sie auch: Wird Nvidia zum wertvollsten Unternehmen der Welt?