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Am Geld soll’s scheitern

Die amerikanische Notenbank macht Wahlkampf wie Draghis EZB deutsche Verfassungsgerichte zu beschmusen versucht. Die Geldpolitiker der westlichen Welt berauschen sich an der schieren Flut der Moneten ohne Gedanken an das Morgen. Dass Rufe nach einer sachwertgedeckten Währung inzwischen aus dem Reich der Fantasie und des Vergessens zurückkehren, sollte ein echtes Alarmzeichen sein.

BÖRSE am Sonntag

Die amerikanische Notenbank macht Wahlkampf wie Draghis EZB deutsche Verfassungsgerichte zu beschmusen versucht. Die Geldpolitiker der westlichen Welt berauschen sich an der schieren Flut der Moneten ohne Gedanken an das Morgen. Dass Rufe nach einer sachwertgedeckten Währung inzwischen aus dem Reich der Fantasie und des Vergessens zurückkehren, sollte ein echtes Alarmzeichen sein.

Das ist längst nicht mehr eine Idee, die in den verstaubten Studierzimmern einiger weniger schrulliger Ökonomen wabert, die 1971 nicht verwinden können. Jetzt also nach Mario auch (wieder) Ben – mit einem schönen Dauerauftrag von 40 Mrd. Dollar monatlich. Ob die Amerikaner damit ihre Hypothekenzinsen senken, ist zwar nicht so im Zentrum des Zweifels – aber ob sie das eingesparte Geld zu McDonald’s oder General Motors tragen, das schon. Die letzten Erleichterungen der amerikanischen Notenbank Fed haben die US-Bürger unglaublich untypisch verwendet, nämlich zum Schuldenabbau. Das passt eigentlich gar nicht zur dortigen Volksseele, sollte aber mittlerweile eingepreist werden, wenn man an der Erleichterungsrally der Aktienmärkte teilnehmen möchte. Und die Arbeitslosigkeit als Gradmesser für die Wirksamkeit? Das ist Bernankes Botschaft, sicher, aber es ist wohl eher eine Hoffnungsaussage, die den Wahlkampf beflügelt, zugunsten Obamas. Unter den vielen, vielen Dingen, die Republikaner-Kandidat Mitt Romney nicht hätte tun sollen, nimmt die Schmähung der Fed und die angekündigte schnellstmögliche Ablösung ihres Chefs Ben Bernanke einen hervorstechenden Platz ein. Dass Bernanke massiv intervenieren kann, sollte Romney nämlich nicht fremd sein, schließlich hatte der amerikanische republikanische Präsident Bush auch schon heftig zu diesem Mittel greifen lassen.

Also, die Arbeitslosigkeit. In den USA fällt man noch erheblich schneller aus der Statistik als in Europa, beziehungsweise wird dort gar nicht erst geführt. Eine Arbeitslosigkeit von 9%, so schätzen es die Experten, entspricht etwa einem Bestand an Leuten, die arbeiten wollen und nicht können, von 20%. Das ist natürlich bekannt und Bernanke spekuliert darauf, dass eine ansteigende Flut schließlich alle Boote hebt. Wenn der nicht gut ausgebildete Amerikaner zwei bis drei Jobs zum Leben braucht und sie künftig auch hat, dann würde vielleicht für die vollständig benachteiligten Gruppen immerhin eine einfache Aushilfsbeschäftigung abfallen, so das Kalkül. Dafür drohen heftige Nebenwirkungen: Bei einem angekündigten Zinssatz von null bis 2015, einer Flutung mit einer knappen halben Billion Dollar jährlich, ist Geldentwertung ja programmiert und es bleibt nichts der Fantasie überlassen. Die Lieferanten der Rohstoffe, die in Dollar abgerechnet werden, vor allem Erdöl, können vermutlich ihre Preise für 2015 schon mal kalkulieren. Der Staat und seine Repräsentanten in Washington wissen ebenfalls, dass ihre Staatsanleihen in der Bilanz der Fed bereits 1,6 Bio. Dollar ausmachen, und der Befehl zum Steigen ist ja gerade erst ergangen. Auf unserer Seite des Atlantiks kann man mitspekulieren. Wer will, sollte noch schnell eine USA-Reise buchen, das ist günstig. Aber wer zurückkommt, sollte nicht auch noch volltanken wollen.