Banken in der Pflicht
Die Kreditwirtschaft ist eine der nutzbringenden Errungenschaften des Jahrtausends. Sie ist aber Fluch und Segen zugleich. Und es ist natürlich gern gesehen, wenn man auf das Gewerbe eindrischt – schließlich liebt niemand denjenigen, dem man etwas schuldet.
Was Bundespräsident Wulff in der vergangenen Woche geäußert hat, war da eigentlich noch maßvoll. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger sieht er im Bankengewerbe keine „Monster“ am Werke und vermeidet auch sonst plakative Schmähungen. Dennoch – auf dem Bankentag fehlte es nicht an Kritik und ironischerweise kam sie ausgerechnet vom Chef persönlich, vom Vorsitzenden des Bankenverbandes Andreas Schmitz höchstselbst: Teile des Gewerbes hätten den gesellschaftlichen Konsens verlassen, sie müssten „resozialisiert“ werden. Das ist starker Tobak. Wenn der Vorsitzende des Bundesverbandes deutscher Banken seine Mitgliedsunternehmen quasi als Außenseiter der Gesellschaft charakterisiert, dann ist wohl offenbar Feuer unter dem Dach. Es zeigt mithin, dass die anhaltende Kritik am Geldgewerbe nicht spurlos an den Unternehmen vorbeigeht. Und es sollte den Akteuren auch zu denken geben: Wie der einzelne Kunde behandelt wird, welche Produkte im Finanzsektor erfunden und verkauft werden, das hat mit Sicherheit Einfluss auf den guten Ruf. Gerade die jüngst laufenden Prozesse um extrem komplizierte Finanzprodukte zeigen ja, dass nicht einmal berufene Fachleute noch ganz durchblicken: Stadtkämmerer etwa, die sich mithilfe toller Konstruktionen aus der Misere herausschaffen wollten und mit ihren Zins-Swap- Papieren nur noch tiefer hineinritten. Wer aber ist am Ende schuld? Man ist geneigt, den Finanzmathematikern in den Geldinstituten den Schwarzen Peter zu überreichen. Das aber wäre zu kurz gegriffen. Die Wirtschaft braucht die Kreditwirtschaft, Punktum. Die Kreditwirtschaft allerdings braucht auch die Wirtschaft – sei es die Exportindustrie, seien es die mittelständischen Unternehmen, die ja immer wieder gern als Rückgrat des Landes bezeichnet werden. Mithin täte den Banken ein wenig Bescheidenheit gut, den Unternehmen etwas Zurückhaltung bei ihren Expansionsplänen, und schon wäre die Welt in Ordnung. Krise hin, Finanzkrise her – wir werden diese beste aller Welten nicht so bald erleben.